Quelle: Kalender "Aus Rübezahls Heimat"

Das Trautenauer Lehen "Hohenelbe"

nach W. Hiecke von A. Tippelt, Regensburg

Der ganze böhmische Abhang des Riesengebirges bis herab gegen Arnau und Königinhof war in alter Zeit ein großes Waldgebiet, ein Teil des Grenzwaldes, der Böhmen rings umschloß. Nur an einzelnen Stellen und ziemlich spät waren von Böhmen aus tschechische Ansiedler hierher vorgedrungen. Einen Beweis dafür können wir in der Urkunde sehen, womit Bischof Johann von Prag im Jahre 1260 das Gebiet der Pfarrei Aupa (Trautenau) abgrenzt. Offenbar war dieselbe nicht gar lange vorher gegründet worden, und da diese Kirche nachher die Hauptkirche des Dekanats Trautenau bildete, so haben wir sie wohl auch als die älteste anzusehen. - Aber bereits vor dem genannten Jahre hatte die Einwanderung von Deutschen begonnen, und in der nächsten Zeit muß die Urbarmachung des ausgedehnten Waldlandes und die Kolonisation durch Deutsche mit großem Eifer betrieben worden sein. Meldet doch schon der genannte Opatowitzer Abt Neplach in seiner Chronik zum Jahre 1277, daß König Przemysl Otakar II. die Provinz Trautenau den Deutschen übergeben habe. In jener Zeit nun ist jedenfalls auch Hohenelbe gegründet worden, und zwar durch deutsche Ansiedler, die gleicher Herkunft waren wie jene, welche sich in Schlesien niederließen. Dafür spricht schon der alte deutsche Name des Ortes, dessen Erinnerung sich noch im Anfange des 16. Jahrhunderts erhalten hatte, nämlich Gießdorf. Auch in Schlesien, im Kreis Namslau, liegt ein Ort dieses Namens, und bei diesem geben uns die Quellen über die Abstammung des Namens sichere Auskunft, indem der Ort 1309 Goswinsdorf heißt. Aber auch für unser Gießdorf fehlt ein solches Zeugnis nicht vollständig, nur ist es nicht ganz genau überliefert. Im Jahre 1365, bei der Ernennung eines neuen Pfarrers für Hohenelbe, heißt dies in den Confirmationsbüchern nicht wie sonst Wrchlabi, sondern Suswisdorf, offenbar nur verlesen oder verschrieben für Goswinsdorf. - Nachdem nun die Aussetzung solcher deutscher Dörfer gewöhnlich an einen einzelnen Unternehmer vergeben wurde, so dürfen wir wohl, wie in ähnlichen Fällen, auch bei Hohenelbe vermuten, daß Goswin der Name des Unternehmers war.

Auch Hallwich setzt die Gründung Hohenelbes ins 13. Jahrhundert; allein, entsprechend seiner Annahme, daß die Propstei Wrchlab hier gelegen habe, glaubte er noch weitergehen zu können und vermutet, daß das Kloster Opatowitz hier Grund und Boden erworben hatte und auch die Gründung des neuen Ortes veranlaßte. Wäre dies wirklich der Fall, so müßte das Kloster auch Herr des neuen Dorfes gewesen sein; doch darüber enthalten unsere Quellen nicht das geringste Zeugnis, vielmehr eher für das Gegenteil. Wie bekannt, wird der Ort überhaupt zum ersten Male .genannt im Jahre 1359 bei der Einsetzung eines neuen Pfarrers und dann wieder 1363, wo an dessen Stelle ein anderer ernannt wird. Beide Male präsentiert den Pfarrer der Ritter Haschek von Wrchlab. 1365 aber war dieser schon tot, denn als jetzt der 1363 ernannte Pfarrer Johannes resignierte, präsentierte den neuen (Johannes v. Küniggrätz) Hascheks Witwe Elisabeth. Bei der neuerlichen Erledigung der Pfarrei im Jahre 1370 aber tat dies Peter von Wrchlab, wahrscheinlich Hascheks Sohn. Da also die Genannten in Hohenelbe das Patronatsrecht ausüben, so hätten wir sie nach allen Analogien auch als Besitzer des Ortes anzusehen. Hallwich sucht dies in der Weise zu erklären, dass er sagt: "Zum Schutze für beide (nämlich Probstei und Ort) war ein Mann aus edlem Geschlechte bestellt, so dass Wrchlab mittelbar zwar Klostergut war und blieb, unmittelbar jedoch einen weltlichen Herrn über sich erkannte ... Das schloß nicht aus, daß er für seine Person nächst der kleinen Veste, in der er hauste, auch einen eigenen Grundbesitz hatte, was sogar mit Bestimmtheit angenommen werden darf.

Wir haben nun schon oben gesehen, daß in der Zeit, um die es sich hier handelt, 1359 - 1370 und nachher, das Kloster Opatowitz nicht Besitzer des Ortes Hohenelbe war. Damit ist also ausgeschlossen, daß die früher genannten Ritter von Wrchlab Dienstmannen des Klosters waren. Daß aber diese das Dorf Hohenelbe nicht g e g r ü n d e t haben könnten, ist dadurch noch nicht bewiesen. Es wäre ja ganz wohl möglich, daß Hohenelbe zur Zeit der Gründung dem Opatowitzer Kloster gehörte, später aber wieder an den König abgetreten und von diesem den Rittern von Wrchlab zu eigen oder als Lehen gegeben wurde. Und ein Moment scheint für Hallwichs Annahme zu sprechen. Die Kirche in Hohenelbe ist dem heiligen Laurentius geweiht, der auch der Schutzheilige des Klosters Opatowitz war. Es ist also gewiß nicht zu gewagt, wenn man vermutet, daß wenigstens die Gründung der Kirche in Hohenelbe von dem Kloster ausgegangen sei. Daraus aber den weiteren Schluß zu ziehen, daß auch der Ort Hohenelbe dem Kloster seine Entstehung verdanke, verbietet nach unserem Erachten ganz entschieden der Umstand, daß die Ritter von Wrchlab und ihre Nachfolger das Gut Hohenelbe als sogenanntes T r a u t e n a u e r  L e h e n besaßen, wie wir durch zwei sichere urkundliche Zeugnisse nachweisen wollen. Doch müssen wir zunächst einige Worte über diese T r a u t e n a u e r  L e h e n im allgemeinen vorausschicken.

Schon der Name "Trautenauer Provinz", mit dem das Gebiet am Riesengebirge frühzeitig bezeichnet wurde, deutet an, daß dasselbe von Anfang an eine selbständige Stellung einnahm, ähnlich wie die Gebiete von Glatz und Ellbogen. Und zwar bildete es, nachdem es um 1300 wieder an den König gekommen war, eine königliche Herrschaft, die dann, ein Leibgedinge der Königin wurde, nachdem sie zuerst (um 1399) König Wenzel seiner Gemahlin Sophie zugewiesen und dann auch wieder König Sigmund der Kaiserin Barbara als Mitgift verschrieben hatte. Freilich war die Herrschaft früher wie später sehr häufig verpfändet. - Jene Sellbständigkeit des Gebietes prägte sich vor allem dadurch aus, daß hier Magdeburger Recht galt; auch unterstand, es nicht der Gerichtsbarkeit der böhmischen Landesgerichte, sondern nur der des Königs. Dieser übte dieselbe aus durch seine Beamten oder übertrug sie zu Zeiten der Verpfändung mit an den Pfandbesitzer. Es tagte also auf der Burg zu Trautenau jährlich viermal das Trautenauer "Landgericht", bestehend aus dem Burggrafen (oder Hauptmann) und sechs Beisitzern, welche größtenteils aus der Mannschaft genommen waren.

Aber nur ein Teil der Provinz war unmittelbarer Herrschaftsbesitz geblieben (die eigentliche Herrschaft Trautenau), das übrige dagegen war in kleineren oder größeren Stücken verschiedenen Besitzern zu Lehen gegeben worden, und zwar wohl schon zur Zeit der Kolonisierung oder doch bald nachher, nachdem bereits 1316 dieser Mannschaft Erwähnung getan wird. Dieser Lehenbesitz war in männlicher Linie erblich, und die Besitzer konnten auch ziemlich uneingeschränkt über denselben verfügen, sei es durch Abtretung oder Verschreibung. Aber der Zusammenhang mit der Burg und Herrschaft Trautenau blieb dennoch bis ins 16. Jahrhundert bestehen. Dieser kam zunächst dadurch zum Ausdruck, daß die gesamte Mannschaft dem Landgerichte daselbst unterstand, wo auch alle Besitzverträge vorgelegt, alle Besitzstreitigkeiten verhandelt wurden. Und wie in Prag der freie Besitz in der Landtafel, der Lehenbesitz in der Hoflehentafel in Evidenz gehalten wurde, so wurden auch in Trautenau über die genannten Lehen dieser Burg Bücher geführt, von welchen leider nur eins, das letzte, erhalten ist, welches mit dem Jahre 1480 beginnt.

Aber der Zusammenhang dieser Lehen mit der Burg Trautenau prägte sich auch noch dadurch aus, daß von den Untertanen auf denselben gewisse Abgaben nach dieser Burg geleistet werden mußten. Diese bestanden in Hafer, dem sogenannten "Forsthafer", und in Hühnern. Als sich im Jahre 1489 Johann von Kozojed auf Kottwitz durch Friedrich von Schönburg, den damaligen Pfandbesitzer von Trautenau, in seinen Rechten verkürzt glaubte, verbot er seinen Untertanen, die genannte Abgabe weiter zu leisten.

Ein solches Trautenauer Lehen war nun auch Hohenelbe, wie wir aus mehreren Zeugnissen sicher wissen. Jener Peter von Wrchlab, der zuerst 1370, wie oben erwähnt wurde, als Patron der Kirche in Hohenelbe erscheint, bedachte diese mehrfach mit Stiftungen.

So errichtete er 1384 darin einen Altar zu Ehren des heiligen Johannes dem Täufer mit einem eigenen Kaplan, dem er 5 Schock (Pr. Gr. ) Einkünfte auf Hohenelbe verschrieb. Diese erhöhte dann im Jahre 1409, indem er dem Altare außerdem 2 Untertanen im Orte zuwies: Duos homines in prescripta villa Gimdorf, videlicet Petrum Knapp et Hanussim Rosnal eidem capellanie dedit . . . avena domine regine soluta. Also die beiden Untertanen hatten fortan ihre Abgaben dem genannten Altare, doch den "Forsthafer" auch fernerhin auf die Burg nach Trautenau - wo ja damals die Königin gebot - zu leisten.

Diesem einen Beleg, daß Hohenelbe Lehen der Burg Trautenau war, wollen wir noch einen zweiten anfügen aus dem Jahre 1472. Nachdem der vorhin genannte Peter von Wrchlab bald nach 1409 gestorben war, folgt ihm im Besitze sein Sohn Haschek; dann wird seit 1437 ein Johann von Wrchlab erwähnt, ohne daß wir entscheiden könnten, ob dieser ein Sohn Hascheks war. Auf Johann folgten (seine Söhne?) die drei Brüder Czenek, Peter und Wenzel als Besitzer nach, wie nachstehende Eintragung in dem Trautenauer Lehenbuche beweist. Da heißt es Seite 4: "Im Jahre 1472, am Tage des heiligen Matthäus (21. September), kam vor das Amt in Trautenau Czenek von Wrchlab und trat sein Erbe und seinen Teil ab an seine Brüder Peter und Wenzel von Wrchlab, alles, was er als Lehen besaß. Wir haben hier also das ausdrückliche Zeugnis, daß Hohenelbe ein Lehen der Burg Trautenau war.

Dies schließt nun unserer Überzeugung nach die Annahme, Hohenelbe könnte einmal Besitz des Klosters Opatowitz gewesen sein, vollständig aus; denn als geistlicher Besitz wäre es unbedingt aus dem Lehensverbande gelöst worden, von Abgaben der Untertanen auf die Burg nach Trautenau hätte dann nicht mehr die Rede sein können.


Anmerkung des Verfassers:
Der im vorliegenden Beitrag mehrmals erwähnte Dr. Hallwich ist der in ganz Deutschland anerkannte bedeutende sudetendeutscher Historiker Hallwich, von welchem über 300 historische wissenschaftliche Schriften stammen. Mehr als die Hälfte davon beziehen sich auf die Wallensteinforschung.

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