unbekannt
Herr Albrecht von Trautenberg wollte
eine Stadt (Trautenau) gründen. Alles Volk rüstete sich zum Baue. Zwei Maurer,
Paul Firner und Nikolaus Schloßky, gingen in den nahen Wald, um etliche Steinbrüche
zu suchen. Nach längerem Herumirren versetzte sie ein sehr starkes Geschrei
eines Raben in Verwunderung. Anfangs wurde das Gekrächze nicht sehr beachtet,
als es aber kein Ende nahm, folgten die Männer demselben und kamen zu einer
wilden Schlucht, bei der eine alte Lande stand. Die Schlucht wurde von dem Raben
mit lautem Geschrei umkreist. Die Männer folgten neugierig nach, was wohl in
dem finstern Abgrunde sein möge und fanden zu ihrem Erstaunen einen 15 Ellen
langen Wurm von dem Umfange eines ziemlich starken Baumstammes; sein weiter
Rachen stand offen, seine Augen sprühten Feuer, der Hinterleib war schlangenförmig
zugespitzt, der Körper mit großen Hornschuppen bedeckt. Entsetzt ergriffen die
Beschauer die Flucht. Um den ungeheuren Wurm wieder aufzufinden, wurden Zeichen
an den Bäumen gemacht. Herr Trautenberg, bei dem die Flüchtigen halbtot ankamen,
konnte sich des Lachens nicht enthalten, als er die Ursache ihres Schreckens
erzählen hörte. Als die Männer jedoch ihre Aussagen beschworen, staunte der
Herr und fühlte sich bewogen, die Sache selbst zu untersuchen. Er fand das ihm
Mitgeteilte vollkommen der Wahrheit gemäß bestätigt. Die Leute richteten nun
feste Ketten und Stränge her, befestigten diese auf dem Hügel, der seit jener
Zeit Liegenhübel (später "Lügenhübel") genannt wurde, um die Bäume,
banden mit Schlingen ein Lamm daran und ließen es in die Tiefe hinab, damit
es der Wurm verschlinge. Der Versuch gelang, das Ungeheuer kroch hervor, wälzte
sich in die Schlingen und wurde an Ketten und Seilen heraufgezogen. Damit es
nicht entschlüpfen konnte, wurde es an den Bäumen festgebunden.
Nun musste der Wurm getötet werden. Ein starkes hölzernes Gitter mit Eisenspitzen
war bald fertig. Dieses ließen die Männer mit Seilen auf das Tier herabfallen,
so dass es sich darunter nicht mehr rühren konnte. Hernach wälzte man große
Steine auf das Gitter, einen Haufen auf den Kopf und einen auf den Schwanz.
Zugleich wurde ringsum ein großes Feuer angefacht. Die Steinlast musste das
Tier erdrücken, die Hitze es ermatten und kraftlos machen, der Pechrauch ersticken.
Wie es nun tot dalag, befahl der Herr Trautenberg, dem Wurme die Haut abzuziehen
und mit Gerberhaaren auszufüllen. Die übrigen Teile vergrub man. Nachdem die
Haut von der Sonnenhitze getrocknet war, wurde dieselbe zur Bewunderung aller
Menschen in dem alten Schlossturm aufgehangen. Im Jahre 1024 berief Herzog Udalrich
auf den 1. Mai einen Landtag zu Brunn ein, um seinen Sohn Bretislav mit der
Leitung des Landes Mähren zu betrauen. Mit einer Beglückwünschung begleitet,
verehrten die Trautenauer ihrem Fürsten den ausgestopften Lindwurm, welcher
das Geschenk auch annahm und es im Brünner Rathause aufbewahren ließ. Die Stadt
Trautenau soll dafür später von den Brünner Bürgern ein ansehnliches Glockengeläute
erhalten haben.