Quelle: Riesengebirgsheimat - Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe - 49. Jahrgang Nr. 7
von Alfred Förster, früher Oberaltstadt
Nr. 97
Nach: Trutnov znamy neznamy (Just u. Hybner)
Die alte Trautenauer Papiermühle,
die sich ursprünglich am Fuße des Schloßberges am Mühlgraben
in der heutigen Wassergasse befand, gehörte einstmals zu den ersten und
daher ältesten Papiermühlen im Böhmerlande. Erwähnt wird
sie so nebenbei in einer Nachricht aus dem Jahre 1505, in der es heißt,
daß der alte Fabian in einem Tümpel "oberhalb der Papiermühle"
eine Forelle gefangen habe, die die Länge einer Klafter (1,8 m) überschritt.
Sollte es etwa im Mittelalter so etwas wie Fischlatein gegeben haben? Sei es,
wie es sei, die alte Papiermühle, in deren Nachbarschaft sich die Mittelmühle
und die Stoffwalke (Einrichtung zum Verfilzen von Tucharten) befanden, alle
drei gehörten der Herrschaft Trautenau. Das änderte sich oft, da die
Stadt und die Herrschaft immer wieder in die Abhängigkeit anderer Gläubiger
kam. Die Papiermühle wird z.B. im Jahre 1515 erwähnt, als es zu der
eigenwilligen Teilung der Stadt durch die Schumburger kam. 1537 ist Bartel Fetscher
der Papiermacher. Im Jahre 1542 gehörte die alte Papiermühle der Stadt.
In diesem Jahre verleiht die Königin Anna der Stadtgemeinde Trautenau die
Einkünfte der Stadt, des Schlosses, mit allem Zubehör, die Zinsen,
die Dienste der Hörigen, die Roboten, die Holzschläge und die Weiden,
das Braurecht, die Mühle und die Papiermühle, einige Grundstücke
vor der Stadt und die Teiche für den Preis von 5000 Rheinischen Gulden
und betont nachhaltig die Pflicht der Stadtgemeinde, das Schloß, die Mühle
und die Papiermühle in gutem Zustand zu halten.
Nach dem misslungenen Aufstand böhmischer Städte, zu denen auch Trautenau
gehörte, kam die Herrschaft Trautenau in die Hände von Christof v.
Gendorf. 1557 brannte die Papiermühle völlig nieder, wurde aber im
darauffolgenden Jahre von Hans Fetscher wieder aufgebaut. Durch ein Hochwasser,
das viel Holz mit führte, wurde die Papiermühle im Jahre 1570 so stark
in Mitleidenschaft gezogen, dass sie längere Zeit nicht in Betrieb war.
Erst nach dem Bau eines neuen Wehres wurde das Wasser des Mühlgrabens wieder
auf die Wasserräder der Papiermühle geleitet. Zu dieser Zeit stand
die Papiermühle nicht mehr unter dem Schlossberge. Inzwischen war die Papiermühle
auf Kosten der Stadt auf ein Grundstück in Niederaltstadt verlagert worden.
Diesen Standortwechsel erzwang Christof v. Gendorf, weil ihn angeblich der Lärm
der Papiermühle störte. In Wirklichkeit wollte er der Stadt, mit der
er dauernd in Streit lebte, nur Schwierigkeiten und Ärger bereiten. Im
Jahre 1580 erwarb um den Preis von 500 Schock Meißener Groschen der Papiermacher
Benedikt Frey aus der Gegend von Iglau das Unternehmen. Das erzeugte Papier
verwendete er hauptsächlich in der eigenen Druckerei in Prag. Der Stadtgemeinde
Trautenau zahlte er als Zinsen 20 Schock Meißener. Im Jahre 1581 vermietete
Frey die Papiermühle auf die Zeit von vier Jahren an den Meister Schmidt
für den Jahreszins von 18 Ballen Papier, das gegen Feuchtigkeit nicht anfällig
sein sollte; nach einem Jahre übernahm Frey die Produktion wieder selber.
Während des Stadtbrandes i.J. 1583 wurde auch die Papiermühle ein
Raub der Flammen. Ein starker Wind trieb und wirbelte die Fetzen des verbrannten
Papiers meilenweit von der Stadt fort, wo sie dann in der Erscheinung schwarzer
Schneeflocken zur Erde niederfielen. Die Leute, die die Ursache nicht kannten,
glaubten an ein Mirakel, manche an Geisterspuk. In einer Urkunde es handelt
sich um einen Kaufvertrag, in dem die Herrschaft Trautenau in den Besitz der
Stadtgemeinde übergeht wird die Papiermühle erwähnt, "die
wenig höher am Aupafluss liegt." Anlässlich zweier Begebenheiten,
die sich Ende des 16. Jahrhunderts ereignet haben, findet die Papiermühle
Erwähnung. Im Jahre 1592 gebar die Frau eines Papiermachergesellen ein
völlig missgebildetes Kind, und 1599 erschlug ein Blitz die Adele Just
in der Nähe der Papiermühle.
Jeder in Trautenau erzeugte Bogen Papier war im 16. Jahrhundert mit dem Stadtwappen
als Wasserzeichen versehen und gekennzeichnet. Das war auch im 17. Jahrhundert
noch so. Auch die Umhüllungen der Versandpakete trugen die Kennzeichnung
des Trautenauer Unternehmens, das Stadtwappen in freier Gestaltung. Der Drache
ist dargestellt als Lindwurm mit vier Beinen, der Rabe ohne den Ring im Schnabel,
nicht fliegend sondern sitzend auf dem Stadttor. Am Ende des 17. Jahrhunderts
(1694) fungiert als bekannter Trautenauer Papiermacher Melichar Peschke, der
1713 dem angenommenen Sohne seines Vorgängers, G. Budiger, das Unternehmen
verkauft. Ferdinand Budiger beschäftigte 2 Gesellen. Er vergrößerte
das Gelände um seinen Betrieb immer mehr, auch wenn er sich Kirchengelder
leihen und 6 Prozent Zinsen zahlen musste. In der Mitte des 18. Jahrhunderts
betreibt die Papiermacherei der angenommene Sohn Budigers, der Papiermacher
Johann Gärtner. Die Erzeugung war nach damaligen Verhältnissen bemerkenswert
hoch: 25 Ballen Post-, Kanzlei-, Konzept- und Löschpapier. Wegen hoher
Schulden wurde ihm alles Papier gepfändet. 1752 führt der Papiermacher
Ignaz Peschke aus Brettgrund den Betrieb weiter. Aber auch ihm erging es nicht
besser. Ihn drückten nicht nur die Schulden schwer, sein Sohn Peter, der
einmal seinen Wirkungsbereich übernehmen sollte, starb im Alter von 26
Jahren. Eine indirekte Nachricht über die Trautenauer Papiermühle
haben wir aus dem Jahre 1778. In der Nähe wurden von österreichischen
Husaren zwei Schatzlarer Ratsherren befreit, die als Geiseln von preußischen
Soldaten eskortiert worden waren. Nach dem Tode des Ignaz Peschke 1779
die Papiere aus seiner Werkstatt sind mit einem Adler gekennzeichnet, an dessen
Brust ein doppelschwänziger böhmischer Löwe mit einer Krone prangt
übernahm die Papiermühle der unternehmungslustige und geschickte
Geselle Paul Margot, der sich mit der Peschketochter Eleonora vermählte.
Er wehrte sich mit Erfolg dagegen, daß in seiner Nähe eine weitere
Papiermühle zugelassen werden sollte. In der Umgebung gab es schon 7 Betriebe.
Der Bedarf an Rohmaterial (weiße Hadern) war knapp. Aus Prag, Wien und
Pest mussten im Jahre 300 Zentner eingeführt werden, drum setzte sich Margot
dafür ein, dass Hadern, die bis in die Türkei und nach Russland gingen,
nicht mehr ausgeführt werden durften. Aus den heutigen Kenntnissen ist
laut damaligen amtlichen Erhebungen feststellbar, dass Margot im Jahre 1796
nicht weniger als 226 Ballen verschiedener Papiersorten, Pappe und Pappdeckel
herstellte, die nach Prag, Wien und Ungarn verkauft wurden. Die Erzeugnisse
der Trautenauer Papiermühle hatten einen guten Ruf und wurden allgemein
geschätzt und gelobt. An die ungarische Hofkanzlei lieferte man viele,
viele Jahre. Ein Ballen hat 10 Ries, ein Ries 1000 Bogen. Das kinderlose Ehepaar
Margot nahm die Verwandten, die Ludmilla Jehlitschka und den Peter Zeh, auf,
die das Papiermacherhandwerk erlernten, und adoptierte sie. Als Erbe fiel ihnen
im Jahre 1819 die Papiermühle zu. Im Jahre 1830 beschäftigte das Unternehmen
2 Papierarbeiter, 2 Lehrlinge und 2 Mädchen als Helferinnen. Die Papiermühle,
die jetzt jährlich 500 Ballen Papier erzeugte, sollte später der Peter
Zeh jun. weiterführen. Aber er erlebte es nicht. Nach dem Tode des Peter
Zeh sen. er war 69 Jahre alt wurde im Jahre 1846 die Papiererzeugung
in der Trautenauer Papiermühle für immer eingestellt. Sie gehörte
nach der Erzeugungskapazität zu den mittelgroßen Unternehmen im Böhmerlande.
Das Bild der Papiermühle aus dieser Zeit ist auf einer Schießscheibe
aus dem Jahre 1843 festgehalten. Das einstöckige Hauptgebäude hat
im Dachgiebel zahlreiche Öffnungen die befinden sich auch in den
einzelnen Dachkammern die der Zirkulation der Luft dienen, damit das
aufgehängte Papier möglichst schnell trocknet.
Die Papiermühle stellt sich als ein umfangreiches Konglomerat von Gebäuden
vor, das durch verschiedene Zu- und Umbauten entstanden ist; es zeugt von guter
und zielbewusster Führung des Unternehmens. In der Mitte des 19. Jahrhunderts
erwarb Alois Haase den Besitz und gründete eine Flachsgarnspinnerei. An
die Tradition der Trautenauer Papiererzeugung knüpfte, wenn auch nur für
kurze Zeit, die Papiermacherei Ullrich in der Krieblitz an.