Quelle: Riesengebirgsheimat Heimatblatt für die ehemaligen Kreise Trautenau und Hohenelbe 49. Jahrgang / Nr. 10
Literatur: Trutnov: Znamy-neznamy (Just-Hybner)
Trautenau (Lamer)
von Alfred Förster
Ja, man hat sie immer wieder gesehen,
man ist unendlich viele Male an ihr vorbeigegangen, man weiß, daß
die Statue der Heiligen Dreifaltigkeit auf' dem östlichen Teil des 160
Schritt langen und 130 Schritt breiten Marktplatze des Riesengebirgsstädtchens
steht und daß sich um das Postament des Standbildes verschiedene Heiligenfiguren
in Lebensgröße zusammenscharen. Doch um das Drum und Dran und an
das Wissenswerte und Eigenartige haben sich nur wenige Interessenten Gedanken
gemacht. Doch es lohnt sich, ein wenig zu verweilen, etwas genauer hinzuschauen,
das Verborgene und ins Dunkel Gehüllte der stattlichen und eindrucksvollen
Gedenksäule zu betrachten, aufzuhellen und auszuleuchten. Das gelungene
Meisterwerk der Bildhauerkunst soll im Jahre 1704 auf Geheiß, Wunsch und
Willen, sowie auf Kosten des Fleischermeisters und Bürgers der Stadt Trautenau
mit Namen Johann Georg Neidik erstellt worden sein. Es ziert und verschönert
seit dieser Zeit den Ringplatz des Städtchens. Den begnadeten Künstler
kennt man nicht, auch der Ort ist unbekannt, wo das Denkmal entstanden ist.
Es besteht aus Sandstein, hat eine Gesamthöhe von 11 Metern und trägt
Inschriften in drei Sprachen. Die eigentliche Säule, die sich gegen den
Himmel streckt ist 4,80 Meter hoch und trägt die Darstellung der Allerheiligsten
Dreifaltigkeit. Das Postament ist quadratisch. Unmittelbar über dem Sockel
gruppieren sich 8 Heiligenfiguren rund um den Säulenfuß und verleihen
dem Meisterwerk ein eindrucksvolles, geschlossenes Erscheinungsbild. Im 16.
Jahrhundert stand auf dem gleichen Platze noch der Pranger, der Schandpfahl,
an dem verurteilte Übeltäter und sehr oft Dirnen, Straßenmädchen,
sogenannte Allermannsliebchen, angekettet wurden. Man stellte die Missetäter
und Bösewichte im Mittelalter deshalb öffentlich zur Schau, um auf
Verfehlungen und Unsitten aufmerksam zu machen und um labile Gemüter zu
warnen und abzuschrecken. Schwerverbrecher hielt man mit dem Halseisen (Halsring)
am Pranger fest und gab sie dem Spott und Hohn der Bevölkerung preis. In
unmittelbarer Nähe dieses gestrigen Strafvollziehens waltete der Scharfrichter,
der Henker, seines grausigen und schauerlichen Amtes. Im Jahre 1506 endete hier
der kluge und gelehrte Bürgermeister der Stadt Hans Pfeifer, der eigentlich
von Beruf ein Schneider gewesen war. Man klagte ihn an, weil er zweimal verheiratet
war und aus Amtsbüchern Blätter mit bloßstellenden Nachrichten
über seine Person hatte verschwinden lassen. Pfeifer machte sich von seiner
Frau unbemerkt auf und davon, tauchte in Trautenau auf und verheiratete sich
hier mit einer jungen Witwe. Wegen seiner geistigen Fähigkeiten, seines
Könnens und hauptsächlich ob seiner außergewöhnlichen Redegewandtheit
gelangte er sehr bald in den Rat der Stadt und wurde sogar Bürgermeister.
Als aber seine früheren Verfehlungen und Missetaten hier bekannt wurden,
führte man Pfeifer der dafür damals fälligen harten Bestrafung
zu, zumal er durch sein frevelhaftes, verdecktes und erschlichenes Tun den Stadtrat
und die gesamte Einwohnerschaft dem Gespött preisgegeben hatte. Im Obertorgefängnis
saß er in Haft und wurde zum Geständnis erpreßt. Ob zu seiner
Überführung mittelalterliche Folterwerkzeuge angewendet wurden
sie waren ja reichlich vorhanden ist in der Überlieferung nicht
angeführt. Bekannt ist, daß er nach seinem Eingeständnis zum
Tode durch Enthauptung mit dem Schwerte verurteilt wurde. Als sein Kopf vom
Körper getrennt zur Seite flog, soll sein Mund sich noch dreimal mit herausgestreckter
Zunge geöffnet haben, so erzählte man später in Stadt und Land.
Auf schonungsvolle und nachsichtige Fürsprache begrub man ihn gegen alle
damaligen Gepflogenheiten auf dem Friedhofe neben der Kirche. Am Leichenzug
nahmen nur Schüler der nahegelegenen Schule teil. Zur Schande für
sein Verbrechen lag sein Grab dort an der Mauer, wo die Schüler ab und
zu ihre Notdurft verrichteten. Interessant ist, daß keine hundert Jahre
später im Jahre 1601 ein Namensvetter des Hans Pfeifer, ein gewisser Heinrich
Pfeifer ebenfalls vom Scharfrichter geköpft wurde, weil er sich ebenfalls
wegen Doppelehe schuldig gemacht hatte. Die Hinrichtung des Bürgermeisters
Hans Pfeiffer fand ausnahmsweise auf dem Marktplatz statt, obzwar man die blutigen
Exekutionen bereits einige Zeit vorher auf den Galgenberg, den späteren
Gablenzberg, verlegt hatte. Doch im Falle des nichtswürdigen, schurkischen
ehemaligen Bürgermeisters wollte man ein einschüchterndes Exempel
statuieren.
Da wegen der Pranger und der erfolgten blutigen und grausamen Hinrichtungen
diese Stelle des Ringplatzes in den Köpfen der Stadtbewohner arg belastet,
geschändet und verschrieen schien, erfolgten laut Aufzeichnungen in den
Büchern der Stadt, wiederholt Anregungen und Ansuchen, die Dreifaltigkeitssäule
auf einen anderen, geeigneteren Ort zu verlegen. Doch dem Verlangen und Begehr
wurde nie entsprochen. Das Appellationsgericht in Prag lehnte das Ansuchen endgültig
ab.
Das eindeutige und zuverlässige Aufstellungs- und Einweihungsdatum war
lange Zeit unbekannt und umstritten. Doch nach dem folgenden Kryptogramm
Text mit versteckten Angaben hat ein kluger Kopf nach den hervorgehobenen
Großbuchstaben des auf der Statue angebrachten Textes die Jahreszahl MDCCIIII
1704 herausklamüsert. Solche Verse, Sprüche, Gedenktafeln und
Grabinschriften waren in damaliger Zeit üblich und je verzwickter die verkappten
Mitteilungen waren, desto begehrenswerter erschienen sie.
IN HONOREM
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Zur Ehre
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SACROSANCTAE
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der Hochheiligen
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TRIADISPOSITA
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Dreifaltigkeit
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A
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von
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IOANNE GEORGIO
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Johann Georg
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NEIDIK CIVE
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Neidig Bürger
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TRAVTTENAVIENSIS
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von Trautenau
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Anmerkung:
Aus dem Stadtführer der Stadt Trautenau aus dem Jahre 1913 lesen wir, dass die
Dreifaltigkeitssäule, auch Pestsäule genannt, im Jahre 1609 auf dem Ringplatz
errichtet wurde.
Der Illustrierter Führer durch Trautenau und Umgebung von Leo Worl aus
dem Jahre 1913 ist im staatlichen Bezirksarchiv Trutnov hinterlegt und ist auch
als Reprintausgabe erhältlich in zwei
Ausführungen erhältlich.