Der Geschwisterkrieg

Gründe und Ausgang des preußisch – österreichischen Bruderkriegs 1866

Teil 2 / Fortsetzung

von Reiner Tannhäuser, Verden

 

Kriegsvorbereitungen in Schlesien

Aufrüstung und Kriegsvorbereitung beiderseits der Grenze liefen auf Hochtouren, so das Kriegshandlungen kaum noch zu verhindern waren. Folgende Zeitungsberichte berichteten darüber:

"Glogau, 11.05.1866, Militärisches.  Das hiesige Landwehr-Batallion wurde heute vom kommandierenden General, der 8. Division, General-Leutnant von Schmidt besichtigt. Bei dieser Gelegenheit teilte derselbe den Wehrleuten mit, daß sie einberufen wurden, um das Vaterland zu schützen. Ein mächtiger Feind bedrohe die Grenzen und beabsichtige das, was Friedrich der Große errungen hatte, wieder zu erobern. Für die Familien der Wehrmänner solle gesorgt werden; der König erwarte, daß die Landwehr wiederum ihre Schuldigkeit zum Schutze des Vaterlandes tun und sich durch Ordnung, Ruhe und Disziplin auszeichnen werde. Durch Plakate der Polizeiverwaltung, die an den Straßenecken angeschlagen werden, wird bekannt gemacht, daß das hiesige Landwehrbatallion auf 802 Mann gebracht werden soll und daß sich deshalb alle bisher eingezogenen Wehrmänner des 1. Aufgebotes, die Reclamanten und Halbinvaliden, sowie diejenigen Wehrmänner des 2. Aufgebotes, welche in den Jahren 1851,1852 und 1853 gedient, am Montag zu stellen haben."

"Gleiwitz, 11.05.1866. Der schlesischen Zeitung wird geschrieben: In dem industriellen Bezirk hegt man da, wo kein Militär besteht, große Besorgnis wegen der Sicherheit des Eigentums. Wir haben hier nicht nur arbeitslose einheimische Bevölkerung, sondern auch räuberisches Gesindel aus Galizien, wo bekanntlich große Not herrscht, sehr zu fürchten. In Gleiwitz denkt man daran, eine Bürgerwehr zu errichten, um die Ordnung möglichst aufrecht zu erhalte.

Um übertriebenen und verdrehten Darstellungen zu begegnen, teile ich Ihnen noch folgenden Vorfall mit: Gestern wurden hier mehrere hundert Mann Reserven, zum großen Teil schon Familienväter, zur Einstellung in die Regimenter rangiert. Da Feiertag war, so hatten sich nicht nur Frauen und Kinder, sondern auch anderes Volk auf dem Roßmarkt eingefunden. Die Stimmung vieler Familienväter, das lange Stehen, der Schnaps, in dem so mancher Trost sucht, zumeist aber das unnütze Volk, machen den Menschknäuel zu einer tobenden Masse, so das daß Rangieren erst gegen Abend zu ermöglichen war. Der Tulmult war so groß, daß das Kommando der ordneten Offiziere und der Soldaten gar kein Resultat hatte. Ein Unteroffizier und mehrere Zivilisten wurden zum Teil erheblich durch Stockschläge verletzt. Alle Verkaufsläden der Stadt wurden auf einige Zeit geschlossen, das Truppen aus Kosel gerufen seien, kehrte die Ordnung soweit zurück, daß die Quartierzettel und die Löhnung verabfolgt werden konnte. Um 2 Uhr in der Nacht wurden die Mannschaften zur Eisenbahn nach Kosel  befördert."

"Breslau, 11.05.1866. Nachdem in Folge die Mobilmachung der Armee eine große Anzahl von Postbeamten eingezogen wurden, mußten die acht in der Stadt und in den Vorstädten errichteten Postexpeditionen auf weiteres geschlossen werden."

"Breslau, 15.05.1866, Militärisches. Während der Dauer des mobilen Zustandes ist den Soldaten des 6. Armeestandes durch Korpsbefehl gestattet worden, auf der Straße zu rauchen und die Bärte wachsen zu lassen, eine Erlaubnis, die den eingezogenen Wehrleuten und Reservisten natürlich doppelt lieb ist."


Unterstützung von hilfsbedürftigen Familien

Wie die Stimmung in den Familien, die Hilfe bedurften im Mai 1866 war, können wir heute nur sehr schlecht oder gar nicht nachempfinden. Folgende Zeitungsnotizen über Hilfsangebote berichten hierüber:

"Breslau, 16.05.1866, Patriotisches. Eine Bekanntmachung des Polizeipräsidenten zu Folge hat der hiesige Pferdehändler Stahl für einen patriotischen Zweck die Summe von 500 Talern geschenkt. Diese Summe wird zur Unterstützung hilfsbedürftiger Familien der eingezogenen Wehrmänner des Breslauer Landwehr-Bataillions verwendet."

"Schreiberhau im Riesengebirge, den 14.05.1866 Zum Troste möge den zur Verteidigung des Vaterlandes einberufenen Soldaten, welche Frau und Kinder daheim gelassen haben, die Nachricht dienen, daß – wenn nach Gottes unerforschlichem Ratschluß der drohende Krieg ausbrechen und ihr Leben als Opfer für das Vaterland fordern sollte – gern und willig die Türen der hiesigen Anstalt, deren Häuser erst soeben aus der Asche wieder errichtet sind, sich wieder öffnen werden zur Aufnahme und Erziehung ihrer hinterlassenen Kinder, um dadurch einen Teil der Dankbarkeit abzutragen für die erfahrene Liebe in der Not nach dem Brande, auf das sie auch wissen, wie wir es erfahren haben: ’Krieg und Brand segnet Gott mit milder Hand´.

Den Landratsämtern, oder was sonst für die hinterlassenen Waisen der im Kriege Gefallenen zu sorgen hat, zeigen wir hiermit die Samariterherberge für diese Waisen, die dann das Erbe der christlichen Liebe werden.

Die Verwaltung der Schreibenhauer Anstalten."


Maßnahmen zur Sicherung des Landkreises Landeshut

Der Landkreis Landeshut grenzte 1866 unmittelbar an Böhmen. Durch die Kriegsvorbereitungen auf beiden Seiten der Grenze, waren die damaligen Bewohner des Landkreis tief besorgt und verunsichert. In der Zeitung vom 23.05.1866 wird aus Landeshut vom 18.05.1866 berichtet:

"Sicherheitsmaßregeln. Wie das Kreisblatt mitteilt, hat der königliche Landrat an verschiedene Kreisinsassen ein Schreiben gesandt, in welchem es unter andern heißt:

’Nachdem jenseits der Grenze in den Reichenberger und Friedländer Fabrik Distrikten befindliche, zahlreich brotlos gewordene Arbeiterbevölkerung Neigung zu räuberischen Einfällen aus preußisches Staatsgebiet zu erkennen gegeben hat, mir auch mehrfach von Kreisbewohnern, die Besorgnis ausgesprochen worden ist, daß bei der fernen feindlichen Handlung des benachbarten Kaiserstaates gegen Preußen, durch die gegen die Deutschen äußerst erregte und aufgehetzte Czechische Zivilbevölkerung, unser Kreis möglicherweise von räuberischen Einfällen ausgesetzt sein könnte, veranlassen mich, im Einverständnis mit dem königlichen Regierungs-Präsidenten im hiesigen Kreise abgesetzte Sicherheitsbezirke zu bilden, deren Bewohner sich im Notfall – so gut es geht – bewaffnen und bei eintretender Gefahr auf vorher zu verabredende Alarmsignale versammeln um der gleichen Angriffe zu widerstehen.´

Zum Zwecke der Bildung dieser Volkswehr hatte sich am vergangenen Sonntag eine große Anzahl von Vertrauensmännern im hiesigen königlichen Landratsamt versammelt und es wurden die näheren Bestimmungen festgesetzt. Danach ist der Kreis in elf ’Wehrvereine´ eingeteilt und so organisiert, daß wir fort an keiner plötzlichen Überrumpelung ausgesetzt sein werden."

Zeitgleich wurde aus Breslau über Maßnahmen zur Versorgung von Verwundeten berichtet:

"Breslau, 22.05.1866, Patriotisches. Eine Anzahl hiesiger Damen aus allen Ständen hat einen schlesischen Zentralverein zur Anschaffung von Lazarettbedürfnissen gegründet. Der Aufruf zur Bildung von Zweigvereinen und zur Organisation der Privathilfe zur Pflege der Verwundeten wird in den nächsten Tagen erscheinen.

Ebenso werden bereits Vorbereitungen zur Bildung eines Komitees zur Unterstützung der hilfsbedürftigen Familien und Landwehrmännern und Reservisten getroffen."


Ratschläge eines alten Husaren

Am 22.05.1866 wurde in der Zeitung unter der Überschrift "Ratschläge für jüngere Kameraden, die das erstemal ins Feld ziehen" veröffentlicht. Unterzeichnet war dieser Artikel: "Ein alter Husar."

"Man nehme an Kleidungsstücken nur das Notwendigste mit. Ein altes Sprichwort sagt schon: ’Ein Gott, ein Rock´. Man hüte sich aber alte Sachen mitzunehmen. Wind, Wetter, Staub und Schweiß zernagen die Sachen ärger, als die Motten. Dasselbe gilt von der Wäsche – nur neue Wäsche gewährt eine Garantie, nicht innerhalb der ersten 6 Wochen mit zerrissenen Hemden herumlaufen müssen. Hier arbeiten Schweiß – und hat man Gelegenheit, einmal bei einer Waschfrau waschen zu lassen – auch Chlor und ähnliche Mittel zersetzend an der Leinwand."

Es folgen dann noch Ratschläge über Hemden, Strümpfe und kalbsledernde Schlafschuhe, dann folgt jenes:

"Daß man ferner zu den unmittelbar bei sich führenden Sachen noch ein Handtuch, eine Zahnbürste, ein Stück Seife und einen sogenannten Staubkamm (auch Läusekamm genannt) zählen muß, braucht wohl nicht weiter erwähnt werden. ’Reinlichkeit ist das halbe Leben´, sagt das alte Sprichwort schon, und wer einmal im Biwak gelegen hat, der weiß, daß man erst dann wieder Mensch wird, wenn man sich am Morgen gewaschen und gereinigt hat. Die Läuse finden sich aber merkwürdiger Weise wie umsonst, namentlich dort, wo verschiedene Truppenkörper in den Quartieren rasch gefolgt sind. In Schleswig war ich so verlaust, daß ich die alten Hosen vollständig fortwerfen mußte."

Das war die gute alte Zeit!


Besorgnis über die Sicherheit Schlesiens

In jenen Tagen kam es im Kreis Ratibor – Oberschlesien, Ortschaft Klingelbeutel, wo sich auch das Grenzzollamt befand, zu einer Grenzverletzung durch eine österreichische Patrouille:

"Breslau, 23.05.1866. Der schlesischen Zeitung geht folgendes zur Veröffentlichung zu: Die Verletzung der Grenze bei Klingelbeutel durch eine österreichische Patrouille legt – so unbedeutend dieser Vorfall an und für sich ist – doch viele Gemüter die Sorge nahe, ob die Sicherung der Provinz Schlesien gegen eine feindliche Invasion bereits in ausreichender Weise erfolgt ist. Wir sind in der Lage, dies durch aus zu bejahen zu können. Nicht nur haben die Konzentrationspläne für unsere Armee stets die Sicherheit der Provinz Schlesiens, welche durch die Versammlung der österreichischen Armee in Böhmen und Mähren in erster Linie bedroht erschien, ins Auge gefaßt, sonder der erneute Vorfall hat erneute Veranlassung zu Maßregeln gegeben, welche auch die Wiederholung ähnlicher Insulten abzuwehren geeignet sind."


Ein Spaziergang nach Weckelsdorf in Böhmen

Es war zu der Zeit normal, recht häufig nach Adersbach und Wackelsdorf zu gehen um diese Felsenstädte jenseitig der Grenze zu sehen. Ein Schlesier hatte auch in jenen Tagen einen Spaziergang nach Weckelsdorf zu unternehmen, hierüber wurde am 25.05.1866 in der Zeitung berichtet:

"Tannhausen in Schlesien. 18.05.1866. Der gestrige Tag veranlaßte mich zu einem Spaziergang  nach Weckelsdorf in Böhmen. Der Wirt hieß mich herzlich willkommen und wunderte sich zugleich, mich – einem Preußen – bei sich zu sehen. ’Schaun´s, sagte er, hob i doch glaubt, does Joahr goar kann Preußen als Gast zu bekommen.´

Darauf klagte er seine Not, daß er einen großen Verlust durch die Unruhen habe und obendrein den Verlust von Hab und Gut befürchten müsse, denn allgemein glaube man daß beim Ausbruch des Krieges die Fabrikarbeiter aus den hiesigen Dörfern in Österreich einbrechen und plündern und rauben würden. Die Leute hätten sich aus diesen Grund schon alle bewaffnet. Ich versuchte dem guten Mann seine Furcht auszureden, was aber sehr schwer gelang. Dieselbe Furcht hegen sämtliche Grenzbewohner, die durch die in Österreich erscheinenden Winkelblätter zugleich zum Haß gegen Preußen aufgehetzt wurden."

Dann wurde über den Wanderer noch etwas über die Fabrikdörfer im Kreis Waldenburg berichtet:

"In unseren großen Fabrikdörfern ist von militärischen Maßregeln noch wenig zu bemerken. Den Fabrikbesitzern Reichenheim, Kaufmann Websky usw. gereicht es zur Ehre, daß sie trotz des gänzlichen Mangels an Bestellungen auf Waren ihre Leute fortbeschäftigen und nur eine kürzere Arbeitszeit angesetzt haben, dabei aber auch sorgen suchen, daß die Arbeiter auch während der Stunden sich nützlich beschäftigen."


Ein Aufruf an Schlesiens Frauen

Am 25.05.1866 wurde ein Aufruf, welcher von zwanzig Damen der ersten Gesellschaft Breslaus unterzeichnet war, veröffentlicht:

"Auf des Königs Ruf sind unsere Männer, Brüder und Söhne zu den Fahnen geeilt, treu ihrer Pflicht, einer Pflicht, die blutige Opfer fordern kann. Wenn aber der Krieg schon entbrannt, dann erst Vorbereitungen zur Pflege der Verwundeten zu treffen, wäre zu spät, deshalb haben sich Unterzeichnete verbunden, dafür zu sorgen, daß alles bereit ist, wenn unsere Truppen der Hilfe bedürfen. Unser Plan ist, ein Zentraldepot zur Beschaffung der verschiedensten Lazarettbedürfnisse zu gründen und zu seiner Zeit mit allen Lazaretten der Armee in Verbindung zu treten, so daß dieselben das ihnen etwa Mangelnde in möglichster Schnelle und Güte von uns erhalten können. Zur Ausführung dieses Plans gehört aber eine ausgebreitete Teilnahme, deshalb bitten wir die Frauen und Jungfrauen Schlesiens, in den einzelnen Ortschaften oder Kreisen Zweigvereine zu gründen, die unser Zentraldepot mit allen Bedürfnissen möglichst versorgen helfen. Für die Stadt Breslau selbst sind eine größere Anzahl Zweigvereine errichtet worden. Findet unsere Absicht die gebührende Teilnahme, so sind wir überzeugt, unserer Armee einen großen Dienst zu leisten, nämlich die Zentralisierung aller Gaben zu bewerkstelligen, so daß die mit der Pflege der Verwundeten beschäftigten und betrauten Personen schnell und sicher zu erlangen wissen, was ihre Pflegebefohlenen Not tut. Bei Zersplitterung der Kräfte kann leicht der Fall eintreten, daß ein Lazarett Mangel leidet, während ein anderes Überfluß an freiwilligen Spenden hat. Möchte unsere Bitte recht offene Herzen und Hände finden.

Zunächst bitten wir daher, Zweigvereine sofort zu errichten und möglichst viele Gaben bereit zu halten, damit – sobald die Kriegserklärung erfolgt ist – unser Hauptdepot mit allem Nötigen versehen werden kann. Von jeder Konstituierung eines Zweigvereines und dessen Anschluß an unserem Zentralverein bitten wir schleunigst in Kenntnis zu setzen. Wer jetzt schon Gaben einzusenden beabsichtigt, möge die Güte haben, dies unter die Adresse einer der unterschriebenen Damen zu tun. Das Hauptdepot befindet sich vorläufig im königlichen Regierungsgebäude, Albrechtstr. 32."

Unter anderen wurde dieser Aufruf unterzeichnet von Marie Eichborn aus Breslau, Freifrau von Schleinitz, geb. von Hippel, die Gattin des Oberpräsidenten von Schleinitz, die Frau des Oberbürgermeisters Hobrecht und anderen Damen mit wohlklingenden Namen.


Neugigkeiten aus Tannhausen

Eine Zeitungsmeldung die am 26.05.1866 erschien:

"Tannhausen in Schlesien, 22.05.1866. Der Grenzverkehr nimmt noch immer ungehindert seinen Fortgang, doch herrscht auf beiden Seiten ein großes Mißtrauen. Namentlich muß man sich in Österreich hüten, über die Situation zu sprechen, da die niederen Leute infolge der Winkelblätter fanatisiert sind und leicht zu Tätlichkeiten übergehen.

Ich sprach vor einigen Wochen mit einem alten österreichischen Soldaten und rühmte unsere preußischen Zündnadelgewehre, da sagte derselbe zu mir: ’Ei schaun´s, glauben´s jo nit, doaß wir oabwoarten wird´s, bis die Preußen hobn´s Pulver verschossen; wir geh´n gleich mit dem Kolben drauf.´ Ich erwiderte natürlich, daß sich die Preußen darauf auch verstehen."

In derselben Zeitung eine weitere Meldung aus Hirschberg:

"Hirschberg, den 21.05.1866. Der schlesischen Zeitung wird mitgeteilt, daß nicht nur in der Erdmannsdorfer Fabrik, sondern auch in allen königlichen Etablissments von Arbeitseinstellung auch im Krieg keine Rede sein wird, imdem man in bestimmten Kreisen entschlossen ist, gerade in schlimmen Zeiten möglichst viele Arbeiter zu beschäftigen. Dieses Beispiel wird gewiß einen guten Eindruck machen, fehlt es doch schon jetzt hier an Privaten, welche die begonnenen Bauten ohne Rücksicht auf die Kriegsbefürchtungen fortsetzten."


Kronprinzenbesuch in Breslau

Der Kronprinz, der Sohn des preußischen Königs, welcher 1888 als Neunundneunzig Tage Kaiser regieren und sterben sollte, besuchte in jenen Tagen Breslau. Er war im Volk sehr beliebt und die Soldaten zeugten ihm großen Respekt, in den Zeitungen wurde darüber wie folgt berichtet:

"Breslau, 29.05.1866. Zur Anwesenheit seiner königlichen Hoheit des Kronprinzen. – Nachdem seine königliche Hoheit der Kronprinz im Laufe des gestrigen Vormittags das Offizierkorps, die Vorstände der hiesigen Behörden und mehrere Standesherren aus der Provinz empfangen hatte, nahm derselbe den Vortrag des kommandierenden Generals des 6. Armee – Korps entgegen. Zu einem Diner, welches um 3 Uhr stattfand, waren befohlen Oberpräsident von Schleinitz, der Fürstbischof Dr. Heinrich Förster, der Polizeipräsident Freiherr von Ende, der Oberbürgermeister Hobrecht, Rektor magn. Prof. Dr. Reinkens sowie die Generalität und andere hochgestellte Personen.

Gegen 8 Uhr machte seine königliche Hoheit in Begleitung zweier Adjutanten einen Spaziergang auf der Promenade.

Wie die schlesische Zeitung meldet, hat seine königliche Hoheit sich heute früh zunächst nach Oppeln begeben. Über dem Empfang des Oberbürgermeisters und des Stadtverordneten Vorstehers Kaufmann Stetter berichtet die Breslauer Zeitung: Dem Vernehmen nach sprach der Kronprinz in einer längeren Unterhaltung den Vertretern der hiesigen Bürgerschaft seine Freude darüber aus, daß ihm das gegenwärtige Kommando des 11. Regimentes so gern geweilt habe. Damit waren die vertrauensvolle und beruhigende Versicherungen hinsichtlich etwaiger kriegerischen Eventualitäten verbunden."

Die Gedanken über den bevorstehenden Krieg, beeinflußten in jenen Tagen das normale Leben in Tun und Handeln. Unter dem Kronprinzenbericht war noch folgende Notiz:

"Militärisches – Von zuverlässiger Seite geht uns soeben die Nachicht zu, daß, nachdem nunmehr das 1. und 2. Armee Korps (Preußen und Pommern) den schlesischen Boden betreten haben, wir der Ankunft eines großen Teiles derselben in der Höhe von Breslau auf beiden Oderufern nächstens entgegen sehen können. Man nennt als den Punkt, auf welchem ihre Formierung erfolgen soll, Oppeln und Umgebung."


Kronpinzenbesuch in Oberschlesisen

Damals reiste der Kronprinz von Breslau weiter nach Oberschlesien, hierüber wurde am 02.06.1866 in der Zeitung folgendes berichtet:

"Gleiwitz, 30.05.1866. Zur Anwesenheit des Kronprinzen – Gestern Vormittag hat seine königliche Hoheit der Kronprinz in Begleitung des Generals von Blumenthal und des Oberpräsidenten von Schleinitz unserer Stadt einen Besuch abgestattet. Der Kronprinz sprach sich – nachdem auf dem Bahnhof die Vorstellung durch den Landrat Graf Strachwitz erfolgt war – während der Unterhaltung wiederholt dahin aus, daß die Hoffnung auf den Frieden noch nicht aufgegeben sei, teilte mit, daß nach einer erst kürzlich von seiner Majestät dem König erhaltenen Nachricht die Lösung der strittigen Fragen im Wege des Kongresses noch möglich scheine und legte es dringlich ans Herz, die Mutlosigkeit, die hier und dort Platz greife, entgegen zu treten. Auch wenn militärische Rücksichten es notwendig machten, einen kleinen Teil der Provinz von Truppen unbesetzt zu lassen und diesen anscheinend dem Feind preiszugeben, so liege hierin kein Grund zu ernstlichen Befürchtungen, da dies eben nur vorübergehend die Calamität überwinde."

Anbei einige weitere Zeitungsnotizen:

"Aus Oberschlesien, 26.05.1866. Zur Stimmung. – Die Bevölkerung sowie das Herr warten mit Ruhe und Resignation auf die Dinge, die da kommen sollen. Die große Mehrheit zieht den Frieden vor, jedoch nur einen ehrenvollen Frieden. Kommt es jedoch zum Krieg, so wird das Herr mit frischem Mut schlagen und auch die Landwehr wird hinter der Linie nicht zurückbleiben. Die oberschlesische Bevölkerung wird aber treu und mannhaft zu Preußen stehen und mit Fassung das Elend des Krieges über sich ergehen lassen."

"Aus Oberschlesien, 29.05.1866. Wie man in der Silesa liest, hat eine erneute Grenzüberschreitung von Seiten der österreichischen Truppen stattgefunden. Einige Husaren, welche in dem an der Oppa liegenden Grenzdorf Wawrowitz einquartiert sind, haben den Fluß durchwatet und – ohne zu wissen, daß jenseits preußisches Gebiet ist – das Wirtschaftshaus der gegenüberliegenden Dorfes Wehowitz Kreis Leobschütz besucht. Nach erteilter Belehrung über die Grenzverhältnisse kehrten die Österreicher sofort über ihre Grenze zurück."

"Von der österreichisch – schlesischen Grenze, 01.06.1866. In der Gegend von Loslau und Rybnik sollen mehrfach österreichische Soldaten die Grenze überschritten und – wie wir aus guter Quelle vernehmen – infolge Geldmangels Patronen verkauft haben. Sechs derartige Stücke befinden sich im Besitz unseres Gewährmannes."

Mit Sicherheit wurden auch so kleine Nachrichten von den Schlesiern mit großer Besorgnis aufgenommen, denn man wußte nicht was die Zukunft bringen würde. Mit großer Anteilnahme nahmen die Bewohner des Landkreises Landeshut eine Nachricht von einem bekannten Mitbürger am 06.06.1866 auf:

"Durch Kabinettsorder ist Graf Eberhard zu Stollberg-Wernigerode auf Kreppelhof zu Landeshut, Kanzler des St. Johanniter-Ordens, zum königlichen Kommissar und Inspektor sämtlicher Krankenanstalten der ganzen Armee ernannt worden."

Am 07.06.1866 erschien hierzu eine ergänzende Notiz:

"Der wirkliche geheime Rat, Kanzler des Johanniter Ordens, Graf Eberhard zu Stollberg-Wenigerode auf Kreppelhof Landeshut, ist von seiner Majestät dem König zum Kommissar und Militärinspektor der freiwilligen Krankenpflege bei der Armee im Felde ernannt worden und hat dieses Amt bereits angetreten. Das Büro desselben befindet sich für jetzt im Herrenhause, Leipziger Str. 3, hierselbst."


Achtzigjähriger Kriegsfreiwilliger

Am 07.06.1866 wird von einen alten preußischen Haudegen berichtet, dem General Wrangel, der in Preußen oft nur Papa Wrangel genannt wurde und schon mehr als achtzig Jahre alt war:

"Berlin, 06.06.1866. Der allzeit frische und tapfere Veteran unserer Armee – General Feldmarschall von Wrangel – hat auch im gegenwärtigen Augenblick trotz seiner über achtzig Jahre und darüber mit der Teilnahme am aktiven Dienst für das Vaterland zurückbleiben wollen. Er hat bei seiner Majestät dringend darum nachgesucht, ihm diese Mitwirkung zu gestatten. Als der König auf seine Bewerbungen mit der freundlichen Bemerkung antwortete, der brave Feldmarschall habe sich wohl in früheren Feldzügen hinreichend Lorbeeren erworben, um sich nun auch einmal Ruhe gönnen zu dürfen, erwiderte dieser – wie man erzählt – seine Majestät würden ihm die Gnade nicht versagen, mit seinem Regiment (Graf Wrangel ist Chef des 3. Kürassier-Regiments und des 35. Infanterie-Regiments) ins Feld zu ziehen und demselben die Fahne voranzutragen."


Verlegung des Hauptquartiers des General von Steinmetz nach Landeshut

Am 08.06.1866 wurde über die Verlegung des Hauptquartier von den namhaften Heerführer General von Steinmetz berichtet:

"Breslau, 06.06.1866, Militärisches. – Über die Aufstellung der schlesischen Armee glaubt die schlesische Zeitung mitteilen zu dürfen, daß seine königliche Hoheit, der Kronprinz, welcher bereits vorgestern um 8 Uhr und fünfzig Minuten in Freiburg eingetroffen ist, sein Hauptquartier in Fürstenstein genommen hat. Das Hauptquartier des kommandierenden Generals des 5. Armeekorps, von Steinmetz, befindet sich zu Zeit in Landeshut, das des kommandierenden Generals des 6. Armeekorps, von Mutius, in Altwasser. Seine königliche Hoheit der Kronprinz wird heute über sämtliche in Freiburg und Salzbrunn stehenden Truppen Parade abgehalten."

In der gleichen Zeitungsausgabe:

"Freiburg in Schlesien, 05.06.1866. Zum Empfang seiner königlichen Hoheit des Kronprinzen bei seiner gestern Abend erfolgten Ankunft war auf dem Bahnhof eine große Anzahl von Offizieren aller Grade gegenwärtig. Der Fürst von Pleß stellte dem Kronprinzen die Behörden der Stadt und die Geistlichen beider Konfessionen vor. Seine königliche Hoheit sprach längere Zeit mit fast jedem der einzelnen Vorgestellten und verhehlte namentlich nicht, daß schwere Zeiten bevorstünden, die aber mit Mut und Beistand Gottes getragen werden müßten."


Hauptquartier des Kronprinzen Schloß Fürstenstein

Zum damaligen Zeitpunkt wurde sehr viel über den Adel in Deutschland berichtet, hier eine kleine Abhandlung über eine solche Berichterstattung vom 08.06.1866:

"Schloß Fürstenstein in Schlesien wo seine königliche Hoheit der Kronprinz jetzt verweilt, hat zu verschiedenen Zeiten Mitglieder der königlichen Familie zu kürzeren Aufenthalten gedient. Wegen seiner Naturschönheiten ist der Ort weit über die Grenzen Schlesiens bekannt und wird von nah und fern viel besucht. Seit der Anlage der Freiburg-Breslauer Eisenbahn ist er der Hauptstadt der Provinz sehr nahe gerückt und jetzt in kaum 3 Stunden zu erreichen, daher namentlich des Sonntagsziel der Touristen.

Das romantisch schaurige Tal von 500 Fuß Tiefe und darüber, durch welches die Polsnitz fließt, mit seinen Felsen und Waldungen, macht einen imponierenden Eindruck. Die künstlichen Anlagen auf der Höhe erhöhen den Reiz der Landschaft, deren Physiognomie einzig in ihrer Art in unserer Provinz darsteht.

Seit 1509 ist Fürstenstein im Besitz des Grafen Hochberg. Die Familie hat im Zeitalter der kirchlichen Reformation zum evangelischen Glauben bekannt und in der Zeit der Herrschaft der Habsburger in unserem Lande sich als Hort daselben ausgezeichnet. Um die Erbauung der evangelischen Friedenskirche in Schweidnitz nach dem dreißigjährigen Krieg haben sich der Graf von Hochberg wesentliche Verdienste erworben. Daher findet man in jenem Gotteshaus unmittelbar unter der Fürstensteiner Loge noch Szenen aus der älteren Geschichte dieses Geschlechtes dargestellt. Im Jahre 1841 wurde Fürstenstein zu einer freien Standesherrschaft erhoben.

Das Schloß, in welchen der Kronprinz jetzt residiert, ist in seiner ersten Anlage sehr alten Ursprungs und reicht in die Zeit hinauf, als die Fürstentümer Schweidnitz und Jauer noch ihre eigenen Herzöge hatten, deren Stamm 1368 ausstarb. Im Jahre 1847 fiel der Fürstensteiner Linie der Grafen von Hochberg das Fürstentum Pleß in Oberschlesien durch Erbschaft zu. Der jetzige Fürst hat für die Verschönerung des Schlosses durch Bauten und Anlagen viel getan. Die Gartenanlagen in der nächsten Umgebung desselben sind erweitert worden. Es wird gewöhnlich – trotz seines alten Ursprungs – das neue Schloß genannt, obwohl gerade die sogenannte alte Burg jüngeren Ursprunges und nach dem Muster alter Ritterburgen erst am Ende des vorherigen Jahrhunderts angelegt ist. Es liegt auf dem jenseitigen Ufer der Polsnitz. In seiner Nähe befindet sich der Turnierplatz, wo im Jahre 1800 bei Anwesenheit des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise (nach deren Namen ist noch ein Platz auf der Höhe benannt, von wo man einen schönen Blick nach dem Grund und dem nahe gelegenen Kurort Salzbrunn hat.) der schlesische Adel ein Turnier in Ritterkostüm aufführte. Die äußere Umfassung mit den Plätzen, auf denen die Ritterdamen saßen, sind noch erhalten.

Unter den Erinnerungen aus der Vorzeit, welche die Zimmer der alten Burg bergen, befindet sich auch der Schreibtisch, auf welchem Friedrich der Große den Plan zur Schlacht von Hohenfriedberg – das Schlachtfeld liegt 1 ½ Meilen entfernt – entwarf. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts verweilte König Friedrich Wilhelm IV., als er damals Kronprinz – die Kur in Salzbrunn gebrauchte, mehrere Wochen auf dem neuen Schlosse; ebenso im Jahre 1838 die Gemahlin des Kaisers Nikolaus von Rußland. Auch der jetzige Kronprinz hat bei seinem Aufenthalt in Schlesien in den Jahren 1857 und 1859, in dem letzten Jahre mit seiner Gemahlin, auf dem Schlosse schon kürzere Zeit verweilt."


Militärparade vor dem preußischen Kronprinz

Am 09.06.1866 wurde folgender Artikel veröffentlicht:

"Waldenburg, 06.06.1866. Revue – Heute in aller frühe marschierten die meisten der in unserem Kreise konzentrierten Regimenter von allen Seiten auf Fürstenstein zu, und am Takt des Schrittes konnte man es spüren, daß es einen besonderen Freudenmarsch galt: Zur Parade seiner königlichen Hoheit dem Kronprinzen. Auf beiden Seiten der Chaussee von Sorau an, wo die Truppen sich aufteilten, wimmelte es sich von Volksmassen, und lernen wir Schlesier das ’Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein!´ in diesen Tagen kräftiger als sonst, so leuchtete heute dieser preußische Preußenwille aus tausend Augen und stärkte sich am Anblick des geliebten Könissohnes, welchem es auf der Stirn geschrieben steht, daß er Friedrichs des Großen Wort über den königlichen Großvater: ’Der wird sich Schlesien nicht wieder nehmen lassen´ als Hohenzollern-Vermächtnis im Herzen trägt.

`Der im Stern steht, der ist´s!´ hörte man hin und wieder im Volke rufen und Mütter hielten ihre Kinder in die Höhe, daß sie `unsern Kronprinzen´ sähen.

Im Schritt ritt seine königliche Hoheit – wohl dreiviertel Meilen – die Front der präsentierenden Truppen entlang, mit herzhaften `guten Morgen´ grüßend und wieder begrüßt, hier und da Einzelne – Offiziere und auch etliche dekorierte Unteroffiziere – leutselig anredend. `So sehen wir uns alle hier wieder!´ rief seine königliche Hoheit dem Hauptmann von Schlutterbach zu, als er an das 50. Regiment herankam und reichte dem Waffenkameraden von Schleswig huldvoll die Hand dar. Neben dem jugendlichen Helden, welchem der König seine Schlesien-Perle im ersten Treffen zu hüten befohlen hat, ritt der greise General von Mutius, welcher wieder jung geworden im Sattel saß, weil es zu reiten gilt für den König und für das Vaterland.

Es war ein Volksfest rechter Preußenart. `Wozu hätte der König seine Armee, wenn sie jetzt nicht vorwärts marschieren sollte?´ hörten wir einen Bürger sagen. Über die am Tage zuvor gehaltene Revue berichtet die Provinzzeitung für Schlesien: Seine königliche Hoheit wurde von den Truppen mit stürmischen Jubelrufen empfangen und richtete überall gültige und herzliche Worte an derselben, wobei er seine Zuversicht aussprach, daß die der alten preußischen Waffenehre auch in den bevorstehenden Krieg eingedenk sein würden."

Durch die Truppeninspektion während der Parade durch den Kronprinzen, setzte er ein Zeichen der inneren Führung, denn hier bekundete er jeden Soldaten bzw. jeden der Wehrmännern sein Vertrauen.


Besuch des Kronpinzen auf den Kreppelhof sowie Landeshut, Liebau und Grüssau

Am 09.06.1866 wurde in der Zeitung über den Besuch des Kronprinzen im Landkreis Landeshut – dem am gefährdesteten Teil der schlesisch böhmischen Grenze – berichtet:

"Landeshut, 06.06.1866. Truppenbesichtigung – Besuchs Inspektion der hier liegenden Truppen traf gestern früh seine königliche Hoheit der Kronprinz hier ein. Vor der Stadt wurde er zunächst von den kommandierenden General begrüßt. Demnächst bewillkommende der königliche Landrat von Klützow mit den Vorständen der hiesigen Behörden und mit dem Magistrat den Kronprinzen. Seine königliche Hoheit erwiderte darauf: `Ich bringe nicht den Krieg; noch sind nicht alle Hoffnungen auf Frieden nicht geschwunden, obgleich sie geringer geworden sind. Sollte es zum Krieg kommen, so werden harte und ernste Forderungen an sie gestellt werden.´

Hierauf stieg seine königliche Hoheit zu Pferde und ritt in Begleitung seines Generalstabes über Kreppelhof nach der Landeshut-Liebenauer Chaussee zur Truppenbesichtigung. Von Reichhennersdorf fuhr seine königliche Hoheit nach Liebau, wo die dort liegenden Regimenter in Augenschein genommen wurden; darauf über Lindenau nach Grüssau und nach der Besichtigung der dort liegenden Truppen nach Kreppelhof, um bei dem Grafen Eberhard zu Stolberg-Wernigerode das Diner einzunehmen. Um 6 Uhr trat der Kronprinz seinen Rückweg nach Fürstenstein an."


Grenzzwischenfall an der Grenze bei Grüssau

Am 12.06.1866 wurde über Geschehnisse an der Grenze bei Grüssau berichtet:

"Freiburg in Schlesien, 09.06.1866. Eine Patrouille in der Nähe der Grenze bei Grüssau brachte einen österreichischen Unteroffizier und vier Gemeine als Deserteure ein. Die Österreicher gaben das Ausbleiben des Tractawentes als Grund der Desertion an. Ebenso wurden am 08. Juni früh zwölf Mann Österreicher nach Gottesberg abgeliefert und dort einstweilen in Verwahrung genommen. Über die nämlichen Vorfälle berichtet dagegen der Freiburger Bote aus Freiburg: Eine preußische Patrouille traf ohneweit Grüssau auf einem Streifzuge eine österreichische Patrouille. Nachdem der Führer der preußischen Mannschaften den Befehl gegeben hatte, die feindlichen Mannschaften zu umzingeln, legten die Österreicher – ein Unteroffizier und vier Gemeine – die Gewehre auf den Rasen und reichten in aller Gemütlichkeit den Preußen freundschaftlich die Hand, worauf die Abführung zur nächsten Wache in aller Ruhe erfolgte.

Am 07. Juni, Nachts 12 Uhr, wurden in Gottesberg zwölf Mann Österreicher als Gefangene eingebracht und einstweilen daselbst in sicheres Gewahrsam genommen."

In der gleichen Zeitung erschien eine Nachricht aus Friedland in Böhmen, wo sich das Schloß des Generals Wallenstein befand, welches sich 1866 im Besitz des Grafen Clam-Gallas befand. Die Nachricht lautete:

"Von der böhmischen Grenze schreibt man der schlesischen Zeitung: Graf Clam-Gallas, der jetzige Besitzer des Schlosses Friedland, ist österreichischer General. Er hat alle wertvollen Gegenstände aus seinem Stammschloß nach Prag schaffen lassen. Die großen Familienbilder der von Biberstein, von Roedern, von Waldstein und von Clam-Gallas sind aus ihrem Rahmen genommen, durch die nichts getünchte Wand hervor blickte. Die Rüstkammer ist ihres schönsten Schmuckes, der Waffen beraubt und auch die großen, goldenen Humpen sind nach Prag fortgeschafft."

Die Kriegsvorbereitungen schreiten auf beiden Seiten ungehemmt fort, hierzu gab es am 12.06.1866 noch folgende Zeitungsnotiz:

"Breslau, 12.06.1866. Militärisches. Am 08. Juni traf ein Kommando vom Ersatz-Bataillon des 3. Niederschlesischen Infanterie Regiments Nr. 50 hier selbst ein, um morgen die Rekruten des Regimentes zu übernehmen. Nach erfolgter Einstellung derselben dürfte die Formation der vier Bataillone bewerkstelligt werden."


An der Grenze in der Nähe von Neisse

Am 14.06.1866 wurde folgende Nachricht veröffentlicht:

"Berlin, 13.06.1866. Seine Majestät der König sahen heute in den Morgenstunden die beim königlichen Palast zum Abmarsch zur Armee vorbeimarschierenden Bataillone der Garde Füsilier Regiments und um halb 10 Uhr das 2. Garde Regiment zu Fuß auf dem Kasernenhof des Grenadier-Bataillon. Sodann nahmen seine Majestät im Palast militärische Meldungen, den Vortrag des Zivilkabinetts, den des Militärkabinetts und endlich den des Ministerpräsidenten entgegen."

"Neisse, 10.06.1866. Von einem preußischen Offizier, der nicht weit von hier an der österreichischen Grenze einquartiert ist, wurde uns folgende Tatsache mitgeteilt: Zwei preußische Landwehrmänner wurden auf 24 Stunden beurlaubt, um ihre unmittelbar an der Grenze wohnenden Verwandte zu besuchen, natürlich mit der strengen Weisung, sich unter keinen Umständen einer Grenzüberschreitung schuldig zu machen. Aus alten Zeiten aber mochten unseren Landwehrmännern die Quellen des billigen österreichischen Weins bekannt sein, denn nach mehreren Stunden saßen sie vergnügt in einer Weinschenke zu Neisse. In Neisse aber liegen österreichische Husaren, die, als sie ihre preußischen Kameraden erblickten, sie herzlich willkommen hießen und als ihre Gäste betrachteten. Die Offiziere blieben hinter ihren Untergebenen nicht zurück, und es bot sich bald eine Szene, ähnlich denen im Jahr 1864, als die Österreicher Schlesien passierten und überall mit offenen Armen aufgenommen wurden.

Die Bewohner von Neisse schienen aber nicht die Sympathien der Österreicher nicht zu teilen, denn sie versammelten sich eine nicht unbedeutende Menge von Zivilisten, um unseren Landwehrmänner auf handgreifliche Art das Geleite zu geben. Abermals waren nun die Husaren, die ihre Kameraden schützten und nach vielen heiteren Stunden ihren beiden zukünftigen Feinde bis zur Grenze das Geleit gaben."


Nachrichten vom Hauptquartier Schloß Fürstenstein:

Am 15.06.1866 wurden folgende Nachrichten

"Breslau, 13.06.1866. Aus dem Hauptquartier erhalten die Provinzzeitung Schlesien und die Schlesische Zeitung folgenden Bericht. Ein Dragoner vom österreichischen Regiment Windischgrätz, welches im nördlichen Böhmen steht, hat auf einer Patrouille sich nach dem preußischen Dorf Kunzendorf begeben, um daselbst seine Schnapsflasche zu füllen, während zwei seiner Kameraden jenseits der Grenze blieben. Hierbei von einer diesseitigen Patrouille – den Füsilieren Knaup und von der Heyde – überrascht suchte er zu entkommen, stürzte aber mit dem Pferd und wurde gefangen. Nach dem Hauptquartier nach Fürstenstein gebracht, wurde er von seiner königlichen Hoheit dem Kronprinzen reich beschenkt und am Abend desselben Tages seinem Regiment wieder zugeschickt. –

Seine königliche Hoheit hat bei seiner Rückkehr aus Berlin eine Division der Reserve Kavallerie besichtigt und seine volle Zufriedenheit über das Aussehen und die Haltung der Truppen ausgesprochen."

Vom Hauptquartier des Kronprinzen wird weiter berichtet:

"Das schöne Schloß Fürstenstein, nicht mit Unrecht die Perle Schlesiens genannt, ist kaum wiederzuerkennen. Gleich an den Torgebäuden steht die Wache des Kronprinzen Hauptquartiers; die vielen Offiziere sowie die eiligen Kavallerie Ordonnanzen beweisen, daß der schöne Frieden, der in diesen herrlichen Tälern herrschte, bald dem Lärm des Krieges weichen wird. Der Kronprinz bewohnt die rechte Seite des Hauptgeschosses des Schlosses, während die fürstliche Familie sich auf die Gemächer auf der linken Seite beschränkt. Der fürstliche Wirt bietet alles auf, um seinem hohen Gast den Aufenthalt auf dem Schloß so angenehm wie möglich zu machen. Die durch den Ernst der Zeit gebotenen Arbeiten füllen fast den ganzen Tag seiner königlichen Hoheit aus, nur nach dem Tische finden sich einige Stunden Erholung. Die fürstliche Familie sowie die Offiziere des Stabes versammeln sich dann um den Kronprinzen auf der Terrasse des Schlosses. Am letzten Sonntag war Gottesdienst in der Kapelle des Schlosses, wobei der Konsistorialrat Weigelt aus Breslau predigte. Nachmittags war der Musikkorps des 50. Regimentes auf der vor dem Schlosse gelegenen Blumenterrasse versammelt, um ein Ständchen zu bringen. Seine königliche Hoheit ergingen sich auf der Terrasse und unterhielten sich auf das Leutseligste mit den Umstehenden. Die Bewohner der Umgebung Freiburgs und Breslaus waren in Massen herbeigeströmt."


Von der schlesisch-böhmischen Grenze

Über die Bewachung der schlesisch-böhmischen Grenze wurde am 15.06.1866 wie folgt berichtet:

"Neurode, 12.06.1866. Die Aufstellung der Österreicher umfaßt, wie es heißt, die preußische Grenze in einem Bogen, von dessen Endpunkten Prag und Krakau, der erstere durch durch die Festung Theresienstadt unterstützt, der andere aber durch das neu entstandene verschanzte Lager verstärkt wird, während die Mitte von drei Festungen verteidigt wird, während die Mitte von drei Festungen, von denen Josephstadt und Olmütz sich eines guten Rufes erfreuen. Vor Oberschlesien, dem Tor für einen Angriff auf preußisch Schlesien, hat der österreichische Oberkommandant dem Anschein nach seine Hauptmacht konzentriert. Die österreichische Blätter selber haben dies wenigstens berichtet.

Die notwendigen Maßregeln zur Sicherung unserer Grenze und zur Beobachtung derselben sind getroffen. Doppelposten und Vedetten – Spähwachen oder Reiterwachen – lassen ihre aufmerksamen Blicke von den höchsten Bergen ins Böhmerland schweifen. Patrouillen reiten die Grenze ab und Fanale und Feuerzeichen sind aufgestellt, um die Annäherung des Feindes aufzuzeigen.

Seitens der Österreicher ist die unmittelbare Bewachung der Grenze eine geringe. Die Grenzdörfer sind nicht mit Truppen belegt; den ersten Abteilungen begegnen wir erst einige Meilen von der Grenze entfernt. Man muß also annehmen, daß von ihnen hier – namentlich von Hirschberg und Glatz – ein Angriff erwartet wird, obgleich grade hier die Straßen Glatz-Reinerz-Josephstadt und Landeshut-Trautenau-Josephstadt nach Böhmen führen. Die böhmischen Grenzbewohner glauben, in voller Sicherheit zu sein. Zur Sicherung und Beobachtung der genannten Straßen sind übrigens von Josephstadt und Königinhof aus Truppen aufgestellt, deren Vorhut Nachod und andererseits Trautenau nicht überschreitet. Die wenigen, in den Glatzer Gebirgskessel mündenden Straßen werden nur einer geringen Beobachtung unterworfen. An der mährischen Grenze dagegen sind die Kaiserlichen Truppen Österreichs bis Zuckmantel und ferner bis Jägerdorf und Troppau vorgeschoben; sie sind die Vorposten der Hauptarmee von Olmütz.

In anderer Hinsicht ist die Bewachung der Grenze haarscharf. Wir meinen die österreichische Sperre für alles, was nicht im Besitz eines regulären Passes befunden wird, auffallend genug, während doch täglich kaiserliche Untertanen aus Österreich kommen und gehen durchaus unbelästigt bleiben.

Die österreichischen Grenzbewohner sind durchweg wenig für den Krieg begeistert, weil er ihre materiellen Interessen schwer beschädigt, denn die Quellen ihres Erwerbs liegen überwiegend im Preußischen. Weiter im Innern dagegen, namentlich in Böhmen, ist der Preußenhaß als künstliches Produkt zu einem unerhörten Umfange gediehen. Nicht wenig trägt dazu die Presse bei, die sich nicht entblödet, die höchststehenden Personen in Preußen in der Sprache der Gassenjungen zu lästern, und namentlich ist es ihr Steckenpferd, die tollsten Lügen über die Wahrheit doch ernstlich gefürchtete preußische Armee zu verbreiten."


Österreichischer Spion in Glatz und in Greiffenberg ein ungarischer Husarenoffizier

Am 16.06.1866 wird über folgende Randerscheinung berichtet:

"Breslau, 14.06.1866, Österreischer Spion. Aus guter Quelle erfahren wir folgendes: Vor einigen Tagen bemerkte in Glatz innerhalb des Festungswerks einer der diensttuenden Posten einen Herrn, der sich augenscheinlich mit der Aufnahme des Festungsplanes beschäftigte. Als der Soldat zu seiner Verhaftung schreiten wollte, bot jener ihm ein Geldgeschenk von 10 Thalern, wenn er ihm freilassen wolle. Die Versuchung war jedoch erfolglos, da der Soldat das Geschenk mit aller Entschiedenheit ablehnte. Bei dem auf der Hauptwache  mit dem Gefangenen angestellten Verhör ergab sich, daß derselbe ein österreichischer Offizier ist und zum Zwecke militärischer Aufnahmen nach Preußen herüber gekommen war ist vorläufig in Glatz interniert worden."

"Greiffenberg in Schlesien, 12.06.1866. Heute wurde ein ungarischer Husaren Offizier mit Pferd und vollständiger Armatur eingebracht. Wie verlautet, soll Mangel an geregelter Verpflegung ihn zur Flucht bewogen haben. Er wurde hier reichlich bespeist."

Eine weitere Nachricht über einen Spion in Glatz, wurde im Grünberger Extrablatt vom 21.06.1866 veröffentlicht:

"Einer uns soeben gewordenen Privatmitteilung aus Glatz entnehmen wir die dort erfolgte Verhaftung eines Mannes, den man allgemein für einen österreichichen Spion hält. Derselbe gibt sich für den ehemaligen Rittergutsbesitzer von Faber auf Kroldwitz im Freistädter Kreise aus, der vor einem Jahr unter eigentümlichen Umständen aus dieser Gegend verschwunden und nach Österreich geflüchtet sein soll. Derselbe erzählte so viel von seinen Reisen und Abendteuern in Italien, England und gab so bestimmte Details über seinen Aufenhalt im Freistädter Kreis an, daß seine Identität außer Zweifel zu sein scheint. Der angebliche von Faber war bereits zwei Mal verhaftet aber immer wieder losgelassen worden, bis ihm ein Dragoner Offizier, der von seiner vorgesetzten Behörde auf den Abenteuerer aufmerksam gemacht worden war, noch mals verhaftete. Die Untersuchung ist eingeleitet."


Italien tritt auch in den Krieg gegen Österreich ein

Im Grünberger Extrablatt vom 21.06.1866 eine kurze Notiz, jedoch für Preußen wichtig:

"Florenz, 18.06.1866. Nachdem Österreich durch die Übernahme der Bundesassistenz, die es mit dem König von Sachsen in Gemeinschaft mit Bayern leisten wird, den Kriegszustand zwischen Österreich und Preußen herbeigeführt hat, ist auch von Seiten des Königs von Italien heute der Krieg an Österreich erklärt worden. Der König Victor Emanuel begiebt sich übermorgen, der General Lamarmora morgen zur Armee."

Hintergrund war das Bismarck bereits mit Italien am 08.04.1866 einen Bündnisvertrag schloß. Mit diesen Bündnisvertrag verpflichtete Italien, Österreich den Krieg zu erklären, wenn Preußen die Kampfhandlungen beginnen würde. Außerdem erhielt Italien 120 Millionen Francs. Der Vertrag war 3 Monate gültig; innerhalb dieser Frist also mußte Preußen den Krieg gegen Österreich erklärt haben. Finanziell bereitete Bismarck den Krieg dadurch vor, daß er für 13 Millionen Taler den Aktionären der Kölner-Mindener Eisenbahngesellschaft die Aktien verkaufte, die sich im preußischen Staatsbesitz befanden. Außerdem ließ er, ohne Genehmigung des Abgeordnetenhauses, 40 Millionen Taler Kassenscheine ausgeben. Damit war die Finanzierung des Krieges gesichert.


Tod des Prinzen Sigismund von Preußen

Der damalige Kronprinz weilte auf Schloß Fürstenstein, seine Frau und die Kinder blieben in Berlin zurück. Über seinen Sohn, dem kleinen Prinz Sigismund wurde am 17.6.1866 berichtet:

"Berlin, 16.6.1866. Der Prinz Sigismund, der jüngste Sohn ihrer königlichen Hoheit des Kronprinzen, ist schwer erkrankt."

"Berlin, 18.6.1866. Wie wir erfahren haben, hat sich das Befinden des Prinzen Sigismund erfreulicher Weise seit heute morgen gebessert."

"Berlin, 19.6.1866. Nachdem das Befinden des Prinzen Sigismund ( geb. am 15.9.1864 ), Sohn seiner königlichen Hoheit des Kronprinzen, sich vorgestern etwas gebessert, nahmen gestern die Zeichen der Ausschwitzung im Gehirn zu. Gestern Nachmittag erhielten ihre Majestäten die Trauerurkunde von dem Ableben des Prinzen. Die hier anwesenden Mitglieder der königlichen Familie besuchten sofort die trauernde Mutter, die im neuen Palast bei Potsdam residiert. Seine königliche Hoheit der Kronprinz ist bekanntlich in Schlesien. Das preußische Volk wird den herben Verlust umso mehr mit dem schwer betroffenen Vater fühlen, als dieser zur Zeit im Felde steht und nicht an das Krankenbett seines Sohnes kommen konnte. Ihre Majestät die Königin ist gestern Abend nach Neisse abgefahren, um seine königliche Hoheit in seiner Trübsal zu besuchen. Gott der Herr erfüllte nach seiner Treue die tief betrübten Eltern mit dem Trost der Gnade!"

Am 21.6.1866 wurde folgende kurze Meldung veröffentlicht:

"Berlin, 20.6.1866. Die Leiche des Prinzen Sigismund, Sohn seiner königlichen Hoheit des Kronprinzen, wird dem Vernehmen nach Morgen – Donnerstag – Abend 7 Uhr in der Friedenskirche zu Potsdam einstweilen beigesetzt."


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