Der Geschwisterkrieg

Gründe und Ausgang des preußisch – österreichischen Bruderkriegs 1866

von Reiner Tannhäuser, Verden


Teil 4 / Fortsetzung


Nachrichten vom Kriegsgeschehen in Liebau Landkreis Landeshut

Am 01.07.1866 erschienen folgende Meldungen aus Liebau:

"Liebau, 27.06.1866. Seit heute morgen 6 Uhr bei Trautenau harter Kampf bis Mittag, um welche Zeit die Preußen die Vorteile errungen hatten. Es sind bereits viele Opfer gefallen, von denen mehrere – unter andern ein Major und mehrere Leutnants – hier eingebracht worden sind. Österreicher sollen in Massen das Schlachtfeld bedecken. Unsere Truppen sind tief entrüstet über den Empfang, der ihnen in Trautenau bereitet wurde. Aus den Fenstern und vom Turm herab wurden sie mit Schüssen empfangen, und zwar trugen diese Schützen bürgerliche Kleidung. Man erzählt dem Bürgermeister sei die Pistole auf die Brust gesetzt worden, worauf er die Erklärung abgegeben habe, die Schützen seien verkleidete Soldaten gewesen, ein Märchen woran niemand glaubt.

Nachschrift: Gewaltiger Kampf bei Trautenau. Noch ist nichts entschieden. Unsere Truppen sind ¼ Meile vorangegangen. Das Gefecht steht. Allgemein heißt es: Gablenz kommandiere und Benedek sein in unmittelbarer Nähe."

Die Libauer erlebten was sich abspielte, sie sahen die Leichen, und so mancher hat um seinen Angehörigen gebangt, welcher im Militärdienst stand.

"Liebau, 27.06.1866, Abends 9 Uhr. Heute früh um 3 Uhr rückten unsere Truppen aus ihren Biwaks bei Liebau und Königshan über Goldenöse, ferner die aus der Gegend bei Schömberg über Liebenau, Adersbach, Qualisch, Petersdorf, Paschnitz; diejenigen, die um Neurode usw. gestanden haben, müssen über Braunau, Politz, Weckelsdorf, ein Teil von hier über Bischofstein, Dreiborn, Wernersdorf, Radowenz, Qualisch, ein anderer Teil über Weckelsdorf, Adersbach, Qualisch und Trautenau marschiert sein. Faktum ist, daß ein unausgesetztes Kanonenfeuer von früh 10 ½ Uhr bis Abends 5 ½ Uhr in der Richtung Trautenau gehört ist, daß ich – der Schreiber dieser Zeilen – dasselbe anhaltend gehört habe.

Erzählt wird ferner, daß zwei Schwadronen der litauischen Dragoner durch die Stadt Trautenau geritten sind, ohne das ein österreichischer Soldat sichtbar gewesen ist. In Trautenau selbst sei den preußischen Dragoner mitgeteilt worden sein, daß die Umgebung kein Militär stehe. Als darauf diese zwei Schwadronen preußische Dragoner in der Richtung nach Pilnikau weiter vorrückten, wurden sie von 6 Schwadronen österreichischer Kavallerie umzingelt und mußten sich durch Trautenau zurückziehen. Während dieses Rückzugs durch die Stadt soll von den Bürgern aus den Fenstern der Häuser auf sie geschossen wurden sein und als Folge dessen wurde die Stadt von der preußischen Artillerie beschossen und der Kampf drehte sich um die Stadt Trautenau.

Von anderer Seite wird erzählt, daß die Preußen ruhig durch Trautenau durchmarschiert seien und erst in der Gegend von Pilnikau angegriffen wurden. Aus zuverlässiger Quelle habe ich gehört, daß die Verluste auf beiden Seiten doch bedeutend sind, daß sie jedoch auf österreichischer Seite um das Doppelte mehr betragen, als auf preußischer Seite, daß sich aber unsere Truppen musterhaft geschlagen und einen Mut und eine Ruhe bewahren, die bewunderungswürdig sind."

Nun eine etwas andere Sichtweise aus Freiburg in Schlesien:

"Freiburg in Schlesien, 28.06.1866. Abends 10 Uhr. Preußische Verwundete und Verbrühte treffen aus Trautenau hier ein. Die Pflege ist sorgfältig, die Privatmildtätigkeiten sehr reichlich. Der Provinzial Zeitung für Schlesien schreibt man: Es laufen schaudererregende Nachrichten von dem Vandalismus der Bürger Trautenaus gegen unsere Truppen ein. Als diese die preußische Fahne auf dem Turm bringen wollten, wurde von oben heißes Wasser gegossen und Steine geworfen. Auf dem Turm befand sich unter Andern der Bürgermeister nvon Trautenau, welcher die Übeltaten leitete. Ebenso ist aus den Straßenhäuser kochendes Wasser und Pech auf unsere Truppen gegossen worden. Der Bürgermeister und viele hervorragende Persönlichkeiten, welche sich an dem Greuel beteiligten wurden gefangen genommen, gebunden und nach Preußen geschickt. Der gerechten Strafe werden sie nicht entgehen."

Des weiteren wird aus Neurode berichtet:

"Neurode, 28.06.1866. Morgens 7 Uhr. Die Preußen haben sich bei Liebau hervorragend geschlagen und den an Zahl überlegenden Feind überall zurückgeschlagen. Engagiert waren von unseren Truppen dem Vernehmen nach das 1. und 47. Infanterie Regiment. Jäger Ulanen, sowie eine Batterie vom ersten Armeekorps."

Die Distanz zwischen Liebau und dem böhmischen Trautenau, ist und war damals nur ein kurzer Katzensprung. Des weiteren hieß es in der Meldung:

"Man kann aus den vorstehenden Berichten kein klares Bild über die Vorgänge von Trautenau am Mittwoch den 27. Juni, gewinnen. Nach den offiziellen Mitteilungen stand das österreichische Gablenz´sche Korps an diesem Tag einem preußischen Lager bei Liebau gegenüber, und weiter wurde gemeldet, das preußische Korps, welches gegen Trautenau vorgegangen, wäre auf überlegene feindliche Kräfte gestoßen und hätte sich in der Stellung – östlich von Goldenölse, also nördlich von Trautenau – behauptet. Verstehen wir dies richtig, so hätte Gablenz sich dem Korps, welches in der Senkung zwischen den Riesen- und den Überschaargebirge, auf dem Bober- nach dem Aupathale zu, den Einmarsch nach Böhmen zu beabsichtigen schien, mit gesamter Kraft entgegen geworfen, und an diesem Tag wäre es noch nicht gelungen, seinen Widerstand zu brechen und den weiteren Vormarsch zu bewerkstelligen. Tags darauf – also am Donnerstag, dem 28. Juni – griff nun das Gardekorps, welches links neben dem von Liebau aus Böhmen einmarschierenden Korps das Braunauer Gebiet schon besetzt hatte, zwischen Trautenau und Eypel, also südöstlich von Trautenau, das Korps des Feldmarschall Leutnant Gablenz an und schlug es, wie schon bekannt, vollständig."


Ehrentag der preußische Armee, 28.6.1866

Die Zeitung vom 01.07.1866 erschien mit viel Jubelgeschrei:

"Tannhausen, 29.06.1866. Bei dem Treffen bei Trautenau dürfte der österreichischen Armee der Beweis geliefert sein, daß die Methode des Angriffs mit Bajonetten nicht unbedingt anwendbar ist. Die Österreicher griffen dreimal im Sturm an, doch unsere Soldaten standen wie die Mauern, und die Angreifenden fielen durch den sicheren und ruhigen Gebrauch unserer Schußwaffen in ganzen Reihen übereinander, so das die Toten förmlich eine Barrikade bildeten. Dann zogen sich die Österreicher bis hinter Josephstadt  zurück, wohin sie von unseren Truppen verfolgt wurden. Der Anblick des Schlachtfeldes und der niedergeschossenen Stadt Trautenau ist ein erschütternder. Für die preußische Armee ist jedoch der 28.06.1866 ein neuer Ehrentag. Die Zahl der gefangenen Österreicher ist groß."

Folgende Meldungen zu den gefangenen Österreicher:

"Trautenau, Freitag 29.06.1866 Nachmittags. Von hier werden 3000 gefangene Österreicher, von Nachod etwa 5000 nach Posen dirigiert. Aus Posen wird gemeldet, daß sie dort wegen Mangels an Raum nicht bleiben, sondern nach Königsberg gebracht werden."

"Reinerz, Freitag 29.06.1866. Nach glaubwürdigen Nachrichten beträgt die Zahl der in den beiden Gefechten gefangenen Österreicher über 8000 Mann. – Seine königliche Hoheit der Kronprinz, welcher sich bis zum Ende des Gefechts auf dem Schlachtfeld befand, wurde, als derselbe den Soldaten für die bewiesene Tapferkeit dankte, von den Truppen mit endlosen Jubel begrüßt."


Siegesfeier in Berlin

Der Ausgang des Gefechtes bei Trautenau, die Vernichtung des Korps Gablenz, war ein großer Sieg und für die Bewohner Berlins ein Tag des Siegestaumels. Als der Ministerpräsident Bismarck, der beim König zum Rapport war, den königlichen Palast verlassen wollte, "warf sich das Volk auf Wagen und Pferd und wollte das Letztere ausspannen und den Wagen des Grafen im Triumph durch die Linden ziehen. Nur mit der größten Mühe gelang es zwei Stabsoffizieren, das Pferd zu befreien unter der Versicherung die höchste Eile hatte.

An mehreren Punkten unter der Allee, an der Ecke der Behren- und Friedrichstraße und an anderen Orten waren rasch Tische aufgestellt, auf denen eine Glückwunschadresse an seine Majestät den König zu den glänzenden Erfolgen mit den Sehenswünschen der Bürger für die bevorstehende Reise zur Armee ausgelegt war. Bis Mittag 1 Uhr waren die Adressen mit mehr als 20000 Unterschriften bedeckt."

Später kam es zu einer Aushändigung dieser Unterschriften im Palast:

"Während eine Anzahl Bürger in den Palast traten um die Erlaubnis bitten ließen, die Adresse der versammelten Volksmenge seiner Majestät überreichen zu dürfen, stimmte das Volk unter Begleitung zweier Musikchöre den Coral: `Ein fester Burg, ist unser Gott´ an, der noch fortklang, während die Eingetretenen – etwa 40 Personen – in den großen Saal des ersten Stockwerkes vor seine Majestät den König berufen wurden.

Der König in Kavallerie-Uniform empfing die schnell einen Halbkreis Bildenden sofort mit dem Worten: `Ich freue mich, daß sie noch kommen, mir vor meiner Abreise in solcher in solcher Weise Lebewohl zu sagen. Ich weiß, das sie mir die Gesinnung der ganzen Menge überbringen.´

Nachdem vor König Wilhelm die Adresse verlesen wurde und nachdem man dreimal `Es lebe der König´ gerufen hatte, ergriff der König noch einmal das Wort:

`Nicht von den ersten glücklichen Erfolgen sich allzu sehr hinreißen zu lassen, schwere Opfer ständen uns noch bevor, ein vielleicht langer und blutiger Krieg, der nur durch des Allmächtigen Gnade glücklich für unsere Waffen enden möge und der von ihm erst nach langem Zögern begonnen sei, um endlich den seit fünfzig Jahren unerträglichen Zustand für Deutschland zu einem besseren zu gestalten, nicht zu einem einzigen Deutschland. Preußen habe fünfzig Jahre die Segnungen und Stärkungen des Friedens gehabt; er dürfe hoffen, daß es die allerdings schweren Opfer werde tragen können, um ein glückliches und würdiges Ziel zu erreichen. Mit Gottes Hilfe, mit der sich so tapfer bewährten Armee und mit der Treue des Volkes werde Preußen gewiß seine Feinde besiegen. Auf diese Treue baue er fest und Gott möge alles zu einem glücklichen Ende führen.´

Der König entließ daraufhin die Deputation und trat hinaus auf den Balkon, wo eine unübersehbare Menschenmenge wartete:

Die Hüte flogen von den Köpfen – Tausende und aber Tausende entblößte Häupter richteten ihre Augen hinauf  zu den Balkon, wo der königliche Herr mit tief bewegter Stimme etwa Folgendes sprach:

`Habt Dank, habt Dank für euren Jubelruf, den nehme ich mit zur Armee. Mit Gottes Hilfe haben wir den ersten Sieg errungen, es steht uns noch vieles bevor. Harret aus denkt an den Wahlspruch: Mit Gott für König und Vaterland! Ein Hoch auf die Armee.´

Die versammelte Menge zog sodann vom Palast des Königs nach dem Palast  des Kronprinzen, wo dem "Besieger des Korps Gablenz" ein donnerndes dreifaches Hurrah gebracht wurde:

Unter den Klängen des Düppelmarsches, begleitet von dem Blitz und Donner eines heraufziehenden Gewitters, bewegte sich der Zug durch die Jägerstraße nach dem Palast seiner königlichen Hoheit des Prinzen Carl, höchstdessen Geburtstag heute mit dem Jahrestag des Sieges von Alsen gefeiert wurde und betrachtete im vorüber ziehen dem Prinzen und seinem ruhmreichen Sohn – Prinzen Friedrich Carl – Hurrah und Tusch, worauf die ganze Volksmenge sich vor dem Hotel des Herrn Ministerpräsidenten aufstellte."

Zu diesem Zeitpunkt war der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck, der preußische Ministerpräsident:

"Während die Musik das Preußenlied* spielte, erschien Graf von Bismarck mit seiner Gemahlin am Fenster, von einem enthusiastischen Hoch begrüßt, worauf einer der Bürger dem großen Staatsmann Preußens, dem tapferen General auf dem Feld der Diplomatie, ein dreimaliges Hoch brachte, das von der unzähligen Menge, die bis über den Wilhelmplatz stand wiederholt wurde.

Graf Bismarck redete mit seiner kräftigen Stimme hierauf die Menge an, er erinnerte sie, mit welcher Demut vor Gott seine Majestät der König so lange gezögert, den Krieg zu beginnen, daß er es nur im Vertrauen auf des allmächtigen Schutz getan, das unsere Bürger und Landeskinder ihr Blut jetzt auf dem Schlachtfeld für den König und Vaterland opferten und das es vor allem Sache der Zurückgebliebenen sei, ein offenes Herz und eine offene Hand für die hinterlassenen Familien, für die Witwen und Waisen unserer Tapferen zu haben. Die Ehre, der Ruf der hier versammelten Menge gebühre nicht ihm, sondern unserm König und Herrn, der seit langem die jetzt so glänzend bewiesene Wehrtüchtigkeit unserer Armee vorbereitet habe – ein Hoch auf dem König und der Armee – in diesem Augenblick rollte ein starker Donnerschlag über die Häupter der Menge –, der Himmel schießt seinem Salut dazu!

Zum Schluß zogen die jubelnden Berliner auch noch nach dem Kriegsministerium, wo der preußische Kriegsminister Albrecht Graf von Roon seinen Amtssitz hatte, wo dem Mann, der `seiner Majestät dem König so treulich unsere Wehrkraft, die preußische Armee bilden half´, gleichfalls ein dreifaches Hoch gebracht wurde.

Der Kriegsminister dankte am offenen Fenster in herzlichen Worten dem Volk und verwies alle Ehre auf dem königlichen Kriegsherrn und die Armee. Nachdem die Menge die Nationalhymne gesungen, löste sich hier der Zug auf, der – ein Moment der preußischen Geschichte – gewiß all´ den Tausenden, die daran Teil nahmen, ihr Leben lang im Gedächtnis bleiben wird."


*Preußenlied

Das Preußenlied war die von Preußen. Es besteht aus sieben Strophen. Der Dortmunder Gymnasialdirektor Bernhard Thiersch (1793 – 1855) schrieb 1830 in Halberstadt die ersten sechs Strophen als Geschenk zum Geburtstag des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III. (Preußen). Die Komposition lieferte 1832 der königliche Musikdirektor des zweiten Garde-Grenadier-Regimentes Heinrich August Neithard (1793 – 1861). Th. Schneider ergänzte 1851 die 7. Strophe. Dieses Preußenlied löste die frühere preussische Nationalhymne ab.

Heute (2004) ist das Preußenlied besonders in rechtskonservativen bis rechtsextremen Bewegungen und bei Vertriebenenverbänden Ostpreußens beliebt.

Text

Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben?
Die Fahne schwebt mir weiß und schwarz voran!
Daß für die Freiheit meine Väter starben,
Das deuten, merkt es, meine Farben an.
Nie werd´ ich bang verzagen,
Wie jene will ich´s wagen
|: Sei´s trüber Tag, sei's heitrer Sonnenschein,
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein! :|

Mit Lieb´ und Treue nah´ ich mich dem Throne,
Von welchem mild zu mir ein Vater spricht;
Und wie der Vater treu mit seinem Sohne,
So steh´ ich treu mit ihm und wanke nicht.
Fest sind der Liebe Bande;
Heil meinem Vaterlande!
|: Des Königs Ruf dring in das Herz mir ein:
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein! :|

Nicht jeder Tag kann glühn im Sonnenlichte;
Ein Wölkchen und ein Schauer kommt zur Zeit;
Drum lese keiner mir es im Gesichte,
Daß nicht der Wünsche jeder mir gedeiht.
Wohl tauschten nah und ferne
Mit mir gar viele gerne;
|: Ihr Glück ist Trug und ihre Freiheit Schein:
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein! :|

Und wenn der böse Sturm mich wild umsauset,
Die Nacht entbrennet in des Blitzes Glut;
Hat´s doch schon ärger in der Welt gebrauset,
Und was nicht bebte, war der Preußen Mut.
Mag Fels und Eiche splittern,
Ich werde nicht erzittern;
|: Es stürm´ und krach´, es blitze wild darein!
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein! :|

Wo Lieb´ und Treu´ sich so den König weihen,
Wo Fürst und Volk sich reichen so die Hand,
Da muß des Volkes wahres Glück gedeihen,
Da blüht und wächst das schöne Vaterland.
So schwören wir auf´s neue
Dem König Lieb´ und Treue!
|: Fest sei der Bund! Ja schlaget mutig ein!
Wir sind ja Preußen, laßt uns Preußen sein. :|

Und wir, die wir am Ost- und Nordseestrande,
Als Wacht gestellt, gestählt von Wog´ und Wind,
Wir, die seit Düppeler Schanzen durch des Blutes Bande
An Preußens Thron und Volk gekettet sind,
Wir woll´n nicht rückwärts schauen,
Nein, vorwärts mit Vertrauen!
|: Wir rufen laut in alle Welt hinein:
Auch wir sind Preußen, wollen Preußen sein! :|

Des Preußen Stern soll weithin hell erglänzen,
Des Preußen Adler schweben wolkenan,
Des Preußen Fahne frischer Lorbeer kränzen,
Des Preußen Schwert zum Siege brechen Bahn.
Und hoch auf Preußens Throne
Im Glanz von Friedrichs Krone
|: Beherrsche uns ein König stark und mild,
Und jedes Preußen Brust sei ihm ein Schild! :|


Neue Nachrichten aus Liebau Kreis Landeshut

Am 03.07.1866 wurde unter der Rubrik, vom Kriegsschauplatz folgende Meldung veröffentlicht:

"Berlin, 01.07.1866. Nach neueren hier eingetroffenen Berichten aus Liebau sind am heutigen Tage die Ergebnisse der dreitägigen Schlacht des 5. Korps (von Steinmetz) noch bedeutend erheblicher, als bisher bekannt geworden. Am 27. Juni stand bekanntlich das bezeichnete preußische Korps im Kampf gegen die 6. Österreichische Korps Ramming. Der Oberbefehlshaber des letzteren hat in einem aufgefangenen Brief, welcher nach Josephstadt gerichtet war, an den General Feldzeugmeister Benedek die Bitte gerichtet, ihm zwei frische Brigaden zu schicken, unter anderen Schutz er biwakieren könne, und das Geständnis zugefügt, am folgenden Tag nicht schlagen zu können. Die Kämpfe des 5. Korps am 28. und 29. Juni gegen die Korps 8 (Erzherzog Leopold) und 4 (Festetics) sind noch viel größerer Bedeutung. Das 10. Österreichische Korps (Gablenz) ist in den Waffengängen mit der preußischen Garde völlig aufgelöst worden. Neben den Verlusten an Mannschaften (im Ganzen 20000 bis 28000 Mann) büßte der Feind 20 Geschütze, 5 Fahnen und 2 Standarten ein."


Trautenau aus Sicht eines preußischen Kriegsteilnehmers

In der Leipziger Allgemeinen Zeitung vom 06.07.1866 wurde der Brief eines preußischen einjährigen vom Gardefüselierregimentes an seinen Bruder über die Geschehnisse von Trautenau berichtet:

"Trautenau, Sonnabends 30.06.1866 Nachmittags.

Unser Regiment mit den Jägern und den Füselierbataillon des 2. und 1. Garderegiments, bildete die Advantgarde und hatte die Aufgabe, den Sturn des Feindes so lange gerade zu halten, bis das Gros der Gardekorps uns erreicht haben würde. Das Abendmahl ward uns gegeben, wir hatten mit dem Leben vollständig abgeschlossen.

Wir marschierten über die Grenze nach Braunau, dort trafen wir die ersten Gefallenen: einen toten Offizier und zwei Verwundete.

Von dort ging es nach Wernersdorf, wo wir übernachteten. Am Morgen gegen 3 ¼ Uhr marschierten wir von dort weg, und kamen des Mittags 1 Uhr ins Biwak, wo wir fünf Stunden Ruhe haben sollten. Auf den blühensten Gefilden, in der üppigsten Vegetation breiteten wir das Lager aus, holten Kühe und Hammel aus dem nächsten Dörfern, requirirten Brot und waren schon lustig mit Zubereitung des Essens beschäftigt, als wir plötzlich von der unserer rechten Flanke her Kanonendonner vernahmen. Sofort wurde das Lager abgebrochen und mit leeren Magen weiter marschiert.

Die Hitze war furchtbar. Der Kanonendonner wurde stärker, wir machten Eilmarsch und trafen schon aus dem Gefecht kommende Truppen des 1. Armeekorps welche uns sagten, es gehe brilliant, Trautenau sei schon genommen.

Wir waren bereits zwei meilen in 1 ½ Stunden marschiert; unter anderen Verhältnissen wäre das halbe Bataillon gestürzt, aber die Aufregung und die Kampflust, die Hoffnung einen günstigen Abschluß des Gefechtes herbeiführen zu können, hielten uns aufrecht. So kamen wir um 4 Uhr auf das Schlachtfeld und zwar im Rücken der aufgestellten Reserve des 1. Korps. Hier wurde plötzlich eine Flankenbewegung gemacht, um den Feind abzuschneiden, doch verloren haben wir dabei soviel Zeit, daß die Österreicher sich schon zurückgezogen hatten, bevor wir noch tätig eingreifen konnten. Wir rückten weiter.

Von jetzt an war unser Marsch ein Schleichen. Wir waren 12 Stunden unterwegs. Es mußte aber sein. So ging es bis 9 Uhr Abends, wo wir in ein elendes Dorf kamen. Die paar Hühner, die umher liefen, wurden für die Offiziere genommen, wir darauf angewiesen mit Güte oder auch mit Gewalt zu nehmen, was man fand. Ich begnügte mich etwas mit Mehlsuppe und einigen Kartoffeln, was ich auch bezahlte.

Es ist nicht möglich, das Elend der Bauern zu beschreiben; wohin wir kommen, wird ihnen das Vieh genommen, das Haus durchsucht; die blühenden Felder, die Aussicht für ihre Zukunft, sind vollständig vernichtet. Die Wohlhabenden sind heute Bettler und schon oft sind die Leute zu uns gekommen und haben um trockenes Brot gebettelt. Wo wir so die Armut vor Augen haben, da sind wir mitleidig und teilen mit den Feinden, wo jedoch Weinkeller und gute Naturalverpflegung zu finden, da requiriren die Offiziere selbst mit dem Gewehr im Arm, wenn die Leute nicht gutwillig geben wollen.

Abends 11 Uhr, nachdem wir kaum eine dreiviertel Stunde geschlafen, wurden wir abermals alarmiert, um den Feind in der Nacht aufzusuchen. Es war die dritte schlaflose Nacht und der siebte Marschtag! Wir lagerten aber bald wieder, um neue Kräfte zu sammeln, und schliefen bis 4 Uhr, wo gerade die Sonne über den blutigsten Tag des bisherigen Feldzuges aufging.

Um 6 Uhr marschierten wir fort und auf dem Marsch hörten wir von den Gardehusaren, daß hinter den Bergen der Feind stehe. Wir waren sehr ruhig und marschierten geschlossen ihm entgegen, zu unserer Rechten das 2. und 3. Bataillon unseres Regimentes und noch 2 Füselierbataillone, vor uns nur 6 Kanonen. Die Österreicher eröffneten ihr Feuer mit Granaten aus solcher Entfernung, daß wir weder Soldaten noch Kanonen sehen konnten, unsere Artillerie erwiederte den ersten Schuß, wurde jedoch sofort von einem Granatregen begrüßt, daß sie schnell ihre Stellung aufgeben mußten.

Wir hatten 12 gegen 64 Geschütze. Jetzt gingen wir vor, stellten uns hinter die Häuser des Dorfes oder legten uns vielmehr dort hin, sofort ertönte das Pfeiffen der Vollkugeln in der Luft, wir bückten uns wo möglich noch mehr, sie waren alle zu hoch, nur die letzte ging hart an unserer Sektion vorbei, schlug 12 Schritt von uns in die Erde und bewarf uns mit dichten Schmutz.

Jetzt hieß es, wieder Stellung verlegen, aber unter Kugelregen. Unsere Artillerie beantwortete brilliant das Geschützfeuer. Wir waren durch das Dorf gegangen, welches schon anfing zu brennen, eilten schnell in einen uns gegenüberliegenden Wald, und legten uns dort hinter die Bäume. Die schweren Kugeln wüteten barbarisch in den Zweigen, doch hatten wir bis dahin keine Verluste. Jetzt aber begannen diese! Wir waren durch den Wald gegangen und mußten über ein 1000 Schritt breites Kornfeld, so eröffneten sie ein Schnellfeuer von Granaten, sobald sich unsere Spitzen blicken ließen, von dem der erste Schuß sofort die ersten 6 Leute der Kompagnie niederriß. Ich sah sie in die Knie niedersinken, die Hände vor das Gesicht, so ins Gras beissen. Doch jetzt hieß es: die Beine in die Hand nehmen. Das Feuer wurde schneller, das Pfeifen und Schwirren in der Luft dichter, doch gingen die meister Kugeln zu hoch.

So kamen wir in den zweiten Wald, unser Feldwebel, ein paar Unteroffiziere und viele Leute waren gefallen. Wir standen wiederum im Feuer der Geschütze; doch bei meiner Ehre kann ich Dir die Versicherung geben, daß bei dem schweren Donner, bei dem Anblich der massen Toten und Verwundeten ich die Ruhe keinen Augenblick verlor; mein Herz wurde erst stürmisch voll Kampfeslust, als der Oberstleutnant zu unserm Hauptmann kam mit dem Befehl: Die 4. Kompagnie habe den Rand des nächsten Waldes mit dem Bajonett zu nehmen. Bei dem Kommando: "Seitengewehr pflanzt auf!" dachte ich noch einmal an Euch, meine Geliebten, und unter donnernden Hurrahs stürzten wir uns auf den Feind. Wir kamen in den Bereich des kleinen Gewehrfeuers, vermischt mit dem schweren Geschütz; so waren wir in ziemlicher Hitze. Die Österreicher hielten nicht stand; wir trafen schon Verwundete von ihnen, die sie zurücklassen mußten; wir nahmen sie sofort mit uns. In diesem Augenblick wurde einer der Unserigen von einer Kugel niedergestreckt und mit den Worten: "O, meine Mutter!" sank er nieder.

Wir waren im Besitz des Waldrandes; hier war die Gefahr am größten, starke Äste prasselten auf uns hernieder und in den dichten Bäumen schlugen die Kugeln hageldicht ein. Die Österreicher waren gewichen; nur noch ein großer Wald war zu nehmen. Wir mußten wieder ca. 1000 Schritt laufen, mit den Bajonett und ohne Schuß den Feind werfen.

Der General von Alvensleben an der Spitze, alle Offiziere an der Téte die blitzenden Bajonette zum Sturm von der Seite, alle Bataillone ausgeschwärmt, so weit das Auge reichte nur ein Feld von Soldaten, ging es ohne Schuß drauf.

Ich selbst lief neben unserem Führer, Obersten von Obernitz, der zu Pferde jetzt die 1. Gardeinfanterie Divison kommandierte; er war hoch erfreut und rief: "Tapfere, brave Füseliere, so habe ich euch mir gedacht! Hurrah, Hurrah!"

Dazu das Sturmschlagen der Trommeln und trotz des Flankenfeuers der Geschütze und des kleinen Gewehrfeuers wurde die Position mit Bravour genommen. Die Österreicher flohen und liefen was sie konnten. Wir waren jetzt drei Stunden in heftigsten Feuer, ohne Unterstützung, und trotzdem hatten wir glänzend gesiegt.

General Hiller von Gärtringen sprach unter Tränen seine Freude aus, daß er uns noch hätte sehen können und das er diesem Waffenruhm noch erlebt hätte. Weiter konnte er nichts hervorbringen; wir sollten nur jetzt aufhören und den Grenadieren der Garde auch etwas überlassen. Wir waren ermattet bis zum Tode, drangen aber trotzdem weiter vor, bis gegen 3 Uhr das Feuer nachließ und wir uns sammelten. Es fehlten der Unserigen sehr viele. Wir bewunderten die furchtbare Ruhe und das sichere Kommando unserer Offiziere, die sich nirgends geschont hatten. Wir hatten sehr viele Gefangene und 2 Kanonen genommen; 250 Mann mit 8 Offizieren kamen als Gefangene in unser Lager. Unser Regiment marschiert von hier auf Josephstadt zu."


Trautenau aus Sicht eines österreichischen Kriegsteilnehmers

Nun die Tagebuchaufzeichnung des Kriegsteilnehmers Clemens von Gadolla (*1847 in Thurn bei Cilli, damals Gymnasiast), welcher am 18.06.1866 als Kadett in das österreichische 3. Linien Infanterieregiment Erbherzog Karl eintratt, später schlug der Verfasser die Offizierslaufbahn ein und brachte es zum Dienstgrad eines Rittmeisters – dieses entspricht heute den Dienstgrad eines Hauptmanns.

"Am 27. Juni um 5 Uhr früh wurden wir alarmiert. Vor dem Abmarsch spielte die Kapelle Köners `Gebet vor der Schlacht´ von Karl Theodor Körner (1791 – 1813). Wir hörten die ersten Kanonenschüsse, ferne, dumpf; eine ungemein feierliche Stimmung bemächtigte sich aller, der Morgen war prachtvoll, gegen Mittag wurde es unerträglich heiß. Durch Anstrengung, Hitze und Staub entkräftet, fielen viele auf der Straße zusammen und konnten trotz aller Drohungen und Strafen nicht bewogen werden fortzumarschieren. (Daneben eine mit Bleistift geschriebene Anmerkung: 25 Tote, 156 verwundete, 74 vermisst, Summe 255).

Diese machten auf mich den unangehmsten Eindruck, denn, die Anstrengungen nicht gewohnt, konnte ich wissen, ob mir auch nicht solches geschehe? Erschöpfung und Durst waren bei mir schon auf das Höchste gestiegen, da brachte mir ein Mann meines Zuges eine Feldflasche voll Wasser. Um 2 Uhr mittags machten wir auf einer Wiese `Halt´ legten die Tornister ab und marschierten im Schnellschritt über eine vor uns liegende Anhöhe. Von hier aus sahen wir in noch ziehmlich großer Entfernung heftige Rauchwolken – es war Pulverdampf, der ein Schlachtfeld bei ruhigen Wetter so weit sichtbar macht. Auf der Straße fuhren unzählige Munitionswagen, Geschütze etc. zum Schlachtfeld, von denselben wurden die Verwundeten transportiert. Um 3 Uhr Nachmittag langten wir am Fuße des Johannesbergs an; hier wurden uns einige Minuten Rast gegönnt. Ein Bach fließt von der bewaldeten Anhöhe herunter, begierig tranken wir das ziehmlich warme Wasser, obwohl es durch Blut und Staub ganz trüb war.

Herr Oberst Pehm hielt eine kurze Ansprache, in der er uns ermahnte, tapfer zu sein und den Feind so schnell als möglich mit dem Bajonett anzugreifen, um ihm nicht zu lange von seiner überlegenen Feuerwaffe – dem Zündnadelgewehr – Gebrauch machen zu lassen, wir hatten noch Vorderladergewehre.

Sodann kommandierte er `Auf´ und mit `Hurrah´ stürmten wir im Laufschritt gegen die bewaldete Anhöhe des Johannesberges (Anmerkung: Brigade Knebel, X. Armeekorps unter Gablenz). Aber die Preußen gaben aus ihrer gedeckten Stellung auf uns ein mörderisches Schnellfeuer ab. Im Zeitraum von wenigen Minuten verlohren wir cirka 300 Mann. Unser Oberst fiel von sieben, der Oberstleutnant von fünf Kugeln durchbohrt vom Pferd. Aber nichts vermochte uns aufzuhalten, wir erstürmten die bewaldete Kuppe, die Stadt und verfolgten den Feind eine halbe Meile weit. Die Stadt hatte furchtbar gelitten, auch wurden einige Bewohner der Stadt getötet. Trautenau wurde nämlich nicht von den Bewohner verlassen. Hier machten wir mehrere Gefangene.

Unterdessen war die Nacht hereingebrochen und machte der Verfolgung ein Ende. Wir campierten auf der nördlich von Trautenau gelegenen Anhöhe. Mit ungeheuren Jubel wurden die uns zugeteilten Windischgrätz Dragoner Nr. 14 empfangen. Wir wurden von den Bewohnern Trautenaus möglichst gut mit Proviant versehen. Kaffee fanden wir in den Tornistern der toten Preußen.

Am 28. Juni früh wurden wir durch Kanonendonner aus dem Schlaf geweckt. Es wurde das Gefecht vor Neu Rognitz und Rudersdorf geliefert. Bei diesem Gefecht waren wir jedoch sehr wenig tätig, einige Hohlgeschosse (Sprenggeschosse gegen Infanterie und Kavallerie) die sich zu uns verirrten und von unserer Artillerie erwidert wurden, bildeten den ganzen Anteil an dem Gefecht. Da die nun folgenden Gefechte ungünstig ausfielen, so zogen wir uns westlich zurück. Alle Orte waren verlassen, alles flüchtete aus Furcht vor dem Feind. Die Armee konzentriete sich bei Königgrätz. (Daneben eine mit Bleistift geschriebene Anmerkung: 11 Tote, 59 verwundet, 40 vermisst, Summe: 110.)"

Zur Vervollständigung an Informationen und um zu verstehen mit welchen Gefühlen man damals in eine Schlacht ging, das von Karl Theodor Körner geschriebene Lied:

Gebet vor der Schlacht

Vater, ich rufe Dich!
Brüllend umwölkt mich der Dampf der Geschütze,
Sprühend umzucken mich rasselnde Blicke.
Lenker der Schlachten, ich rufe dich!
Vater, du führe mich!
Vater, du führe mich!

Führ mich zum Siege, führ´ mich zum Tode:
Herr, ich erkenne deine Gebote;
Herr, wie du willst, so führe mich.
Gott, ich erkenne dich!
Gott, ich erkenne dich!

So im herbstlichen Rauschen der Blätter,
Als im Schlachtendonnerwetter,
Urquell der Gnade, erkann´ ich dich!
Vater du, segne mich!
Vater du, segne mich!

In deiner Hand befehl´ ich mein Leben,
Du kannst es nehmen, du hast es gegeben;
Zum Leben, zum Sterben segne mich!
Vater, ich preise dich!
Vater, ich preise dich!

`s ist ja kein Kampf für die Güter der Erde;
Das heiligste schützen wir mit dem Schwerte:
Drumm, fallend und siegend, preis´ ich dich,
Gott, dir ergeb ich mich!
Gott dir erge ich mich!

Wenn mich die Donner des Todes begrüßen,
Wenn meine Adern geöffnet fließen:
Dir, mein Gott, dir ergeb´ ich mich!
Vater ich rufe Dich!


Feldpostbrief aus Trautenau

Am 03.07.1866 wurde in der Zeitung ein Feldpostbrief von einem Teilnehmer der Kämpfe aus Trautenau veröffentlicht:

"Ich bin gesund ohne Verwundung davongekommen. Wir rückten gestern Nacht 2 Uhr aus, kamen um 10 ½ Uhr bei Trautenau in das Gefecht und blieben bis nach 8 Uhr Abends im Gefecht. Es war ein furchtbarer harter Kampf, indem die Österreicher nacheinander drei verschiedene Korps uns gegenüberstellten, während wir immer mit denselben Truppen des 1. Armeekorps im Gefecht bleiben mußten. Wie es heißt soll zunächst Benedek selbst kommandiert haben. Unsere Verluste sind bedeutend, wie dies unter den oben geführten einer so tüchtigen Armee, wie der Österreichischen gegenüber, nicht anders möglich ist und namentlich haben das 3. und 4. Infanterie Regiment, sowie auch das Littauische Dragoner Regiment große Verluste erlitten.

In Trautenau wurde aus den Fenstern von Bürgern auf uns geschossen und siedendes Wasser und Öl gegossen. Wir haben den Bürgermeister und 15 Leute aus der Stadt eingefangen, die mit den Waffen in der Hand angetroffen wurden. In Trautenau selbst war – als ich es später durchritt – keine Fensterscheibe ganz: Alles zerschlagen und zerschossen, die Stadt war nicht wiederzuerkennen, so fürchterlich hatte hier der Straßenkampf gewütet.

Das ich so unversehrt davongekommen bin, ist ein vollständiges Wunder. Der liebe Gott hat sichtlich über mir und den Leuten meines Zuges gewacht.

Abends um 6 Uhr bekam ich den Befehl, durch die Stadt zu gehen und jenseits zu recognoscieren. Es war etwa 700 Schritt jenseits der Stadt ein hoher Bergrücken, an dessen einem Ende ein Dorf in einem Tal lag. Nach der anderen Seite zog sich der Berg, soweit man sehen konnte. Ich bekam den Auftrag, mit meinen Zug schwärmend bis auf den Berg zu gehen, hinüber zu sehen und dann noch das links liegende Dorf abzusuchen. Derjenige, der etwas gesehen, sollte sofort kehrt machen und zurück melden. Ich ging nun im scharfen Galopp über die Ebene bis an den Berg, ohne das ein Schuß fiel. Sowie ich jedoch auf den Berg kam, hagelte es uns mit Kartätschen und Granaten entgegen, und ich sah, daß unmittelbar hinter dem Berg eine Batterie und Dragoner entgegen. Ich ritt mit Sergant F. zusammen und die erste Granate krepierte auf zehn Schritt von mir, dann gleich hinterher  etwa fünf Schritt weiter wieder eine, beide ohne uns zu beschädigen.

Nun kommandierte ich `Links um!´, und wie auf den Exerzerierplatz im größten Feuer gingen die Flankeurs nach dem Dorf hinunter. Hier – etwa fünfzig Schritt vor dem Dorf – überschlug sich mein Pferd, wahrscheinlich hat es sich vor einer dicht vor ihm einschlagenden Kugel erschreckt, und ich lag einen Moment unter dem Pferd. Sofort waren meine Leute bei der Hand und halfen mir, indem sie sagten: `Wo unser Leutnant bleibt, da bleiben wir auch.´ Mein Pferd war nicht beschädigt. Nun ging es an das Dorf heran, sowie wie aber zwischen den ersten Häusern waren, bekamen wir eine Salve von einer Flanke aufgestellten Kompagnie. Meinen Auftrag hatte ich nun vollständig erfüllt und kehrte deshalb nochmal durchs Geschützfeuer zurück.

Von meinen ganzen Zug ist kein Glied verletzt. Ein Mann stürzte beim Zurückgehen, lag unter dem Pferd und konnte sich – als die Dragoner uns verfolgten – nicht anders retten, als das er mit dem Säbel den Sattelgurt zerschnitt und auf dem bloßen Pferd nachkam. Ein anderer verlor die Lanze, hielt still und nahm mitten im dichsten Kartätschenfeuer die Lanze wieder auf. Eben ziehen vom 3. Infanterie Regiment wieder Leute nach vorn, Eine Kompagnie, die gestern bedeutenden Verlust erlitten, sang:

`Für den König zu sterben ist unsere Lust, das ist uns Preußen wohl bewußt!´

Ich gebe Dir die Versicherung: Die Tränen traten mir in die Augen. Als dieses Lied, von diesen Leuten singen hörte und dabei sah, mit welchem freudigen Ernste sie dem Feind entgegengingen.

Wir haben gestern zwanzig Stunden auf dem Pferd gesessen. Ich möchte mich gerne noch etwas mir Dir unterhalten, es tut mir so überaus wohl, aber ich bin es nicht imstande. Die uns gegebene Ruhe muß man zur Stärkung benutzen.

Lebe wohl!"

Die Kriegsfreudigkeit der Preußen war in diesen Tagen sehr groß, hierzu wurde am 03.07.1866 eine Notiz von Papa Wrangel veröffentlicht.

"Berlin, 02.07.1866. Der Feldmarschall Graf Wrangel ist vorgestern Abend als Freiwilliger zu seinem Regiment, dem ostpreußischen Kürassier Regiment Nr. 3 abgegangen."


Tote und Verwundete in der Schlacht Trautenau

Für den Sieg mußten die Preußen einen hohen Blutzoll zahlen, hierzu war am 03.07.1866 folgende Notiz veröffentlicht:

"Aus Reinerz ging uns folgendes Telegramm zu: Täglich kommen viele hundert Verwundete hier an und werden nach einem Verbinden weiter befördert. Obwohl 520 Betten vorhanden, so mangelt es an vielem. Wir bitten um Leinwandtücher, zwei Ellen breit, fünf Ellen lang, Schokolade, Zitronen, Wein, Essig, Kompot, sowie Ärzte und Krankenpfleger.

Prinz Biron
Etappen-Kommandant bei Reinerz"

Des weiteren wurde über den Tod eines bekannten preußischen Offiziers berichtet:

"Man schreibt uns: Unter den gefallenen Offizieren im Kampf bei Trautenau am 28. Juni (die Garden gegen Gablenz) befindet sich auch der Kommandeur des 2. Bataillons vom Kaiser Franz Regiment, Oberleutnant Friedrich von Gaudy, der sich schon 1848 in Schleswig und später bei der Verteidigung des Prümer Zeughauses ausgezeichnet hatte. Er war ein Halbbruder des bekannten Dichters Franz von Gaudy und selbst voll künstlerischer Begabung. Einige hübsche Soldatenlieder rühren von ihm her. Im gesellschaftlichen Verkehr von großer Liebenswürdigkeit und gewinnender Freiheit des Wesens, wird sein Tod in vielen Kreisen der Hauptstadt schmerzlich empfunden werden."


Vom Schlachtfeld bei Gitschin

Am 12.07.1866 wurde ein Artikel aus einer Kölner Zeitung im österreichischen Anzeiger für Hof und Garten veröffentlicht, welcher Klarheit über die Armee des Prinzen Friedrich Karl brachte:

"Ein der Kölner Zeitung mitgeteilter Privatbrief aus dem Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl, in Kaminecz bei Gitschin, 2. Juli, gibt ein Bild von den Strapazen und Entbehrungen der preußischen Truppen. Wir geben nachstehende im ursprünglichen Wortlaute:

Seit langer Zeit zum ersten Mal ein Ruhetag, dessen Mann und Pferd überaus bedürftig waren. Von einem derartigen Vorwärtsgehen bei furchtbarer Hitze, bei so tropischen Regengüssen, von einem so permanenten Biwak hat die Kriegsgeschichte nicht viele Beispiele.

Durch unser rasches Vorwärtsgehen, beim Zerstörtsein der Eisenbahnen, war es faktisch unmöglich, die Verpflegung regelmäßig zu schaffen; die natürliche Folge war nun das die Truppen nahmen, was sie fanden. Die kaiserlich königliche Armee hat Böhmen schon tüchtig ausgefressen, da war denn natürlich, daß wir die Reste unter uns teilten. Es sind dabei große Härten vorgekommen, Tränen sind geflossen wie Bäche, aber ändern ließ sich das nicht, es handelte sich um unsere Existenz.

Um dir einen Beweis zu geben, wie knapp alles war, sage ich nur, daß wir im prinzlichen Hauptquartier oft unsern Morgenkaffee ohne Milch, ohne Zucker genossen und dazu ein verschimmeltes Kommissbrotes ohne Butter aßen. Von dem Schlachtfeld bei Gitschin kann sich niemand eine Vorstellung machen.

Gestern verließen wir die Stadt. Am 29. hat man sich geschlagen, gestern hatte man noch nicht alle Verwundeten aufgelesen, die in der Tropensonne fast verschmachtet waren. Am furchtbarsten haben die Sachsen gelitten; sie legen ganz genau, wie sie im Gliede gestanden, zu Boden gestreckt. Alle Kirchen lagen voll Sterbender und Blessierter."


Königgrätz, 03.07.1866

Nun die Fortsetzung der Tagebuchaufzeichnungen  des Kriegsteilnehmers Clemens von Gadolla:

"Am 3. Juli wurden wir um 4 Uhr alarmiert. Zwei Kompanien, bei denen ich eingeteilt war, stellten sich hinterm Dorf zwischen Josefstadt und Königsgrätz auf, hinter uns die Batterie. Um 6 Uhr früh fingen die Preußen an, uns mit Hohlgeschossen zu beschießen. Unsere Batterie erwiderte das Feuer – mußte aber bald, da sich der Feind gut eingeschossen hatte, die Stellung wechseln. Viele Granaten sausten über uns hinweg, einzelne zersprangen ganz nahe vor uns, Sand und Erde auf uns schleudernd.

Wir standen an einem Hohlweg eng gedrängt, glücklicherweise schlug keine Direkte in uns ein. Die Artillerie hatte große Verluste zu beklagen. Das Wetter wurde immer trüber, es fing etwas zu regnen an. Um uns zu vertreiben, setzte der Feind das Dorf in Brand. Nun zogen wir uns auf ungfähr eine viertel Meile entfernte Anhöhe zurück. Von hier aus hatten wir eine herrliche Übersicht über das ganze Schlachtfeld und verblieben dort, nur von einzelnen Granaten beschossen, bis zirka 3 Uhr nach Mittag (daneben eine mit Bleistift geschriebene Notiz: 6 Tote, 31 verwundet, 133 vermisst; im Tagebuch ist auch eine Totalsumme von 1866 angemerkt, anscheinend die Summe der Verluste dieser beiden Kompanien: 42 Tote, 246 verwundet, 247 vermisst, Total 535.)

Um diese Zeit rückten die Preußen, vom Kronprinz (der preußischen Kronprinzenarmee) unterstützt, auf der ganzen Linie vor. Wir mussten uns also, von denselben mit heftigen Gewehrfeuer verfolgt, möglichst schnell gegen Königgrätz zurückziehen. Ich hatte mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen, kaum 19 Jahre alt, an keine Strapazen gewöhnt, blieb ich immer zurück, bis mich die pfeifenden Kugeln belehrten, das hier mein Platz nicht sei. Eine stumpfe Apathie bemächtigte mich schon meiner, ich gab die Hoffnung auf, den Fliehenden nachzukommen, da zeigte sich meinen erstaunten Blicken ganz nahe die in Verteidigungszustand gesetzte Festung Königgrätz; aber noch war wenig gewonnen, denn die Wege waren verrammelt und Verhaue aufgestellt.

Als wir zur Festung kamen, wurde oben das Tor geschlossen und wir mußten also mehrmals über die Palisaden klettern, die bereits teilweise gefüllten Wassergräben durchschreiten und da die Brücke über die Elbe so überfüllt war, daß viele in den Fluß gedrängt, niedergeführt oder zertreten wurden, mussten wir uns entschließen, die Elbe zu durchschreiten. Hierbei warfen die meisten Soldaten ihre Gewehre, Seitenwaffen und Tornister etc. weg und es kam die furchtbarste Unordnung in die ganze Armee. Man sah fast nirgends etwas von einem Regiment beisammen, Infantristen, Kavalleristen ohne Pferd, Artilleristen, Marketender – alles im wildesten Chaos. Erst den zweiten und dritten Tag fanden sich die Abteilungen wenigstens teilweise dadurch zusammen, daß die Fahnen der Regimenter längst der Hauptstraße aufgepflanzt wurden und sich jeder, dem es möglich war, zu seiner Fahne begab. Ich hatte am 03. Juli abends vier Mann gesammelt und traf einen Führer, der drei Mann beisammen hatte. Wären wir gleich fort vom Feinde – besonders durch die Kavallerie – energisch verfolgt worden, so wäre am Widerstand garnicht zu denken gewesen.

Von hier aus zogen wir uns mit ungeheuren Anstrengungen in Gewaltmärschen südlich gegen Briesau zurück. Wir hatten fortwährend schlechtes Wetter. Lebensmittel erhielten wir auch fast keine. Die Bewohner aller Orte waren geflohen, alles war aufgezehrt, nur Fleisch war hinlänglich vorhanden, aber es blieb keine Zeit zum Kochen. Kaum war das Wasser in unseren Kochkesseln warm, brachen wir auch schon wieder auf und viele aßen das Fleisch roh. In dieser Zeit wurde ich zum Vize-Korporal befördert.

Bei Brisau bezogen wir ganz erschöpft ein Lager auf einer sumpfigen Wiese, es regnete die ganze Nacht und es war – im Juli – sehr kalt. Nach Mitternacht wurde plötzlich Alarm geblasen, es fielen mehrere Kanonenschüsse, allgemein panischer Schrecken – aber es war nur eine vom Feinde veranlasste Alarmierung, um uns nicht ausruhen zu lassen.

Von hier aus wurden wir mittels Eisenbahn nach Florisdorf befördert und in die Schanzen von Jedlesee eingeteilt. Wir brachten hier einige Wochen in Baracken zu. Da der Feind so nahe war, daß wir seine Lagerfeuer sehen konnten, war ein sehr fleißiger Patrouillendienst nötig und ich ging fast jede Nacht auf Patrouille. Von zu Hause hatte ich schon lange keine Nachricht erhalten, aber ich erfuhr von einem Artilleriekadetten, daß mein Bruder Franz sich hat zur Artillerie anwerben lassen und in Wiener Neustadt liege, und wir vereinbarten ein Treffen in Wien. Bald darauf wurden wir von Jedlesee nach Erdberg verlegt und in Zelte einquartiert. Von hier aus fuhr ich nach Graz auf einen achttägigen Urlaub. Ich hatte mich so verändert, daß meine Mutter selbst nicht gleich erkannte ...."


Sieg bei Königgrätz

Auch die Schlacht bei Königsgrätz ging siegreich für Preußen aus, hierüber wurde am 05.07.1866 berichtet:

"Berlin, 04.07.1866. In der achtstündigen heißen Schlacht vor Königsgrätz haben die beiden vereinten preußischen Armeen unter den Augen seiner Majestät den König gestern einen glänzenden Sieg über die vereinigten österreichischen Armeekorps erfochten. Die gesamte österreichische Nordarmee ist zurückgeworfen und befindet sich zur Sicherung der Rückzuglinie auf dem Rückzug. Die Verfolgung wird energisch betrieben. Die Trophäen sind noch nicht gezählt. Verluste auf beiden Seiten groß.

Seine Majestät der König hat ihrer Majestät der Königin die frohe Siegeskunde in folgenden Telegramm aus Horwitz (zwischen Gitschin und Königgrätz) von gestern Nacht 11 Uhr zugehen lassen, welches heute durch Anschlag den Bewohnern Berlins mitgeteilt wurde:

An die Königin Augusta!
Einen vollständigen Sieg über die österreichische Armee, nahe an Königgrätz, zwischen der Elbe und der Bistritz, haben wir heute einer achtstündigen Schlacht erfochten. Verlust des Feindes und Trophäen noch nicht gezählt, aber bedeutend. Einige 20 Kanonen. Alle 8 Korps haben gefochten, aber große, schmerzliche Verluste. Ich preise Gott für seine Gnade. Wir sind alle wohl. Der Gouverneur soll Victoria heißen.
Wilhelm."

Dazu folgende Meldung aus Berlin:

"Berlin, 04.07.1866. Ihre Majestät die Königin besuchte gestern die ersten hier eingetroffenen Verwundeten. Zur Tafel war der Gouverneur, der Kommandant von Berlin sowie einige andere Personen geladen. Heute früh gegen 9 Uhr traf die Depesche seiner Majestät des Königs mit der Siegesnachricht im königlichen Palast ein, wo sie sofort der Bevölkerung mitgeteilt wurde."


< Home >     < Teil 1 >     < Teil 2 >     < Teil 3 >     < Teil 5 >     < Teil 6 >     < Militärkarte >     < Ehrenmal >

© Copyright 2005 – 2006, www.riesengebirgler.de / www.trautna.de