Quelle: "Aus Rübezahls Heimat" – Jahrgang 1950

Der Löns-Gedenkstein in Trautenau

Von Adolf Skall

Beim Fehlen nötiger Arbeitskräfte hatte der Trautenauer akademische Bildhauer Emil Schwantner selbst in schwerster Plage mit zugegriffen, den von ihm kunstvoll im Sandsteinbruche in Liebenau gefertigten Löns-Gedenkstein am Hange des Knebelsberges bei Trautenau vom Streifwagen abzuladen und am Waldessaume auf historischem Gelände nächst den vielen Gräbern der im Jahre 1866 dort Gefallenen aufzustellen, ein Sandsteinkoloss von vielen Zentnern Gewicht und ein zu Stein gewordenes Gedicht. Unfern der Stadt, doch inmitten einer Waldidylle, wo das Wild wechselte und wohltuende Ruhe und Nadelduft den Wanderer umfing, wo die nahe Johanniskapelle zu stiller Andacht rief, war dieser Platz am Waldwiesensaume, dem Heidedichter Löns und seinem Schaffen angemessen und eindrucksvoll gewählt, entsprechend ausgestaltet worden. Ein Rehlein stellte das Denkmal dar, das nach über seinem hochgestreckten Kopfe in einer Raufe angebrachtem Futter äste, seitlich darüber ein Vöglein, aus einer Vertiefung einen erquickenden Trank tuend, und unten, angeschmiegt an den hohen Stein, ein Häslein, das, auf den Hinterbeinen aufgerichtet, ein Männchen macht. Über diesem Denkmalzauber ein breites Band mit der Inschrift "Heidedichter Löns" und vor dem Gedenkstein eine mit Steinblöcken und Farnkraut verdeckte Trinkstelle für des Waldes durstgeplagtes Getier. Nicht besser und schöner hätte dieses Mal geschaffen werden können, keinen passenderen Platz zu finden vermocht. In wochenlanger harter Arbeit hatte es Schwantner, fern seinem Heime, in freiem Gelände bei Wind und Wetter auf Bestellung des St. Hubertus-Jagdschutzvereins in Trautenau geschaffen und den hierfür geringen Preis von 3 500 Tschechenkronen vereinbart. Am Tage vor des Gedenksteins Enthüllung, der Teilnehmer aus allen Teilen des Sudetengaues brachte, wurden Schwantner jedoch nur 3000 Kronen zugesendet, ohne dem entsagungsvollen Künstler Mitteilung zu machen, ob und wann er den Restbetrag von 500 Kč erhalten würde. Diese Unterlassung aber hätte beinahe verhängnisvolle Folgen gehabt. Zum Glück kam ich an diesem Tage, wie so oft schon vorher, zu Schwantner und traf ihn verärgert und aufgeregt über die unklare Geldübersendung daheim an. Er enthüllte mir finstere Pläne, die mich erschreckten. Ich beruhigte ihn mit dem Ersuchen, mir als seinem Freunde die Angelegenheit in geduldigem Zuwarten anzuvertrauen. Wissend, dass ich in seinem Interesse handeln würde, erklärte er sich einverstanden. Daraufhin hatte ich noch am Nachmittage desselben, Tages eine sehr ernste Rücksprache mit dem Obmann des Denkmalsausschusses, einem Trautenauer Zahntechniker, die mir die Gewissheit brachte, dass keine Kürzung des vereinbarten Herstellungspreises beabsichtigt war und nur die Einnahme des nächsttägigen Jägerkränzchens abgewartet werden müsse, um Schwantner die noch fehlenden, 500 Kronen zusenden zu können. Dies teilte ich dem, erbosten Künstler mit, und damit gab er sich zufrieden, sonst wäre das putzige Häslein am Löns-Gedenkstein noch vor dessen Enthüllung den Hammerhieben seines sich zu Unrecht betrogen glaubenden Schöpfers ganz bestimmt zum Opfer gefallen – und Schwantners guter Name mit ihm. Der Enthüllung aber blieb er fern, und den Restbetrag erhielt er schon am übernächsten Tag. Die Schuld an diesem Vorfalle aber lag auf Seiten der sich in Schweigen hüllenden Festveranstalter, denen dabei jede böse Absicht fehlte. Mich aber hätte sie den Freund kosten können.



< Home >

© Copyright 2006 – 2006, www.riesengebirgler.de / www.trautna.de