Die Deutung des Ortsnamens Trautenau
ist schon vielfach versucht worden. Rein gefühlsmäßig möchten wir den
Namen unserer Bezirksstadt als die Stadt an der trauten Au erklärt
wissen, eine Deutung, die wohl niemand bezweifeln wird, denn unsere unvergessliche
Riesengebirgsmetropole liegt in einer wirklich schönen Au. Aber schon
in der Schule lernten wir, dass der Ahnherr von Trautenau ein gewisser
Ritter von Trautenberg gewesen sein soll, und gaben uns damit zufrieden.
Was geben nun die Ortsnamen und Urkunden uns für Anhaltspunkte für diese
Namensgebung?
Aus den uns heute leider nicht mehr zugänglichen urkundlichen Belegen
können wir entnehmen:
1. Das heutige Trautenau hat einst den slawischen Namen Upa geführt und
dürfte im Jahre 1260 aus zwei Ortsteilen bestanden haben. Über die in
der Urkunde vom 01. Mai 1260 angedeuteten Teilung in Upa I und
Upa II lassen sich nur Vermutungen anstellen.
2. Den Namen Trautenau führte ursprünglich das heutige Altstadt, das eine
Stadtgründung war. Später ist anscheinend ein großer Teil seiner Einwohner
in das bedeutend günstiger gelegene Upa gezogen, das nun zum Unterschiede
von der älteren Stadtanlage den deutschen Namen Neu-Trautenau erhielt.
Alt-Trautenau oder Altstadt-Trautenau, später kurzweg Altstadt
genannt, sank zum Dorfe herab, was urkundlich mit dem Jahre 1369 belegt
ist. Die Umsiedlung von Alt-Trautenau nach Upa (Neu-Trautenau) muss schon
vor 1260 erfolgt sein. Dafür spricht der Beleg "Antiqua uilla"
aus dem Jahre 1260 und das Vorhandensein eines deutschen Richters in Upa
in demselben Jahre. Dass auch andere Ortschaften durch eingewanderte Deutsche
umbenannt worden sind, bezeugt die gleiche Urkunde "Antiqua uilla".
Es muss also schon im Jahre 1260 Upa im Munde seiner deutschen Siedler
Neu-Trautenau geheißen haben. Wenn dieser deutsche Ortsname aber erst
41 Jahre später zum erstenmal in einer Urkunde auftritt, so lässt sich
das verschiedentlich erklären. Eine neue Urkunde wird zumeist auf Grund
einer älteren Urkunde ausgestellt. Die Formen der Orts- und Personennamen
werden aus den älteren Urkunden größtenteils unverändert übernommen. Die
Eigentümer alter Urkunden waren zumeist Tschechen, von denen vielfach
die tschechischen Namensformen übernommen wurden, nachdem diese geläufiger
waren als die neuaufkommenden deutschen Namen. Außerdem: Upa war nicht
nur eine ursprüngliche Ortsbezeichnung für das spätere Trautenau, Upa
wurde auch das dazu gehörende Schloss bezeichnet und schließlich auch
die ganze von diesem Schlosse verwaltete Provinz. Der Name Upa war also
gleichsam das Adelsprädikat der Schlossherren. Als im Jahre 1301 die böhmischen
Könige Stadt und Gebiet übernehmen, wird es zum letzten Mal Upa genannt,
und heißt von nun ab Neu-Trautenau. Mit den alten Besitzern starb
auch der alte Name aus. Wenn wir nun den Namen Upa nach 1306 noch vereinzelt
in Urkunden finden, so handelt es sich nicht um lebendige Ortsnamen, sondern
um
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eine aus älteren Urkunden übernommene
Herkunftsbezeichnung.
Auch die Entwicklung des Ortsnamens Trautenau aus Trutnow, Trutenowe
über Trutenau zu Trautenau können wir in den vorhandenen
Quellen genau verfolgen. Der heutige tschechische Name "Trutnov"
ist nichts anderes als die dem tschechischen Sprachgebrauch angepasste
mittelhochdeutsche Form des Namens "Trutenowe".
Der ursprüngliche tschechische Name "Upa" (Aupa) ist vielleicht
ein Flussname und bedeutet nach Liewehr "Wasser beziehungsweise Fluss".
Für eine Ableitung des Namens aus dem Slawischen sprechen ähnliche ost-
und südslawische Flussnamen. Allerdings ist nach neueren Forschungen die
Ableitung der meisten Flussnamen Böhmens aus dem Keltischen verbürgt.
Fest steht aber, dass der Name Trautenau deutschen Ursprungs ist. Nach
dem Chronisten Simon Hüttel führt die Stadt ihren Namen nach ihrem Erbauer,
dem Ritter Trautenberg, worin vielleicht auch ein gut Teil Wahrheit
steckt. Undiskutabel ist aber die Meinung des Fälschers der Königinhofer
Handschrift Hanka, der den Drachentöter "Trut" zum Namengeber
macht. Der Name Trautenau wurde ebenso gebildet, wie der des benachbarten
Ortes Liebau, vom althochdeutschen und mittelhochdeutschen "Trut",
was so viel heißt: "zu dem man Vertrauen, Zuversicht haben
kann" bzw. "lieb, geliebt". Das alte trut
= Geliebter, Geliebte, Gemahl. Trautenau könnte also heute
ebenfalls "Liebau" heißen und Liebau "Trautenau".
Wir haben bereits gehört, dass Altstadt ursprünglich den Namen
Trautenau geführt hat. In Altstadt mündet der Trautenbach, an
dem das gleichnamige Dorf Trautenbach liegt. Das Bestimmungswort
in Trautenau und Trautenbach ist offensichtlich gleich. Da die Bestimmungswörter
der meisten Ortsnamen unseres Bezirkes Personennamen sind, dürfen wir
in dem Trut der Namen Trautenau und Trautenbach noch eine andere
Deutung suchen, nämlich die eines Personennamens. Trut ist seit
dem 9. Jahrhundert eine häufige Kurzform für Namen wie Trautmann, Trautlieb,
Trautmund, Trautmer, Gertraut, Edeltraut und anderen. Dass solche
Namen in unserer Gegend und zu der in Betracht kommenden Zeit vorkamen,
beweisen das in der einstigen Trautenauer Provinz gelegene Trautliebersdorf
und alte Steuerrollen jener Zeit. Trautenau bedeutet nach dieser Deutung
die Siedlung des Traut in der Flußau. Da Trautenau (Altstadt)
und Trautenbach unmittelbare Nachbarorte waren, so ist es leicht möglich,
dass Traut der Gründer Trautenaus und der gleichnamige Gründer
Trautenbachs ein und dieselbe Person gewesen sind. Es muss ein besonders
tüchtiger und erfolgreicher Lokator gewesen sein, dem die Erschließung
der Stadt Trautenau (Altstadt) und des Dorfes Trautenbach übertragen worden
war und der vielleicht auch die Umsiedlung von Alt-Trautenau (= Altstadt)
nach Upa, also die Stadtgründung des heutigen Trautenau, durchgeführt
hat.
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