Der Geschwisterkrieg

Gründe und Ausgang des preußisch – österreichischen Bruderkriegs 1866

von Reiner Tannhäuser, Verden


Teil 6 / Fortsetzung


Die Zeitung vom 28.07.1866 bringt einen Bericht aus Glauchau in Sachsen, dieser Bericht hört sich wie eine Erzählung an ist jedoch voller Tragik, und gibt ein Zeugnis von dem Verhalten der Menschen zur damaligen Zeit ab:

"Glauchau in Sachsen, 24. Juli 1866. Dem hiesigen Tageblatt ist der nachstehende Brief zur Veröffentlichung überlassen worden, dem wir als einem mehr als einer Seite hin ehrendes Zeugnis gern eine weitere Verbreitung geben:

Wertes Fräulein!

Als wir Dienstag, dem 03. Juli, die blutige Schlacht schlugen und die Sachsen zurücktrieben, lag ein Sachse auf dem Hofe eines Schlosses zum Sterben, die Kugel war ihm durch den Kopf gegangen. Da winkte er mich an sich heran und zeigte auf dem Brotbeutel. Ich faßte hinein und fand eine Brieftasche, worin ich den beiliegenden Zettel fand, und habe jetzt den Wunsch erfüllt, Ihnen seinen Tod zu melden. Er starb als tapferer Soldat für seinen König. Der Soldat welcher Hermann Haase heißt, hatte noch eine Uhr und einen Gulden Papiergeld bei sich. Obgleich ich es als rechtliche Kriegsbeute betrachten kann, so will ich es nicht behalten, kann es ihnen aber auch nicht zuschicken, weil auf der Feldpost keine Pakete angenommen werden. Ich bin selbst verwundet und werde höchstwahrscheinlich nach Sachsen ins Lazarett transportiert werden und wenn mich das Geschick nach Glauchau hinführt, so werde ich mich nach Ihnen erkundigen und sämtliches einhändigen. Wenn nicht, so erhalten sie es nach dem Krieg, wenn ich mit dem Leben davon komme, aus meiner Heimat, welche Braunsberg in Ostpreußen ist.

Achtungsvoll
J. Korsch, Füsillier

Auf der Rückseite des Couverts stand die Bemerkung: Absender Preußischer Füsilier Korsch im Auftrag eines gefallenen Sachsen.

Der oben erwähnte, in der Brieftasche enthaltene Zettel lautet:

Wer dieses Buch findet, wenn ich nicht mehr unter den Lebenden bin, der tue mir den Gefallen und schreibe nach Glauchau in Sachsen an Anna Salzbrenner bei Meister Uhlig, Bahnhofstr. In Glauchau."


Pastor Trogisch aus Michelsdorf bei der kämpfenden Truppe

Am 29.07.1866 gab es eine Abhandlung über Seelsorge im Felde in der Zeitung veröffentlicht.

Aus dieser geht hervor, daß Pastor Trogisch aus Michelsdorf im Landkreis Landeshut als Feldgeistlicher des 2. Garde Infanterie Division und deren Lazarette am Feldzug gegen Österreich teilnahm. Leider ist nicht mehr hierüber bekannt.

In der gleichen Zeitung wurde noch folgendes berichtet:

"Berlin, 28.07.1866. Unmittelbar vor Schluß unserer Zeitung ging gestern die telegraphische Depesche ein, daß die Friedens-Präliminarien unterzeichet worden sind im mährischen Hauptquartier seiner Majestät des Königs, wohin die Abgesandten Österreichs gekommen waren."


Auf dem Sterbebett: Ein Hoch auf dem preußischen König

Folgender kurzer Bericht, welcher in keinen Geschichtswerk veröffentlicht wurde:

"Sagan, 27.07.1866. Wie treu ergeben unsere Truppen seiner Majestät dem König sind und mit welcher Liebe dieselben an ihm hängen, das konnten wir gestern am Sterbebett des Gefreiten Johann Tschirner von der 10. Kompagnie des 47. Regimentes sehen. Johann Tschirner aus Oberschreiberhau, Kreis Lauban gebürtig, wurde bei Skalitz durch einen Granatsplitter am linken Fuß verwundet und befand sich im hiesigen Reserve Lazarett. Kurz vor seinem Verscheiden verlangte derselbe von seinen Vater, welcher nebst Mutter und Braut hierher gekommen war, daß man ein Hoch auf seine Majestät den König ausbringen möchte. Nachdem sein Wunsch willfahrt war, brach sein Auge."

Da finden wir noch etwas von dem alten Begriff der preußischen Treue, die seit den Zeiten von Friedrich dem Großen im Volk wieder einmal – sonderlich in Zeiten der Not – lebendig wurde und die sich auch im Krieg 1866 erwiesen hat.


Waffenstillstand und Frieden, so erfuhr es die kämpfende Truppe

Noch einmal berichtet der reußische hannoversche mündener Jäger A. Schulte:

"Während der in Nikolsburg stattfindenden Waffenstillstandsverhandlungen wurden wir um das Marchfeld bei Wien disloziert. Dort hatte, nachdem die Friedenspräliminarien abgeschlossen waren, unsere Elbarmee am 30. Juli bei Ladendorf eine Parade vor seiner Majestät dem König. Kurz nachdem ging es in regelmäßigen Märschen über Pzibram, Eger, Oelsnitz, Plauen, Gera zurück bis Zeitz, derselben Stadt wo wir Anfang Juni abmarschiert waren.

An dieser Stelle möchte ich kurz ein Bild von der Mainarmee vorführen, welche die letzte Stunde des Feldzuges trefflich carakterisiert.

Man weiß, das man sich trennen muß, daß man in wenigen Tagen den Rückmarsch in die Heimat antreten wird und das die, welche miteinander so Großes geleistet, soviel errungen und soviel gelitten haben, sich vielleicht nach langen Jahren wiedersehen werden – in entferntesten Garnisonen – durch Zufall .... vielleicht niemals! Da beschließt die Brigade Wrangel –die Seele der Mainarmee, wie sie mit Recht benannt worden ist, ihre Offiziere zu einem letzten gemeinsamen Trunk zu versammeln, und das Füsillier-Bataillon Lippe gerade aus Detmold eine Sendung ausgezeichneten Rotwein erhalten hat, so wird ihm die Ehre, die Offiziere der Brigade zu bewirten.

In der Mitte eines kreisförmigen Grabens brennt ein helles – weithin scheinende Feuer, über welchem auf dem bekannten Dreieck aus Baumstämmen ein mächtiger eisener Kessel hängt, in dem kundige Hände die Ingredienzien zu einem kolossalen Glühwein gemischt haben. Die Offiziere sitzen im Kreise und während man ihnen die gefüllten Gläser reicht, erzählen sie sich heitere Geschichten, die für ihr ganzes Leben die teuersten Rückerinnerungen aus diesem Feldzug bereiten werden.

Da erhebt sich General von Goeben – und weiht das erste Glas dieses kameradschaftlichen Zusammenseins auf feierlichen Boden dem ritterlichen Kriegsherrn der norddeutschen Armee, der gleichfalls in feindlichen Landen, die sein siegreiches Schwert  erkämpft, in diesem Augenblick dem zu Boden geworfenen Feind den Frieden diktiert!

Dem König Wilhelm gilt das erste Glas – die Musik bläst einen Tusch – das dreimalige Hoch der Offiziere dringt bis nach Würzburg! – Hauptmann Kellner, welcher nach dem Heldentod des Majors Rohdewald das Bataillon Lippe führt, bringt das zweite Hoch auf den Fürsten seines Landes aus, dessen Kontingent nach dem ersten Schuß schon kampfbereit den Preußen zur Seite stand und bis zum Letzten mit derselben Hingebung und Energie neben ihnen verharrt hat. Die Offiziere der Brigarde Wrangel sind zu oft Zeuge der Brillianten Tapferkeit der Lipper Füsiliere gewesen, als das sie nicht mit Enthusiasmus das Wohl des Landesherrn tränken! –

Man plaudert – man trinkt – man ist fröhlich und heiter gestimmt wie selten vorher; der ganze Feldzug zieht wie ein Nebelbild vor dem Geiste der Offiziere vorüber – mit seinen unendlichen Strapazen .... mit seinen berauschenden Erfolgen!

Da ... als wenn er dem Gedanken, der aller Geister durchweht, die richtige Gestalt geben wollte, erhebt sich Generalmajor Freiherr von Wrangel:

`Dieses Glas uhm, welchem die Brigade ihre schönsten Lorbeeren verdankt – dem die Mainarmee haupsächlich zu danken hat, das sie hier ist – dem fern von seiner Mainarmee weildenden Führer – dem General der Infanterie ... unserm Falckenstein! – Er lebe Hoch!!!´

... Mögen die Offiziere, die jauchzend ihre Gläser aneinander klingen und deren begeisterte Hochrufe durch die Nacht schallten, sagen, was bei diesem Toaste in ihrer Seele vorging! – Man kann es wohl nachfühlen ... und nach erzählen nicht!"


Eine österreichische Todesanzeige: Fünf Söhne im Krieg verloren

Der Krieg 1866 geht seinen sicheren Ende zu. Der König von Preußen, der Kronprinz und Ministerpräsident von Bismarck beabsichtigen aus Böhmen nach Berlin zurückzukehren. Mit der Normalisierung der Verhältnisse, wurde es auch möglich, das wieder Post aus Österreich nach Preußen gelangte. In der Zeitung vom 04.08.1866 wurde eine Todesnachricht veröffentlicht, welche das unermeßliche Leid einer österreichischen Familie wieder spiegelte, die 5 Söhne im Krieg verlor:

"Tief gebeugt benachrichtige ich hiermit alle Freunde und Verwandte, daß mein heiß geliebter Mann gestern früh schnell und sanft entschlief, in Folge der gewaltigen Erschütterung, die der Tod unserer Kinder hervor rief. Unsere fünf hoffnungsvollen Söhne Franz Joseph, Ernst, Georg, Leopold und Heinrich von Stwolinski gaben alle ihr Herzblut für ihren geliebten Kaiser und Herrn. Mit ihr trauern die vier jungen Witwen und die einzige Schwester.

Um stilles Beileid bitten
Frau von Stwolinska, geb. von Radezki
Josephine von Stwolinska
Giesela von Stwolinska, geb. von Techa – Schec
Josephine von Stwolinska, geb. Gaffaroli
Helene von Stwolinsky, geb. von Hessen – Hessen
Josephine von Stwolinska, geb. von Stwolinska
Prag, den 31.07.1866."


Eine Biwakgeschichte und Waffentechnik

Im Grünberger Wochenblatt Nr. 62 wurde am 06.08.1866 unter Vermischtes von einer Biwak Geschichte berichtet:

"Dem Brief eines in Böhmen stehenden Vierundzwanziger entnehmen wir folgende komische Episode: `Als wir vorgestern unser  Biwak bezogen hatten, gingen wie gewöhnlich die dazu kommandierten Kameraden nach dem nächsten Dorf um Holz und Wasser zu holen. Das Dorf war von seinen Bewohnern gänzlich verlassen, alle Häuser standen leer, die Brunnen waren meist verschüttet und die Unserigen wollten eben mit langer Nase abziehen, da fiel ihr Blick auf eine Menge Bienenkörbe. `Honig´ rief der, welcher die Delikatesse zuerst entdeckte, und alle stürzten auf die Wohnungen dieser fleißigen Tiere zu, um sich des süßen Schmauses zu bemächtigen. Nun waren es aber Leute, die nicht mit Bienen umzugehen verstehen und nicht wissen, daß dieselben ihren Herd – oft besser – als Menschen verteidigen. Kaum waren sie über die Körbe hegefallen, da summte und brummte es, heraus zum Kampf kam der Bienenschwarm und flog ihnens ins Gesicht. Mit der Mütze umsich schlagend, retrirten unsere Musketiere. Den Unteroffizier Z., der ihnen entgegen kam und sie aufhalten wollte, flogen die kleinen Kämpfer an und zerstachen ihm jämmerlich. Er tröstete sich später damit, daß er alle Tiere, die ihm verwundet haben, getötet habe. In wilder Hast langte die ganze Gesellschaft ins Biwak an und wurde von den Kameraden mit furchtbaren Gelächter empfangen. Ihr seht, was die Österreicher bis jetzt nicht fertig bekommen, das taten hier Bienen: Wir wurden in die Flucht geschlagen."

Im gleichen Wochenblatt wurde eine Stellungsnahme zum preußischen Zündnadelgewehr von einem Arzt veröffentlicht. Dieses Zündnadelgewehr hatte die dreifache Feuerkraft als die österreichischen Vorderladergewehre, entsprechend waren die preußischen Erfolge in den Schlachten. Welche fürchterlichen Folgen dieses Gewehr hatte, ist abschließend in der gleichen Zeitung den Gesamtverlusten Österreichs zu entnehmen.

"Die Österreicher schreien triumphierend, das Zündnadelgehr mache keine Wunden, während ihre Kugeln meist tödlich seien. Jetzt schreibt auch ein bayrischer Arzt Dr. Rank: `Nach den Erfahrungen der Krimkriege und meinen jetztigen Beobachtungen halte ich entschieden das olivengeformte platte Blei des Zündnadelgewehres für weniger gefährlich, als die Kugeln anderer Gewehre´. Da es nun im Krieg nicht darauf ankommt, die Leute zu töten, sondern sie nur kampfunfähig zu machen, so wäre ja das Zündnadelgewehr ein wirklicher Fortschritt der Zivilisation und ein glorreicher Sieg der Humanität."

"Nach den in Wiener Blättern vom 06. bis 23. Juli veröffentlichten Verlustlisten beträgt der Verlust der österreichischen Nordarmee an verwundeten und toten Infanterieoffiziere: 45 Oberste und Oberst Leutnants, 45 Majore, 394 Hauptleute, 379 Ober- und 646 Unterleutnants, zusammen 1509 Offiziere tod oder verwundet. Dazu 391 Gefangene, nicht verwundete Offiziere, also 1900 Gesamtverlust der österreichischen Nordarmee an Infanterie-Offizieren."


Rückkehr des Königs nach Berlin

Am 07.08.1866 berichtete die Neue Preußische Zeitung unter allgemeinen Nachrichten:

"Berlin, 06. August 1866. Seine Majestät der König undund ihre königlichen Hoheiten der Kronprinz, die Prinzen Karl und Adalbert, der Ministerpräsident Graf Bismarck, der Kriegsminister von Roon, die Generale von Moltke, von Alvensleben, von Boyen, das Zivil- und das Militärkabinett sind Sonnabend Abend vom Kriegsschauplatz nach Berlin zurückgekehrt.

Schon am Nachmittag bedeckte sich die ganze Stadt mit Fahnen und Flaggen, nachdem sich das Wetter, das am Morgen regnerisch war, aufgeklärt hatte. Schon um 9 Uhr Abends war das Gedränge unter den prächtig erleuchteten Linden, so groß, das vor dem königlichen Palast kein Wagen mehr über den weiten Platz passieren konnte. Um das Gedränge auf dem Perron des Bahnhofes zu verhindern, waren diesem besondere Eintrittskarten ausgegeben. Zu beiden Seiten mit Teppich bedeckten Ausgangstreppe standen zwölf junge Damen in weißem Kleid, Kornblumenschmuck im Haar und mit Körben voll Blumen, um dem geliebten Herrn den ersten Schritt in seine Königsstadt mit frischen Blüthen zu bestreuen.

Gleich nach 10 Uhr erschien ihre Majestät die Königin und ihre königlichen Hoheiten die Prinzessinnen mit ihren Damenund nahmen bis zur Ankunft des Zuges in dem königlichen Zimmer Platz.

Um 10 ½ Uhr verkündete das Signal von der letzten Station her das Nahen des königlichen Zuges und bald darauf derselbe – von einer mit Laubgewindengeschmückten Lokomotive geführt – unter den Klängen der von dem Musikchor gespielten Nationalhymne und vom tausendfachen Hurrah begrüßt, in den Bahnhof. Ein wahrer Sturm von Jubel, unter dem Tusch der Musik, begrüßte den aussteigenden König. Beim Hinaustreten auf den Perron umringten ihm zuerst die Minister, sich ehrfurchtsvoll verbeugend. Der König reichte ihnen sämtlich freundlichst die Hand, auf die vielen Glückwünsche erwidernd:

`Wenn der Himmel uns so beisteht, können wir schon zurückkommen!´

Seine Majestät schritten langsam den Perron entlang, jeder Gruppe freundlich zulächelnd und vielen die Hand reichend, bis ihm ihre Majestät die Königin entgegen trat. Das Wiedersehen der königlichen Gatten erfüllte alle, die davon Zeuge waren, mit tiefer Rührung."

Über die anschließende Fahrt zu Palast seiner Majestät:

"Die Anfahrt seiner Majestät am Palast durch die zahllose Volksmenge wurde von einem in der Nähe aufgestellten Musikkorps mit der Nationalhymne und den Preußenlied begrüßt und der Jubel, der begeisterte Ruf nach dem geliebten Fürsten war so stürmisch, daß seine Majestät und dem Kronprinzen wiederholt – fünf mal – auf dem Balkon erscheinen mußte, um dem Volk ihren Anblick zu gönnen."


Tronrede vor dem preußischen Landtag

In dem Grünberger Wochenblatt vom 06.08.1866 wurde die Tronrede des preußischen Königs vor dem Landtag abgedruckt, das erstaunliche ist das kaum auf die Kriegsereignisse eingegangen wurde, sondern ein Monolog über Staatsfinanzen abgehalten wurde:

"Tronrede, Berlin 05.08.1866

Bei der heutigen Eröffnung des Landtages im weißen Saal erschien der König, gefolgt vom Kronprinzen, den Prinzen Karl, Alexander, Georg und Aldabert und einer zahlreichen Suite, unter Vortritt der Staatsminister. Ein auf `unsern siegreichen König und Herrn´ vom Grafen Stolberg ausgebrachtes Hoch begrüßte den König beim Eintritt. Die Tronrede lautet:

Erlauchte, edle und liebe Herren von beiden Häusern des Landtages!

Indem ich die Vertretung des Landes um mich versammelt sehe, drängt mich mein Gefühl, vor allem auch von dieser Stelle meinen und meines Volkes Dank für Gottes Gnade auszusprechen, welche Preußen geholfen hat, unter schweren aber erfolgreichen Opfern nicht nur die Gefahren feindlicher Angriffe von unseren Grenzen abzuwenden, sondern in raschen Siegeslaufe des vaterländischen Heeres den ererbten Ruhm neue Lorberren hinzuzufügen, und der nationalen Entwicklung Deutschlands die Bahn zu ebnen.

Unter dem sichtbaren Segen Gottes folgte die waffenfähige Nation mit Begeisterung dem Ruf in den heiligen Kampf für die Unabhängigkeit des Vaterlandes, und schritt unser heldenmütige Heer, unterstützt von wenigen, aber treuen Bundesgenossen, von Erfolg zu Erfolg, von Sieg zu Sieg, im Osten wie im Westen. Viel teures Blut ist geflossen, viele Tapfere betrauert das Vaterland, die siegesfroh den Heldentod starben, bis unsere Fahne sich in einer Linie von den Karparten zum Rhein entfalteten. In einträchtigen Zusammenwirken erden Regierung und Volksvertretung die Früchte zur Reife bringen haben, die aus der blutigen Saat, soll sie nicht umsonst gestreut sein, erwachsen müssen.

Liebe Herrn von beiden Häusern unseres Landtages! Auf die Finanzlage des Staates kann meine Regierung den Blick mit Befriedigung wenden. Sorgliche Vorsicht und gewissenhafte Sparsamkeit haben sie in den Stand gesetzt, die großen finanziellen Schwierigkeiten zu überwinden, welche die gegenwärtigen Zeitverhältnisse in naturgemäßen Gefolge haben.

Obwohl schon in den letzten Jahren, durch den Krieg mit Dänemark, der Staatskasse beträchtliche Opfer auferlegt worden sind, ist es doch gelungen, die bisher erwachsenen Kosten des gegenwärtigen Krieges aus den Staatseinnahmen und vorhandenen Beständen ohne andere Belastung des Landes, als die durch die gesetzlichen Natural-Leistungen für Kriegszwecke erwachsenden, bereit zu stellen.

Um so zuversichtlich hoffe ich, daß die Mittel, welche zu Beendigung des Krieges und zur Bezahlung der Naturalleistungen bei Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit der Finanzen, erforderlich sind, von Ihnen bereitwillig werden gewährt werden.

Über die Feststellung des Staatshaushalts-Etats hat eine Vereinbahrung mit der Landesvertretung in den letzten Jahren nicht herbei geführt werden können. Die Staatsausgaben, welche in dieser Zeit geleistet sind, entbehren der gesetzlichen Grundlage, welche der Staatshaushalt, wie Ich wiederholt anerkenne, nur durch das Artikel 99 der Verfassungsurkunde alljährlich zwischen meiner Regierung und den beiden Häusern des Lantages zu vereinbarendes Gesetz erhält.

Wenn meine Regierung gleichwohl den Staatshaushalt ohne diese gesetzliche Grundlage mehrere Jahre geführt hat, so ist dies nach gewissenhaffter Prüfung in pflichtmäßigen Überzeugung geschehen, daß die Fortführung einer geregelten Verwaltung, die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen gegen die Gläubiger und die Beamten des Staates, die Erhaltung des Heeres und der Staatsinstitute, Existenzfragen des Staates waren, und das daher jenes Verfahren eine der unabweisbaren Notwendigkeiten wurde, denen sich eine Regierung im Interesse des Landes nicht entziehen kann und darf.

Ich hege das Vertrauen, daß die jüngsten Ereignisse dazu beitrragen werden, die unerläßliche Verständigung in soweit zu erzielen, daß meiner Regierung in Bezug auf die ohne Staatshaushaltsgesetz geführte Verwaltung, die Indremnität, um welche die Landesvertretung angegangen werden soll, bereit willig erteilt und damit der bisherige Konflikt für alle Zeit um so sicher zum Abschluß gebracht werden wird, als erwartet werden darf, daß die politische Lage des Vaterlandes, eine Erweiterung der Grenzen des Staates und die Einrichtung eines einheitlichen Bundesheeres unter Preußens Führung gestatten werde, dessen Lasten von allen Genossen des Bundes gleichmäßig werden getragen werden.

Die Vorlagen, welche in dieser Beziehung behälfs Einberufung einer Volksvertretung der Bundesstaaten erforderlich sind, werden dem Landtag unverzüglich zugehen.

Meine Herren, mit mir fühlen Sie, fühlt das ganze Vaterland die große Wichtigkeit des Augenblicks, der mich in die Heimat zurückführt; möge die Vorsehung ebenso gnadenreich Preußens Zukunft segnen, wie sie sichtlich die jüngste Vergangenheit segnete. `Das walte Gott!´

Die Tronrede wurde an mehreren Stellen mit lauten Beifall unterbrochen. Am Schluß ertönte ein wiederholtes Lebehoch auf den König. Graf Bismarck erklärte hierauf den Landtag für eröffnet."


Treue über den Tod hinaus

Wieder Nachrufe, diesmal vom 09.08.1866:

"In der glorreichen Wilhelms Schlacht leistete ein Fähnrich, selbst verwundet, seinem Rittmeister, als dieser blutend auf dem Schlachtfeld lag, im heftigsten Feuer treu und heldenmütig helfende Hand.

Heute – am 06.08.1866 – stand der Rittmeister tief erschüttert am Grab seines Retters, des nach Gottes Ratschluß am 04. des Monats an seinen Wunden verstorbenen Leutnants im Märkischen Dragoner Regiment Nr. 3

Herrn Hans von Normann

Das fern stehende Offizierskorps des Regiments wird die Trauerbotschaft mit gerechten Schmerz vernehmen."

Des weiteren wird über einen Prinzen aus dem Hause Hohenzollern berichtet, welcher an seinen Wunden aufgrund von Kriegseinwirkungen verstarb:

"Berlin, 09.08.1866. Der Staatsanzeiger meldet amtlich den Tod des Prinzen Anton von Hohenzollern mit folgenden Worten:

Des Königs Majestät und wie das gesamte königliche Haus sind durch den, Sonntag Abend, 11 Uhr, in Königinhof erfolgten Tod des tapferen Prinzen Anton von Hohenzollern in tiefste Betrübnis versetzt. Mit heldenmütiger Ruhe und Ergebung ertrug der Verewigte in Folge der Schlacht von Koniggrätz erhaltenen schweren Wunden bis an seines Lebens Ende die größten Schmerzen. Die letzten Worte des Prinzen waren: ´Es gereicht mir zur großen Beruhigung, unter den Hohenzollern derjenige zu sein, welcher durch seinen Tod Zeugnis ablegt, von der Tapferkeit unserer Armee´.

Des Königs Majestät hatten den Prinzen schon Niklosburg aus, für sein ausgezeichnetes Benehmen den Orden pour le merite verleihen, sein Name gehört für alle Zukunft der preußischen Geschichte an."

In den Lazaretten des Landkreis Landeshut gibt es aber auch Tote. In Schloß Kreppelhof hat der Besitzer – Graf Eberhard Graf zu Stollberg-Wenigerode – ein Lazarett einrichten lassen und dorthin hat man einen Verwundeten gebracht, welcher Kunde über sein Leben gab:

"Nachruf!

Nach vierwöchigen Leiden erlag am 01. August zu Kreppelhof bei Landeshut der Hauptmann und Kompagnie Chef im 6. Ostpreußischen Regiment Nr. 43 – Freiherr von Braun – dem im Gefecht bei Trautenau am 27. Juni erhaltenen Blessuren. Das Offizierkorp, schwer betroffen durch den Verlust, dessen Vorzüge eines begabten, erfahrenen, tapferen Offiziers und treuen Kameraden ihn unserem Kreise so schwer wert machen, bewahrt ihm ein so unvergängliches Andenken.

08.08.1866 Das Offizierskorps der königlichen 6. Ostpreußischen Infanterie Regiments Nr. 13 von Treskow, Oberst und Regiment Kommandeur."


Die Stadt Landeshut nach den Schlachten in Böhmen

Über die Lage im Landkreis Landeshut nach den Schlachten, wurde ein Artikel vom 18.8.1866 veröffentlicht:

"Wohl keine preußische Grenzstadt ist so unmittelbar Opfer des Krieges gewesen wie Landeshut, und sie hat freudig Hand und Herz angeboten, um das schreckliche Unglück zu lindern. Als die tapferen Truppen am 26. Juni hier durch nach den 3 Meilen entfernten Trautenau rückten, befand sich in der Stadt in der Stadt noch nicht die geringste Lazaretteinrichtung. Wenige Tage später begann das Zuströmen der Verwundeten in Transporten von 20, 50, 100 und mehr, welche sich ununterbrochen folgten. Das erste schwere Feldlazarett vom 1. Armeekorps übernahm vom 28. Juni ab die ersten Schritte zur Etablierung von Lazaretten durch Räumung der Schulen und des Schützenhauses, verließ jedoch die Stadt schon am 02. Juli wieder.

Der Landrat von Klützow auf Krausendorf, der Bürgermeister Marzahn, die Ärzte und die Vertreter der Stadt, die Geistlichkeit und die Lehrer sowie Oberstabsarzt Dr. Biefel aus Salzbrunn vereinigten sich nun mehr und boten freudige Zeit, Kräfte und was sie sonst noch zu beschaffen konnten, um die Verwundeten Aufnahme zu gewähren.

Nur in dem an die Stadt grenzenden Gräflichen Stolbergschen Leppersdorf waren schon vorher zwei vollständige Krankenhäuser zu siebzig Betten eingerichtet und Schloß Kreppelhof hatte sein hochherziger Besitzer – Graf Eberhard zu Stolberg-Wenigerode – als Offiziers Lazarett etabliert. Die milden Frauenhände der Bewohnerinnen und Schwestern aus Bethanien in Berlin übten schon seit den 27. Juni abends, wo der erste verwundete Offizier (Hauptmann Freiherr von Braun) dorthin gebracht wurde, mit größter Hingebung und Freudigkeit das Pflege- und das Trösteramt.

In räumlicher Nacheiferung richteten in der Stadt Private, auf dem Lande Gutsbesitzer eiligst Wohnungen und Gartensäle zu Lazaretten ein, nahmen bis zu zwanzig Kranke auf und geben ihre besten Zimmer für verwundete Offiziere her. So war es denn möglich, daß in wenigen Tagen unglaublich viel in der Stadt geschehen konnte. Die Männer, welche sich verpflichtet hatten, durch Organisation großer Lazarette der Not entgegenzutreten, arbeiteten Tag und Nacht gemeinsam, in dem sie sich in täglichen Konferenzen in die Arbeit teilen.

An 500 Plätze für Verwundete wurden in Lazaretten der Realschule, evangelischen und katholischen Schule und das Schützenhaus hergestellt und ebenfalls gegen 500 in Privatquartieren der Stadt und der nächsten Umgebung. Aber vom 4. Juli Abends traten Verhältnisse ein, welche alles bis dahin geleistete als nichts erscheinen ließ. Die Straße von Königsgrätz über Trautenau nach Landeshut ist die beste und bequemste von jenem Teil Böhmens nach Schlesien. Nach dem großen Schlachten und ehe die Eisenbahn benutzt werden konnte, folgte daher der Hauptzug der Verwundeten dieser Straße. In Böhmen überall zurückgewiesen, mußten die ersten Grenzstädte – vor allem Landeshut – als erste Kreisstadt – ihr Hauptziel werden.

Vom 05. bis ungefähr den 12. Juli wurde daher ganz Landeshut zu einem einzigen Krankenhaus, seine Plätze und Straßen ein großartiger Verbandplatz. Was hätte die redlichste Aufopferung der Männer allein schaffen können? Lazarette und Standquartieren waren überfüllt. In den ersten mußten ohnedies schon alle Korridore und Treppenflure Mann an Mann auf Streu, die oft halbnackten Verwundeten nur mit dem Mantel bedeckt, belegt werden. Und doch kamen von früh bis Abend und durch die ganzen Nächte neue Zuzüge von Verwundeten an. Die Tanzsäle und die großen Räume der Gasthöfe wurden belegt. Aber – obgleich manchmal die Stadt und Umgebung 12 bis 1500 Verwundete beherbergte, standen doch noch die Wadenreihen vom Eingang der Stadt bis zum Ausgang.

Und in welchem Zustand befanden sich diese Transporte! Die Pferde waren erschöpft, die armen Kranken durch Entbehrung und Schmerz fast aufgerieben.

In Böhmen hatten sie alle Lazarett überfüllt gefunden, und so waren sie zwanzig Stunden und mehr auf denselben Wagen gefahren, indem sie ihre Hoffnung auf Landeshut, welches im Geschäftsverkehr mit Böhmen einen bekannten Klang hat, setzten.

Landeshut war der Knotenpunkt des Verwundetentransportes zwischen Böhmen und Schlesien geworden. Die Ärzte machten bestänig ihre Tour durch die belegten Lokale sowie durch die auf den Straßen stehenden Wagenreihen. Sie bezeichneten auf den letzteren die am schwersten Verletzten, welche alle in den Lazaretten Aufnahme fanden. Die Transportablen wurden nach sechs- bis achtstündiger Ruhe weitergeschafft.

Da war denn Landeshut durch mehrere Tage eine große Ambulanz. Hier bedurfte es aber Hunderter Händen um zu helfen. Und es kamen zu hunderten die braven Frauen und Mädchen aus allen Ständen herbei. In den Lazaretten hatten fünf graue Schwestern und fünf Diakonissinnen je Anzahl von Zimmern in ihre bekannte liebevolle Pflege und Aufsicht genommen. Es bedurfte zu ihrer Hilfe aber eines großen Wartepersonals, während es in Landeshut an gelernten Krankenpflegern ganz fehlt. Von allen Seiten kamen deshalb Frauen und Mädchen, um sich diesem sehr schweren Dienst zu unterziehen. Sie teilten sich in einige zwanzig Krankenzimmer und Schulen sowie in drei Etagen des Schützenhauses, je zwei für Tag und Nacht, so daß an vierzig solcher Helferinnen täglich übernahmen.

Ein Komitee von Damen führte außerdem im Hauptlazarett zur Realschule die Oberaufsicht, ebenfalls Tag und Nacht vertreten. Es übernahm die nicht nur die Verteilung der Liebesgaben, sondern auch die Bereitung des Frühstück und Vesperbrot. Obgleich nur auf Wohltätigkeit gegründet, schienen seine Mittel unerschöpflich. War vielleicht eben alles ausgeteilt, so fuhr manchmal unangemeldet eine Kolonne von 20 bis 40 Verwundetenwagen vors Lazarett, welche zum Weitertransport bestimmt waren, jedoch zuvor der leiblichen Stärkung bedurften. Da ging es dann wie der Wind in Vorratskammern und Küche, und niemand durfte hungrig von dannen.

In den Lazaretten lagen – wie erwähnt  –  die Verwundeten in den ersten Tagen noch auf Streu. Während nun alle Handwerker zur Beschaffung der Einrichtungen herangezogen wurden und nach ein Zimmer nach den andern mit dem Nötigsten versehen wurde, brachte jede Pflegerin anfangs für ihre Verwundeten das Nötigste mit: Schüsseln und Löffel, aber auch Wäsche. Die hiesigen Männer werden wohl ein bedeutendes Deficit in ihrem Wäschevorrat notieren müssen. Die guten Frauenherzen wollten aber keinen in der blutgetränkten Wäsche weiterfahren lassen.

Nicht anders sah es in den Tanzsälen der 4 Gasthöfe aus, welche jeder mit bis zu 60 und 70 Verwundeten belegt waren.

Auch hier wirkt freiwillige Frauen- und Mädchenpflege Tag und Nacht. Aber hier wurde nicht nur Tag und Nacht gekocht und gepflegt, sondern die hilfreichen Hände übernahmen es auch, Schwerverwundeten zu reinigen, zu waschen und zu verbinden, da die Anzahl der Ärzte nicht ausreichte.

Und auch hier wurde außer Essen und Trinken, Zigarren, Zeit und gutem Willen noch alles irgend entbehrliche – besonders saubere Leibwäsche – hergegeben. Da konnte man einen athletischen Ostpreußen in einem Damenhemd, einen braunen Zigeuner in einem bunten Herrenhemd mit großen Pfäffchen liegen sehen, da hatte einer ein feines Damentaschentuch, der andere rote Sonntagsbusentuch eines Dienstmädchens um den Kopf gebunden und so weiter.

Nicht minder emsig wirkten die Landeshuterinnen auf den Straßen, wo die Wagen derjenigen Verwundeten. Welche keine Aufnahme fanden, oft bis zu halben Tagen und ganze Nächte hindurch standen. Wie die Bienen liefen sie mit Kaffeekannen, Körben voll Butterbroten und Semmeln, mit großen Töpfen voll warmer kräftiger Brühe durch den bunten Wirrwarr. Und auch hier halfen sie die Wunden zu reinigen und zu verbinden."


Mein Bräutigam ein Soldat

Nun ein kurzer Bericht von über eine Landeshuterin, welche heute unsere Urururgroßmutter gewesen sein konnte:

"Im Lazarett sehen wir einmal eine recht schöne Szene. Ein Mädchen aus dem Kreis Landeshut stand auf dem Korridor, aus vollsten Kräften schluchzend und weinend. Der dirigierende Arzt fragte, was ihr fehle. – Ihr Bräutigam sei auch Soldat! – Ob sie denn helfen wolle? – Ja, vom ganzen Herzen gern. Das Mädchen aus dem Landkreis Landeshut blieb darauf vierzehn Tage im Lazarett ohne jeglichen Lohn zu fordern, arbeitete vielmehr unermüdlich und übernahm die Nachtwachen.

Jetzt erscheinen einem diese bunten Bilder aus dem vorigen Monat fast wie ein Traum, obgleich noch 300 bis 350 Verwundete in den Lazaretten zu Landeshut liegen und obgleich noch die freiwillige Frauen- und Mädchenpflege Tag und Nacht in regelmäßigen Dujohr-Dienst weiter wirkte.

Leider sind von den grauen Schwestern, Diakonissen und Pflegerinnen infolge der Strapazen schon mehrere erkrankt, die eine nicht unerheblich. Bei dem gänzlichen Mangel an Lazaretteinrichtungen und der plötzlichen Überhäufung mit Schwerkranken waren es – außer den Kolossalen Opfern der Stadt –besonders die Zusendungen der Breslauer, Berliner, Hamburger Komitees, welche die schnelle Durchführung so großartiger Arrangements , wie sie hier getroffen wurden, möglich machten.

Vor allem hat sich der Johanniter-Orden durch schnelles, praktisches Eingreifen ausgezeichnet. Wir erwähnten schon, daß in Leppersdorf 70 Betten, nebst einer Anzahl von Diakonissen aus Bethanien zu Berlin und einer Anzahl geschulter Wärter, bereits seit dem 27. und 28. Juni (Lazarette Mariannenstift und Bäumchen), daß außerdem Schloß Kreppelhof als Offiziers Lazarett von demselben Datum ab, in volle Tätigkeit getreten war. Gleichzeitig waren Kommissaren des Ordens in der Stadt wirksam, um überall schnelle Herbeischaffung der nötigen Gegenstände helfend einzugreifen, anfangs durch wenige Tage Herr von Luck, dann durch drei Wochen Herr von Knebel – Döberitz aus Berlin, welcher sämtliche Lazarette des Kreises als Kommissar des Ordens bereiste. Gleichzeitig übernahm – als Etappen Kommando am Ort war – Oberst Leutnant Keck von Schwarzbach als Johanniter sie militärische Polizei und die militärische Regelung der Evakuierungen, wodurch dem großen Übelstand der Überfüllung wesentlich abgeholfen werden konnte."


Ein Militärfriedhof in Landeshut

Nach Beendigung der Kampfhandlungen mußte die Stadt Landeshut einen neuen Friedhof für verstorbene Soldaten und Offiziere anlegen:

"Der Tod hat, wie sich bei den schweren Verletzungen und nach erschöpfenden Transporten voraussehen ließ, auch hier viele Opfer gefordert. Im ganzen ruhen hier schon einige fünfzig auf dem neu ausgerichteten Militärkirchhof, welcher auf einer schönen Anhöhe, mit herrlicher Aussicht auf die schlesischen Berge liegt. Unter den hier Gestorbenen befinden sich zwei preußische Offiziere – Hauptmann von Braun und Leutnant Stampe – sowie auch zwei österreichische Offiziere – Haschka und Martin, die beide am Oberschenkel amputiert werden mußten. Die ersten hier begrabenen Österreicher kamen hier sterbend an, so daß man weder Namen noch Regiment sicher erfahren kann."

Am 22.08.1866 wurde eine Familienanzeige veröffentlicht, welche sich auf Landeshut bezieht:

"Nach Gottes Ratesschluß starb heute unser innig geliebte Freund und treuer Kollege, Herr Doktor Alfred Dorsemann aus Wesel an einem schnell tödlich verlaufenden Thyphus. Beim Beginn des Krieges mit freudiger Aufopferung zur freiwilligen Krankenpflege herbeigeeilt, seit dem 02. Juli unermüdlich, Tag und Nacht, sich nur der Sorge für die Verwundeten hingebend, gab auch er als Zeuge treuer Liebe zu König und Vaterland sein Leben hin. Allgemein geliebt ist er geschieden; sein Andenken bleibt gesegnet.

Landeshut, 19.08.1866
Dr. Biefel, Oberstabsarzt a. D. und dirigir. Arzt des königlichen Militär Lazaretts, im Namen der Ärzte des Lazaretts"

Nun ein weiterer Beleg, über menschliche und materielle Verluste während eines Krieges, veröffentlicht am 23.08.1866:

"Neiße, 19.08.1866. Gestern Mittag bewegte sich ein langer Trauerzug vom Mutterhaus der grauen Schwestern durch die Stadt nach dem Jerusalemer Friedhof, voran eine Militärmusikkapelle. Es war das Begräbnis einer grauen Schwester, welche aus einem Lazarett des Kriegschauplatzes krank und hier an Thyphus gestorben war. Die Verstorbene, welche ihr Leben den leidenden Kriegern geopfert, wurde mit kriegerischen Ehren zur Ruhe bestattet. Ihrem Vater geleiteten der erste Kommandant General Leutnant von Lehwaldt und der zweite Kommandant von Trotha. Eine große Anzahl Offiziere und eine Kompagnie Soldaten befanden sich im Leichenzuge."


Kriegsgefangene Österreicher feiern Kaisers Geburtstag

Der österreichische Kaiser Franz Joseph hatte am 18.08.1866 seinen 36. Geburtstag. Während viele sterbend in den Lazaretten lagen, feierten Kriegsgefangene Österreicher in Glogau Kaiser Geburtstag. Hierzu wurde folgendes am 23.08.1866 in der Zeitung veröffentlicht:

"Glogau, 19.08.1866. Im Lager der österreichischen Kriegsgefangenen herrschte gestern großer Jubel und Freude, das Geburtstagsfest des Kaisers von Österreich wurde gefeiert. Bereits am Vorabend fand ein Zapfenstreich statt, welcher von den Gefangenen mit preußischen Instrumenten ausgeführt wurde. Heute Vormittag fand ein Feldgottesdienst statt. An der Westseite des Lagers war ein Altar errichtet worden, über welchem eine Krone aus Blumen gebildeten Buchstaben F. J. = Franz Joseph angebracht waren. Der Platz vor dem Altar war mit frischem Grün abgegrenzt. An der Seite befand sich eine Tribüne für die geladenen Gäste, auf der auch die kriegsgefangenen hier befindlichen fünf Offiziere Platz genommen hatten.

Das Hochamt hielt Erzpriester Wittke ab. Nach Beendigung der kirchlichen Feier trat ein Wachtmeister in die Mitte der Gefangenen und hielt in ungarischer Sprache eine kurze Rede, welche nach dem in Glogau erschienen Niederschlesischen Anzeiger ins Deutsche übersetzt wie folgt lautet:

`Tapfere Brüder und Kameraden! Wir Gefangenen haben durch unsere Bitte vom hiesigen, löblichen Festungskommando die Bewilligung erhalten, den 18. August als Geburtstag unseres Kaisers Franz Joseph zu feiern. Demzufolge sind hier alle erschienen, um als Gefangene in einem fremden Land nach Möglichkeit auch an diesem Tag die seiner Majestät gebührende Ehre und Achtung zu beweisen und für seine und seiner Staaten Erhaltung zu bitten. Ich fordere von Euch – Kameraden – daß ihr den Ruf einstimmig: Es lebe unser Kaiser und König hoch!´–

Die Gefangenen schwenkten die Mützen und ein dreimaliges stürmisches ´Eljen´ ertönte durch die Lüfte. Der preußische Kommandant des Lagers – Hauptmann Kellmann vom 2. Bataillon Landwehr Regiment Nr. 7 – war mit mehreren preußischen Offizieren in Paradeuniform erschienen, eine Aufmerksamkeit, die von den Gefangenen sehr hoch aufgenommen wurde.

Am Nachmittag wurde musiziert, getanzt und Kegel geschoben. Diejenigen Kompagnien, welche es wünschten, erhielten Gulasch (klein geschnittenes  Rindfleisch stark mit Zwiebeln und Pfeffer gekocht, ein ungarisches Nationalessen), auch wurde bayrisches Bier und Branntwein verteilt. Während des Tages ist nicht die geringste Störung vorgefallen."


Besuch der Prinzessin Carl in den Lazaretten Schlesiens

Dieser Artikel vom 24.08.1866  wurde in einer sehr hoch aufgeschraubten Form geschrieben, jedoch sprach allgemein die Bevölkerung 1866 nicht mehr so. Aber für uns heute, spiegelt dieses das Verhältnis zur Monarchie wieder, denn es gibt kaum noch einen der sich an die Zeit vor 1914 zurück erinnern kann und hier uns Auskunft geben kann:

"Nachdem ihre königliche Hoheit die Frau Prinzessin Carl am 14. August Erdmannsdorf verlassen, die Lazarette in Landeshut und Grüssau mit höchster Gegenwart beehrt, beglückt und überall die Trost- und segensreiche – fast an jeden einzelnen der verwundete tapfere Krieger gerichtet – ihre Herzen erquickten, ward die Tour unter anhaltend kalten Wetter und Wind, in offenen Wagen auf einem der unbebahnsteten, fast unbefahrbaren Wege nur langsam stattfindend, über Konradswaldau, Lässig und Gottesberg direkt nach Waldenburg fortgesetzt und die Ankunft daselbst endlich gegen 5 Uhr nachmittags ermöglichst."

In den Hofnachrichten vom 11.08.1866 gab es eine weitere Notiz über diese Reise:

"Berlin, 10.8.1866. Ihre königliche Hoheit die Frau Prinzessin Carl ist am Mittwoch Abend nach Landeck abgereist, unterwegs die Lazarette in Görlitz und Hirschberg besucht, verweilt heute in Schloß Erdmannsdorf und wird morgen Warbrunn besuchen, wo Höchstdieselbe das Diner bei dem Besitzer Graf Schaffgotsch angenommen hat."

Am 14.08.1866 wurde über den Besuch der Prinzessin in Hirschberg berichtet:

"Hirschberg, 10.08.1866. Ihre königliche Hoheit die Prinzessin Carl traf gestern hier ein und besuchte das hiesige Kriegslazarett. Von den Mitgliedern der Behörden empfangen und geleitet, nahm die Prinzessin alle Räumlichkeiten in Augenschein und war sichtlich erfreut über die gute Einrichtung und Pflege. Mit den Patienten unterhielt sich dieselbe in teilnehmender und leutseliger Weise; die Schwerkranken erfreute sie durch Blumensträußchen. Noch am demselben Abend setzte die königliche Hoheit die Reise bis Erdmannsdorf fort, wo sie einige Tage zu verweilen gedenkt."

Über die Fortsetzung des Schlesienbesuches wurde am 15.8.1899 weiter berichtet:

"Ihre königliche Hoheit die Prinzessin Carl beehrte gestern von Erdmannsdorf aus auch das hiesige Kriegslazarett (Militär-Kurhaus) mit einem Besuch. Ihre königliche Hoheit wurde an den passend geschmückten Eingang von der Verwaltung des Hauses und im Salon von den dort zur Heilung gegenwärtig anwesenden Offizieren empfangen und ließ sich alsdann von dem Arzt der Anstalt – Dr. Schönfeld – und zwei Mitgliedern des Komitees durch alle Krankenzimmer und Ökonomie Lokaltitäten führen, die Kranken auf das Freundlichste ansprechend, befragend und tröstend. Einer derselben – ein Italiener – war hoch erfreut, als die erlauchte Frau ihm in Muttersprache anredete.

Ihre königliche Hoheit verweilte über anderthalb Stunden in dem Lazarett und sprach sich wiederholt sehr anerkennend über die Stiftung und die ganze Einrichtung und derselben aus.

In dem Lazarett werden gegenwärtig neunzehn Offiziere und wechselnd bis einhundert Kranke und Verwundete verpflegt. Der General Inspekteur der freiwilligen Krankenpflege im Felde – Excellenz Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode – hat in diesen Tagen sich gleichfalls sehr anerkennend über die allein patriotischen Gaben unterhaltene Stiftung durch folgendes Schreiben an den Vorstand ausgesprochen: `Ich habe am 30. Juli mit wahrer Genugtuung das Krankenhaus in Warmbrunn besichtigt; Einrichtung und Haltung derselben scheinen mir vortrefflich und kann ich Ihnen nur vom Herzen gratulieren, so Tüchtiges und Heilbringendes für die Armee gestiftet zu habe´.

Ihre königliche Hoheit die Frau Prinzessin nahm dem Besuch des Lazaretts bei dem Grundherren Graf Schaffgotsch das Diner ein und kehrte hierauf nach Erdmannsdorf zurück. Trotz des ungünstigen Wetters war die ganze Bewohnerschaft des Ortes versammelt und hatte den Eingang festlich geschmückt.

Ungeachtet dieser höchst anstrengenden Reise geruhte ihre königliche Hoheit – ohne alle vorherige Ruhe und ohne Erfrischungen einzunehmen – sofort bei den hiesigen Lazaretten vorfahren zu lassen und unter der Geleitung deren Vorstände und des königlichen Landrates Freiherrn von Saurma mit der den höchsten Prinzessinnen unseres Könighauses innewohnenden, allbekannten und freundlichsten Herzensgüte, jetzt aber auch mit wehmutsvoller Teilnahme gepaarten hohen Würde, auch hier fast alle verwundeten, tapferen Krieger der verschiedensten Regimenter und Waffengattungen unseres herrlich Preußen Heeres nach ihrem Befinden, Geburtsorten, beigewohnten Gefechten usw. bis ins Speziellste zu befragen, Trost und Beruhigung in ihre Herzen und lindernden Balsam in ihre schmerzenden Wunden zu träufeln. –

Sechs Uhr war bereits herangekommen und somit die höchste Zeit da, da ihre königliche Hoheit von dem vorgestreckten Ziele bis Glatz zu reisen, nicht abzuweichen geruhen zu wollen, eine kleine Ruhe und Erfrischung vor der Weltreise anzunehmen. Es ward also unmöglich, noch zwei Lazarette zu besuchen, was ihre königliche Hoheit um so schmerzlicher bedauerte, je größer höchst dero Verlangen gewesen war, gegen die Vorstände auch dieser Lazarette, von deren nicht minder vortrefflicher Einrichtung unterrichtet, höchst ihre Anerkennung auszusprechen und namentlich den verehrten Frauen und deren geschätzten Vereinen sowie den fungierenden Herren Ärzten. Höchst ihren Dank für ihre aufopfernde und treue Pflege der Verwundeten bezeugen können, welches in ihrem Namen zu tuen der königliche Landrat beauftragt ward.

Gegen 7 Uhr Abends geruhten ihre königliche Hoheit zu befehlen, nachdem Höchst dieselbe in dem Hause des Kommerzienrates Alberti hierselbst abgestiegen war, einige Erfrischungen einzunehmen.

Auch bei dieser Gelegenheit thronte die hohe Einfachheit und allergnädigste freundlichste Herablassung in Anerkennung der Empfangsarrangements in so huldvoller Weise, daß die Familie des Hauses davon über aus beglückt diesen Tag als einen hohen Fest- und Freudentag bis in die fernste Zukunft treu im Gedächtnis bewahren wird. –

Erst gegen 8 Uhr bestiegen ihre königliche Hoheit den Wagen zur Weiterreise nach Glatz, von wo aus die hohe Frau den andern Tag die Lazarette in Reinerz und Cudowa zu besichtigen geruhen wollten, um noch  vor Beginn der in Landeck zu gebrauchenden Brunnen- und Badekur die Erfüllung höchst- und Herzenswunsches zu erzeilen, `überall Kenntnis von der Lage der Tapferen, auf dem Felde zu Ehre und des Ruhmes unseres Hoch erhabenen Königs und Herrn und des dankbaren Vaterlandes gebluteten Landeskinder Höchst dieselbe zu gewinnen und Trost und Linderung zu bringen´.

Gott der Herr segne die Kur ihrer königlichen Hoheit und lasse höchst dieselbe noch lange, lange Jahre als ein Vorbild hoher Frauenwürde und Herzensmildtätigkeit den Töchtern des Landes vorleuchten.

Waldenburg, 18.08.1866
H. W. A., Veteran a. d. Befreiungskriegen."


Schicksal des Reichenberger Postschimmels

Da ab Ende August 1866 die Nachrichten aus Böhmen und Österreich wieder besser liefen, wurde in der Neuen Preußischen Zeitung, am 11.09.1866 ein Bericht aus der böhmischen Stadt Reichenberg abgedruckt:

"Der Reichenberger Postschimmel. Aus der in diesem Krieg viel genannten böhmischen Grenzstadt Reichenberg, berichtete man der Boehmia unterm 24.08.1866 folgende tierische Geschichte:

Der Handel lebt sich wieder, wenn auch langsam, die Leute kehren zurück und sogar unser Postschimmel fand gestern nach einem sechswöchigen unfreiwilligen Ausflug die altgewohnte Stätte wieder, er, der seit Jahren die Briefcarriole aus dem Postgebäude auf den Bahnhof befördert. Die Bevölkerung hatte sich daran gewöhnt, diesen Schimmel täglich nach des Tages Last und Mühen allein ohne Führer aus dem Postamt mitten durch die Stadt in das ziemlich entfernte Poststallgebäude wandeln zu sehen, wo er sich selbst die Tür öffnete, um sich darauf bequem zu machen. Hierbei schritte er immer so bedächtig dahin, daß man gar nicht nötig hatte, ans Ausweichen zu denken, da er dies – namentlich Kindern gegenüber – mit viel Verstand selbst besorgte. Ob dieser erprobten Gutmütigkeit ward es allgemein bedauert, als ihm auch das Schicksal traf requiriert zu werden und gar, – als sein Führer mit der Anzeige, daß der Schimmel für immer für seinen Besitzer verloren sein dürfte, zurückgekehrt war. Da – gestern – ereignete es sich, daß ihm ein preußischer Marketender als erbeutetes Handpferd durch die Stadt bringt. Auf dem Weg zum Poststall vorüber kommend, verweigert der Schimmel plötzlich seinen Gehorsam: er ist nicht mehr fortzubringen. Mittlerweile hatte sich zahlreiches Publikum jubelnd um den alten Bekannten versammelt und lärmend dessen Herausgabe verlangt, die auch – jedoch nur durch einen Machtspruch des Herrn Etappen-Kommandanten – erlangt wurde, worauf unser Schimmel, geleitet von einer jauchzenden Jugend, wieder ganz allein und ohne jede Leitung standhaft verschmähend dem gewiß lang ersehnten Stall zu trottend."


Besuch des Kronprinzenpaares in Kreppelhof und Kloster Grüssau

Der preußische Kronprinz dem späteren Kaiser Friedrich, dem 99 Tage Kaiser, welcher mit einer Tochter der englischen Queen Victoria vermählt war, besuchte mit seiner Gattin zusammen von Berlin aus das Schloß in Erdmannsdorf, welches der königlichen Familie gehörte. Dann unternahm das Kronprinzenpaar eine Reise in den benachbarten Landkreis Landeshut, um den Grafen zu Stolberg-Wernigerode, dem Schloßherrn von Kreppelhof zu besuchen. Mit diesem Grafen wurden im Anschluß die Lazarette in Landeshut und Grüssau besucht, wo noch viele Verwundete ihrer Genesung ausharrten. In der neuen preußischen Zeitung vom 16.09.1866 wurde hierüber berichtet:

"Landeshut, 12.09.1866. Besuch der kronprinzlichen Herrschaften. Der Breslauer Zeitung entnehmen wir folgendes:

Heute Nachmittag trafen ihre königliche Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von Erdmannsdorf auf Schloß Kreppelhof ein, besuchten in Begleitung des Grafen und der Frau Gräfin zu Stolberg-Wernigerode gegen 4 Uhr die hiesigen Lazarette, woselbst die höchst dieselben sich teilnehmend bei jeden einzelnen Verwundeten nach seinen Zustand erkundigten und trostvolle Worte an dieselben richteten. Seine königliche Hoheit der Kronprinz fuhr hierauf nach dem Kloster Grüssau, um auch den dortigen verwundeten Kriegern Aufmerksamkeit zu widmen. Morgen wird höchst derselbe nach Erdmannsdorf zurückkehren."

Der Besitzer von Kreppelhof, welchem damals der kronprinzliche Besuch galt, war Eberhard Graf zu Stolberg-Wernigerode, geboren 11.03.1810 in Peterswaldau in Schlesien, gestorben am 08.08.1872 in Johannisbad in Böhmen, preußischer wirklich geheimer Rat, Präsident des preußischen Herrenhauses, später Oberpräsident, verheiratet seit dem 26.05.1842 mit Marie Prinzessin Reuss j. Linie, Tochter des Prinzen Heinrich Reuss.


Freudenfeuer auf den Bergen der Oberlausitz

Auf dem Berg in Dubrau Kreis Rothenburg an der Grenze zu Schlesien und Sachsen, wurden im September 1866 Freudenfeuer angezündet, hierüber berichtete die neue preußische Zeitung am 26.09.1866:

"Aus der Oberlausitz, 21.09.1866. Patriotisches. Ein Aufruf, Freudenfeuer am Abend des 20. Septembers auf den Höhen des Preußenlandes auflodern zu lassen, hat die regste Beteiligung bei den Bergbewohnern unserer Provinz Schlesien gefunden. Von der höchsten Felskuppe der Dubrau aus, welcher die Gemeinden, Ober- und Nieder-Oelsa ein hoch loderndes Feuer unterhielten, hatten die zahlreich Versammelten eine herrliche Rundsicht auf die überall im Feuerschein glühenden oder glimmenden Höhen der preußischen Oberlausitz. Weithin durch die Nacht schallten die begeisterten Lebehochs auf König Wilhelm und Klänge des Preußenliedes, welche der gehobenen Stimmung Ausdruck verliehen.

Die Dubrau bildet den letzten Ausläufer der Lausitzer Gebirges. Was der Rigi in der Schweiz, ist die Dubrau für die Lausitzer, Schlesischen und Böhmischen Berge. Die Rundsicht von der steil abfallenden Felskuppe ist außerordentlich schön und weit. Der herrliche, mondhelle Abend ließ die Konturen der Bergformen deutlich hervor treten. Überall hatte man die Bedeutung des Freudentages gewürdigt; wie die Leuchttürme glühten die Feuer auf den entfernten Spitzen durch die Nacht. Selbst in Sachsen bemerkte man einzelne Feuer."


Opferbereitschaft des Landkreis Landeshutes

Am 21.09.1866 erschien noch mal ein Artikel in der neuen preußischen Zeitung, indem wieder die hohe Opferbereitschaft der Bewohner des Landkreises Landeshut gewürdigt wurde:

"Von Lazaretten.

Landeshut in Schlesien, 17.09.1866. Der Landkreis Lanndeshut hat wohl zu den Kriegsleistungen verhältnismäßig am meisten beigetragen. Schon im Mai fanden die ersten mit starken Vorspannleistungen verbundenen Truppenkonzentrationen im Kreis statt. Seit den Schlachten von Trautenau und Königgrätz aber haben an 7000 Verwundete beider Armeen entweder gänzliche Aufnahme oder durch vorübergehende Verpflegung und ärztliche Behandlung im Kreis Landeshut gefunden. Es gehörte die ganze Anspannung der Kräfte der dazu berufenen Kreis- und Gemeindebeamten und so eine lebendige Teilnahme der Bevölkerung, wie des Landeshuter Kreises dazu, um zunächst nur die unmittelbarsten Bedürfnisse des Unterkommens und der Verpflegung so vieler Verwundeter aus Privatmitteln notdürftig Sorge zu tragen zu können. Stadt und Land wetteiferten in der Hergabe der Utensilien und den Verpflegungsmitteln zu den überall eingerichteten Lazaretten, deren Zahl sich auf sechzehn steigerte und ein großer Teil der Verwundeten fand überdies in den Wohnungen von Privatpersonen liebevoll Aufnahme und Pflege.

Noch jetzt – nach fast drei Monaten – befinden sich in den Schlössern der beiden Kreise ansässigen Johanniter-Ritter, deren Tätigkeit auch hier angenehmste Anerkennung erworben, und in der Privatwohnung des Kreisrichters Theremin zu Landeshut Verwundete beider Armeen, die daselbst glücklich geheilt worden sind.

Wenn gesagt worden ist, daß in diesem Krieg Humanismus in Preußen dieselben Triumphe wie die preußischen Waffen gefeiert hat, so trifft dies hervorragend im Landeshuter Kreis zu. Seine königliche Hoheit der Kronprinz nebst seiner Frau Prinzessin Gemahlin, welche vor einigen Tagen vom den dem Grafen Eberhard zu Stolberg gehörigen Schloß Kreppelhof aus – woselbst die hohen Herrschaften übernachteten – die Lazarette besuchten, ebenso wie schon früher die Frau Prinzessin Carl, haben zur großen Freude der Bevölkerung sich auch hier anerkennend über die Aufnahme der Verwundeten im Kreis Landeshut geäußert, und auch seine Exzellenz der Herr Ober Präsident von Schlesien, der Freiherr von Schleinitz, hat schon vor einiger Zeit überall an Ort und Stelle mit Befriedigung von den meist aus Privatmitteln entstandenen Lazaretteinrichtungen Kenntnis genommen. Mögen auch alle die  Geber und Gaben von außerhalb sich überzeugt haben. Den aus den Kreise in die Heimat zurückkehrenden Ärzten, den Herren Dr. Biefelt und Hoffmann, gebührt aber vornehmlich für ihre aufopfernde Tätigkeit und organisatorischen Talente bei ihrem Scheiden Names der von ihnen behandelten Verwundeten der öffentliche Dank."


Freudenfeuer auch auf den Höhen des Queistales

In der neuen preußischen Zeitung wurde am 27.09.1866 berichtet, das auch in einer der reizvollsten Landstriche Schlesien, auf den Höhen des Queistales im Kreis Löwenberg Freudenfeuer entzündet wurden:

"Aus dem oberen Queistale, 24.09.1866. Wie allgemein die Freude der Bevölkerung ist unter Gottes sichtbarem Schutz vollbrachten Taten unseres Heeres, wie dankbar alle Schichten des Preußenvolkes gegen ihren geliebten König und Landesvater und sein Heer sein wollen, das haben die letzten Wochen und Monate genügend bewiesen. Ein erneutes Zeichen des Dankes und der innigen Freude gab sich auch hier an dem Tag kund, an dem seine Majestät der König an der Spitze seiner Krieger in Berlin seinen Siegeseinzug hielt. Am Abend dieses Tages sah man auf allen Bergen zu beiden Seiten des Queistales unzählige mächtige Sieges- und Freudenfeuer leuchten, die weithin – selbst über die Grenzen unseres Landes nach den angrenzenden Böhmen hin – ein strahlendes Zeichen davon gaben, wie die hiesige Bevölkerung von patriotischer Liebe erfüllt und mit ihrem König und seinem Heer die Freude teilen wollen, die ihnen Gott der Heer an diesem Tag verliehen. Unter lauten Jubel, begleitet von ununterbrochenen Freudenschüssen, wurden auf den Straßen und allen erleuchteten Bergen die preußischen Vaterlandslieder* aus dankerfüllten Herzen angestimmt und gesungen. Diese kundgebende Freude lebt in aller Herzen fort."


* Vaterlandslied

Ernst Moritz Arndt:  Aufruf zum Befreiungskampf (1812), Das Vaterlandslied.

Auch dieses Lied hat in der heutigen Zeit, innerhalb eines Europas zu suchen, ja es ist sogar gefährlich, den in den Händen von rechten Extriemisten wird es bewusst misbraucht. Jedoch sollte man den Inhalt kennen, um zu begreifen in welcher Gefühlswelt unsere Vorfahren gelebt haben.

Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
Der wollte keine Knechte,
Drum gab er Säbel, Schwert und Spieß
Dem Mann in seine Rechte,
Drum gab er ihm den kühnen Mut,
Den Zorn der freien Rede,
Dass er bestände bis aufs Blut,
Bis in den Tod die Fehde.

So wollen wir, was Gott gewollt,
Mit rechter Treue halten
Und nimmer im Tyrannensold
Die Menschenschädel spalten;
Doch wer für Tand und Schande ficht,
Den hauen wir zu Scherben,
Der soll im deutschen Lande nicht
Mit deutschen Männern erben.

O Deutschland, heilges Vaterland!
O deutsche Lieb und Treue!
Du hohes Land! du schönes Land!
Dir schwören wir aufs neue:
Dem Buben und dem Knecht die Acht!
Der füttre Krähn und Raben!
So ziehn wir aus zur Hermannsschlacht
Und wollen Rache haben.

Lasst brausen, was nur brausen kann,
In hellen lichten Flammen!
Ihr Deutschen alle, Mann für Mann,
Fürs Vaterland zusammen!
Und hebt die Herzen himmelan!
Und himmelan die Hände!
Und rufet alle Mann für Mann:
Die Knechtschaft hat ein Ende!

Lasst klingen, was nur klingen kann,
Die Trommeln und die Flöten!
Wir wollen heute Mann für Mann
Mit Blut das Eisen röten,
Mit Henkerblut, Franzosenblut
O süßer Tag der Rache!
Das klinget allen Deutschen gut,
Das ist die große Sache.

Lasst wehen, was nur wehen kann,
Standarten wehn und Fahnen!
Wir wollen heut uns Mann für Mann
Zum Heldentode mahnen:
Auf! Fliege, stolzes Siegspanier
Voran dem kühnen Reihen!
Wir siegen oder sterben hier
Den süßen Tod der Freien.


Die Kleinen erschießt man die Großen läßt man laufen

Der österreichische Anzeiger für Hof und Umgegend brachte am 04.10.1866  einen Bericht über das Wiener Kriegsgericht:

"Wien, 27.09.1866. Das Kriegsgericht in der Wiener Neustadt ist mit seinen Arbeiten fertig. Drei Vorwürfe sind es, welche dem Oberkommando der Nordarmee gemacht werden:

1. Das die Marschdispositionen viel zu spät angeordnet und im Vollzug gesetzt worden sind.
2. Das die Wahl des Schlachtfeldes von Königgrätz mit der Elbe im Rücken eine ganz verfehlte war.
3. Das Chlum, der Schlüssel dieser Stellung, viel zu schwach besetzt gewesen war.

Sowohl in strategischer wie in taktischer Beziehung sei die Führung ihrer Aufgabe nicht gewachsen gewesen. Es fehlte ebenso gut an rationellen Plan, wie an der intellektuellen Leitung der Waffen. Das Schlachtfeld von Königgrätz war so gewählt, als liege ein ungünstiger Ausgang garnicht in den Bereich der Möglichkeit.

Chlum blieb unbesetzt und das Zentrum konnte von einem großen feindlichen Truppenkörper einfach durchschlichen werden. Dabei wußte man die Elitetruppen nicht anders zu verwenden, als in die Massen zu stürmen.

Der österreichische Soldat schießt gut, namentlich der Jäger, aber selten war ihm Gelegenheit geboten, von seiner Fertigkeit Gebrauch zu machen. Kolben und Bajonett sollten alles verrichten, und so kam es nicht selten vor, daß viele Mannschaften mit dem ersten und einzigen Schuß im Laufe im Handgemenge fiel oder verwundet wurde. –

Die angeklagten Generale sind freigesprochen worden, freigesprochen in der Erwägung, daß ein Unglück aber kein Verbrechen ist, nicht das Zeug zum Befehlshaber zu haben; aber ein Offizier (vom Infanterie Regiment Reischbach), der nicht General ist, wurde wegen seines Verhaltens bei Königgrätz verurteilt und ist bereits erschossen. Auch diesmal wieder hat man die großen Herren laufen lassen."


Veteran der Freiheitskriege in Goldberg verstorben

1866 sind die Veteranen der Befreiungskriege gegen Napoleon in die Jahre gekommen. Einer starb in Goldberg Schlesien an der Cholera, die neue preußische Zeitung berichtete am 11.10.1866 darüber:

"Goldberg, 07.10.1866. Am Abend des 04.10. starb hier an Cholera der Sanitätsrat Dr. Massalien, 77 Jahre alt. Der Tod dieses Biedermannes wird hier und in weiten Kreisen noch lange ein großer Verlust empfunden werden. Bis zum letzten Lebenstag unermüdlich tätig in seinem Beruf verband er mit seiner reichen Erfahrung ein warmes teilnehmendes Herz. Von jeden Kind gekannt, von hoch und niedrig geachtet, insbesondere auch von den Armen vielfach beansprucht, hat sich der Vollendete eine durch fünfzigjährige, aufopferungsvolle Wirksamkeit ein bleibendes Gedächtnis gestiftet. Als Jüngling hatte er an dem Befreiungskriege rühmlichen Anteil genommen, war mit den Siegern in Paris eingezogen und hatte sodann in den Lazaretten eine löbliche Tätigkeit entfaltet. Die jüngsten Siege unserer Armee verschönten seinen Lebensabend."


Den Einwohnern von Marklissa Dank für deren Gaben für die Verwundeten

Am 16.10.1866 wurde ein Dank der Baronin von Galéra  an die Einwohner von Marklissa für deren Spenden, welche nach den Lazaretten Trautenau, Aschaffenburg, Brünn, Prag und Königinhof gingen, in der neuen preußischen Zeitung veröffentlicht:

"Marklissa, 5.10.1866. Dank!

Auf den Aufruf der Unterzeichneten an die Bewohner von der Stadt Marklissa und Umgebung beim Beginn des nunmehr beendeten Krieges wurden die Unterzeichneten in den Stand gesetzt, 106 Hemden, 60 Paar Strümpfe, 25 Taschentücher, 37 Kopfkissen, 22 Bettlaken, 14 Bettbezüge, 77 Paar Fußlappen, 1610 Ellen leinene Binden, 535 wollene Binden, 141 Ellen Gipsbinden, 43 ½ Pfund Gittercharpie, 1 ½ Pfund Plumasseaux, 34 Mitellen, 540 Kompressen, 8 Armkissen, 1 Tafel Watte, 1 Tischtuch, 4 Schwämme, 2 Scheeren, 325 Zigarren, 1 Tüte Brustkaramellen, 1 ½ Pfund Zucker, 10 Pfund Backobst, von den eingesammelten 72 Thalern, 21 Silbergroschen, 11 Pfennigen, beziehungsweise eingegangenen alten Wäsche anzufertigen und die genannten Gegenstände zu Händen der Lazarette zu Trautenau, Aschaffenburg, Brünn, Prag und Königinhof entsenden zu können.

Da mit der Verkündung des Friedens der unterzeichneten Mission erlischt, so können dieselben nicht umhin, allen freundlichen Gebern oder Geberinnen für die eingelieferten Gaben sowie das geschenkte Vertrauen, ferner allen jungen Mädchen, die so fleißig und zum Teil mit persönlichen Opfern bei der Instandsetzung der Sachen so hilfreiche Hand geleistet haben, hiermit öffentlich zu danken.

Marklissa, 05.10.1866
Baronin Hedwig von Galléra geb. von Delitz, Louise Jaeschke"

Erklärend sei hinzu gefügt, das "Mitellen" Tragetücher für den verwundeten Arm (Dreiecktuch), die um den Nacken geschlungen werden, sind; Tücher dieser Art werden in manchen Fällen für die Verwundeten erforderlich gewesen sein.


Eine Prunkuhr als Geschenk für den König von Preußen

Um seinen Patriotismus öffentlich zu zeigen, und damit Achtung unter den Mitmenschen zu erzeugen, war es nach solchen Kriegen, das Einzelne punkhafte Geschenke an den Landesherrn oder König öffentlich schenkten. Von so einer Schenkung berichtete die neue preußische Zeitung am Sonntag den 04.11.1866:

"Breslau, 30.10.1866. Der hiesige Kaufmann Moritz Zettel het seiner Majestät dem König als ein `Zeichen der Zeit´ eine Uhr ehrfurchtsvoll dediktiert, welche nach der Idee des Gebers in dem Atelier der Gebrüder Sommé hier angefertigt wurde. Dieses Kustwerk stellte auf einen auf vier Säulen ruhenden römischen Triumphbogen dar, der – nach der Zeichnung des Kreisbaumeisters Lüdicke – aus Ebenholz und Silber konstruiert und so recht sinnig die preußischen Farben repräsentiert. Im Vordergrund ruht auf einem Postament die Silberbüste seiner Majestät des Königs, einem Lorbeerkranz auf dem Haupte, während an der schließenden Rückwand das Medaillons-Portraits Friedrich des Großen angebracht ist, unter welchem sich auf der silbernen Tafel der Spruch findet, den mit prophetischen Sinne König Friedrichs Wilhelm I. anwendete `EXORIARE ALIQUIS NOSTRIS EX OSSIBUS ULTOR´ Embleme, zwischen den Säulen angebracht, zieren das Kunstwerk, ein silberner Lorbeerkranz umgibt das Zifferblatt der Uhr. Über den Ganzen ruht der preußische Adler und deckt mit seinen Schwingen die Namen: Königgrätz, Sadowa, Chlum. –

Die Uhr ist von seiner Majestät dem König huldreichst angenommen und dem Geber durch den geheimen Kabinettsrat von Mühler der Dank seiner Majestät ausgesprochen worden."


Aussage des preußischen Generalstabschefs

Der damalige preußische Generalstabschef Helmut von Moltke (1800 – 1891), gab zu einen wesentlich späteren Zeitpunkt folgende Aussage von sich, über die Hintergründe dieses Krieges:

"Der Krieg von 1866 war nicht Notwehr gegen die Bedrohung der eigenen Existenz entsprungen, auch nicht hervorgerufen durch die öffentliche Meinung und die Stimme des Volkes. Es war ein Kabinett als notwendig erkannter, längst beabsichtigter und ruhiger vorbereiteter Kampf, nicht um Landerwerb, Gebietserweiterung oder materiellen Gewinn, sonder für ein idelles Gut – für Machterhaltung."


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