von Günter Fiedler, BGZ Trautenau
Herr Jiří Bock, deren
Ururgroßvater ein Deutscher war, aus Schatzlar stammte und um 1910 wegen besseren
Verdienstmöglichkeiten in den nordböhmischen Braunkohlengruben seinen Geburtsort
verließ, ist im Reichenberger Bezirksarchiv als Facharbeiter angestellt. Er
beteiligt sich nicht nur an der Übersetzung der Chronik von Simon Hüttel, sondern
befasste sich in den letzten zwei Jahren umfangreich mit der älteren Geschichte
der Stadt Trautenau.
Das Ergebnis ist meiner Meinung nach eine ausgezeichnete über 50 Seiten lange
Studie mit 180 umfangreichen Anmerkungen über die Stadt mit der Überschrift
(in Übersetzung) "Geschichtliche, wirtschaftliche und Verwaltungsentwicklung
von Trautenau bis 1620". Herr Bock ist nicht nur hervorragender Kenner
der allgemeinen Geschichte überhaupt, sondern kann selbst alte deutsche und
tschechische und z. T. auch lateinische Urkunden lesen und den Inhalt in breiteren
Zusammenhängen und Hintergründen analysieren.
Hier nur kurz der Inhalt: Einleitung, I. Geschichte der Stadt bis 1620 (Meinungen
zur Gründung und älteste Stadterwähnungen; Gründung der Kolonisationsstadt Trautenau;
Trautenau zur Zeit der Luxemburger; Trautenau in der Hussitenzeit; Trautenau
in der Zeit der Verpfändung von Barbara von Cilli 1437 1448; Trautenau
in der Zeit der weiteren Pfandsinhaber 1148 1571; Trautenau als freie
königliche [Leibgedinge-]Stadt 1571 1620), II. Wirtschafts- und Verwaltungsentwicklung
bis 1620 (Vorhussitische Zeit; Hussitenzeit und bis in die 80erjahre des 15.
Jahrhundert, Von der Jagellonschen Zeit bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts.;
Die Zeit vor dem Weißen Berge), III. Städtische Kanzlei und ihr Schriftgut (Vorhussitische
Zeit; Nachhussitische Zeit), Schluss. Sieben Abbildungen ergänzen den Text,
z. B. Siegel von Vitiko de Upa aus dem Jahre 1287 (im Mährischen Landesarchiv
Brünn), Urkunde von Jan Temric auf Rognitz von 1479, die sich auch zu der Stadt
bezieht, und Abbildung einer Seite aus den Stadtregesten von 1604.
Herr Bock unterzieht mehrmals einer Kritik die Meinungen zu der Gründung und
älteren Entwicklung der Stadt nicht nur die deutschen Geschichtsschreiber (z.
B. J. Lippert, A. Zycha, K. Schneider und E. Heinzel), sondern auch die tschechischen
Vor- und Nachkriegswissenschaftler (z. B. J. V. Šimák, V. Wolf,
J. Kalistová, A. Hejna, A. Just), die öfter die Ansichten der Vorgänger
einer vom anderen unkritisch übernahmen und nicht die Vielfalt der erhalten
gebliebenen Dokumente zu Trautenau, nicht nur Urkunden, in verschiedenen "versteckten
Archiven" in der ganzen Tschechischen Republik kannten.
Die Studie kann ich jedem, der sich ernsthaft mit der Geschichte befasst, bestens
empfehlen. Natürlich muss er einigermaßen tschechisch können. Sie ist von überregionaler
Bedeutung und erschien im Sammelbuch "Sborník archivních prací"
55, 2005, Nr. 2.
Anmerkung: Sollten solche wichtigen Veröffentlichungen nicht mehrsprachig erfolgen?