Von Alois Tippelt
Die Idee, statt des im Jahre 1792 auf
dem Ringplatz in Trautenau errichteten Röhrkastens mit der Darstellung eines
Lindwurmes einen modernen, mit der Figur Rübezahls gezierten, Monumentalbrunnen
zu errichten, stammt von dem an der k. u. k. Kunstgießerei in Wien tätigen Prof.
Franz von Poenninger, dem die Stadt Trautenau auch ihr schönes Kaiser-Josef-Denkmal
verdankte.
Der neue Brunnen sollte nicht nur eine Verherrlichung Rübezahls sein, sondern
sollte auch Episoden aus dem reichen Sagenschatz mit zur Darstellung bringen,
und da Musäus am meisten zur Popularität des Herrn der Berge beigetragen hatte,
sollte den Brunnen zu Ehren dieses Dichters eine Gedenktafel zieren.
Die Idee fand lebhaften Anklang und der Gemeinde- und Sparkassenausschuss im
Verein mit dem österreichischen Riesengebirgsverein setzten hohe Beträge ein,
um das Vorhaben zu verwirklichen.
Trotz vielfältigen Ersuchens und vieler Mahnungen seitens der Stadtgemeinde
Trautenau legte Prof. Poenninger erst nach 4 Jahren seinen Entwurf in einem
plastischen Modell im sogenannten Scheibensaal des Augartengebäudes den hohen
Herren Stadträten zur Begutachtung vor.
Das Modell fand wohl seine gebührende Anerkennung, nur wurde bemängelt, dass
Rübezahl auf einem Sockel sitzend dargestellt worden war. Auch die veranschlagten
Kosten von 30 000 Fl. fanden die hohen Herren zu hoch und so wurde zunächst
die Durchführung dieses Projektes nach dem vorliegenden Modell abgelehnt.
Inzwischen wurden bei mehreren anderen Kunstgießereien beiläufige Kostenvoranschläge
für eine Rübezahlfigur und 4 Gnome angefordert. Als solche in Höhe von 17 300
Mark bzw. 24 000 Mark eingingen, entschloss sich der seinerzeitige Bürgermeister
Dr. Josef Flögel, seine eigenen Ideen für ein Rübezahldenkmal zu verwirklichen.
Der damalige Professor an der k. u. k. Staatsoberrealschule, Josef Kirchner,
gab den Gedanken Dr. Flögels zeichnerische Gestalt und erzielte einen nachhaltigen
Erfolg.
Der Stadtrat vermeinte aber, dass die aufgenommenen Verhandlungen mit Prof.
Poenninger nicht abgebrochen werden sollten und versuchte, den Künstler für
die Idee des Bürgermeisters zu gewinnen. Das Ergebnis der langwierigen Verhandlungen
war jedoch unbefriedigend und so gingen schließlich Dr. Flögel zusammen mit
Prof. Kirchner als endgültige Sieger aus dem Wettbewerb um den Rübezahlbrunnen
hervor.
Bürgermeister Dr. Flögel ging nun mit einer derartigen Energie ans Werk, dass
schon am 09. Juli 1892 im Rahmen eines großen Festaktes das Kunstwerk der Öffentlichkeit
übergeben werden konnte.
Der Rübezahlbrunnen, einzig in seiner Art, war nicht nur eine Zierde der Stadt
Trautenau, sondern darüber hinaus für das ganze Riesengebirgsvorland. Jeder
Besucher hat ihn bewundert, auch Kunstexperten mit Rang und Namen konnten die
Anerkennung nicht versagen. Aus der Mitte des schön geformten, außen sauber
polierten, innen geschliffenen Bassins in der Größe 7 : 5, das über 20 Kubikmeter
Wasser fassen konnte und das von der Firma Schleicher in Schluckenau aus Granit
gemeißelt worden war, erhob sich ein mächtiger Felsblock aus Quadersandstein
vom Ziegengesteine bei Parschnitz, auf welchem Rübezahl, mit bartumwalltem Gesichte
gegen das Rathaus bzw. zum Gebirge gekehrt, wuchtig dargestellt war. In seiner
Rechten hielt er einen jungen Baumstamm, an welchem die Wurzeln noch teilweise
zu sehen waren, mit der Linken stützte er sich auf den überhöhten Felsblock
und suchte von rückwärts aufsteigend die Spitze eines Berges zu gewinnen, um
hier gleichsam Umschau über sein weites Reich zu halten.
Unten an den vier Seiten des Felsens waren ebenso viele Gnome angebracht. Der
gegen das Rathaus zu Stehende trug auf der Schulter einen Hammer, mit der linken
Hand hielt er ein Schild mit der Darstellung des Trautenauer Stadtwappens. Unter
dieser Figur verkündete eine Metalltafel:
Die beiden anderen Bergmännlein waren in sitzender Stellung, je mit einer Spitzhaue
arbeitend, dargestellt.
Die Figur Rübezahls hatte eine Höhe von 225 cm und wurde gleich den Gnomen von
der Firma A. Castners Nachfolger in Berlin in wetterfestem, galvanisch bronziertem
Zinkgusse für den Preis von 2 055 Fl. geliefert.
Die feingestockten Bodenplatten des Postaments und die gleichfalls geschliffenen
Bekleidungsplatten aus Granit lieferte ebenfalls die obengenannte Firma Schleicher.
Mit der Ausführung der übrigen Steinmetzarbeiten wurde H. Hofmann aus Haindorf
betraut.
Der Brunnen besaß zwei wohlgeformte, hübsch gearbeitete metallene Ausflussröhren
und dann eine im Felsen befindliche Trink- und Nutzwasserleitung. Für die übrigen
Arbeiten, wie Mauerung, Wasserzuleitung, Pflasterung u. a., wurden 2 996 Fl.
ausgegeben, so dass die Gesamtherstellungskosten des Rübezahlbrunnens auf 16
086 Gulden und 47 Kreuzer kamen.
Das Bild Trautenaus hat sich seit unserer Vertreibung gewaltig geändert, nach
wie vor aber hält Rübezahl auf dem Trautenauer Ringplatz im Angesicht der Schneekoppe
treue Wacht.