Die Geschichte der

evangelischen Christuskirche in Trautenau

Nach der  "Trautenauer Bezirkskunde" erschienen. im Verlag des Trautenauer Bezirks-Lehrevereins, 1901, Seite. 406 – 411,  und nach Fragmenten (1919 – 1940) des erhaltenen "Evangelisches Gemeindeblatt für die Riesengebirgsgemeinden Hermannseifen, Hohenelbe, Langenau, Trautenau und die Adlergebirgsgemeinde Grulich" aus den darin enthaltenen Beiträgen von Pfarrer F. Knorek "Pfarramt Trautenau" kompiliert im Januar 2005 durch Theodor F. Müller.

[Literaturnachweis: S 608/5 Schlesische Bibliothek im Ostkirchen-Institut in 48143 Münster]



Inhalt:
 
Die evangelische Christuskirche in Trautenau (Bezirkskunde 1901)
Die evangelische Gemeinde in Trautenau (Bezirkskunde 1901)
Zum 40jährigen Bestand der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Trautenau
Die neuen Glocken 1929
Glockenweihe und Gemeindejubiläum
Die Ehrentafel für die Opfer des Weltkriegs 1914 – 1918
Kirchenmusik
Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit
Wahlen zur Gemeindevertretung 1921 und 1927
Streiflichter aus dem Leben der Gemeinde
Augenzeuge Wehrenfennig: Der Bau der evangelischen Kirche in Trautenau
Einige statistische Daten der Gemeinde
Fotos von der Kirche aus dem Jahre 2005

 

Die evangelische Christuskirche in Trautenau

Reskription des Textes der "Trautenauer Bezirkskunde; Hrsg. Bezirkslehrer Verein, Trautenau 1901; Seite 406 – 411,
Reskription: Theodor Friedrich Müller




An der Rognitzer Straße, den Stadtpark beherrschend, steht die am 07. Oktober 1900 eingeweihte evangelische Christuskirche. Dieser schöne, moderngotische Neubau ist vom Zivil-Ingenieur Karl Rieger in Trautenau nach Plan und Weisung des Wiener Architekten Karl Steinhofer binnen Jahresfrist errichtet worden. (Kosten samt Bauplatz und Inneneinrichtung 65.000 K)

Über dem Portal grüßt eine Christusbüste (aus Zementguss) herab. Der zierliche Turm, nach oben achtseitig verjüngt, ragt 43 m hoch. Die Fassade ist, erstmalig in Trautenau, zum Teil mit roten Plättchen verblendet.

Im Innern fällt die weite Spannung der Kreuzgewölbe auf, sowie die schönen Glasmalereien in den Kreuzschiff- und Altarfenstern. In ersteren sind Christus als Sämann und Johannes der Täufer in Halbfigur dargestellt, in letzteren die Gestalten des Petrus und Paulus. Die Kreuzschifffenster stiftete Familie Hesse auf Schloss Schatzlar, die Altarfenster Dr. Ritter von Stein in Trautenau. Die schön geschnitzte Kanzel, in den 4 Feldern die Halbreliefgestalten der 4 Evangelisten führend, ist ein Geschenk des Presbyters Fritz Zimmermann. Der kunstvoll gearbeitete Luster, elektrisch installiert, wurde von Frau E. Wowes gestiftet.

Im Turm hängt auf ein einem eisernen Glockenstuhl  übereinander montiertes dreistimmiges Geläute (As-Dur) von Frau Franziska Kluge geb. Pfaff der Gemeinde geschenkt. Am 29. Juli 1900 waren die Glocken noch vor der noch im Bau befindlichen Kirche aufmontiert, und der Ortspfarrer E. Wehrenfennig vollzog unter großer Beteiligung der Gemeinde und Stadt die Weihe, anknüpfend an das Motto über Schillers "Lied von der Glocke": Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango. Die größte Glocke (5 Zentner) trägt die Inschrift: "Land, Land, Land höre des Herrn Wort", die mittlere: "Halt´ im Gedächtnis Jesum Christ", die kleine: "Ehre sei Gott in der Höhe".

Um die Kirche herum ist unter freundlicher Leitung des städtischen Forstmeisters Vogel´gsang eine hübsche Anlage von Koniferen hergestellt, wodurch die Kirche dem prächtigen Stadtpark eingegliedert erscheint. Die Kirche wird mit Meidinger Öfen geheizt.

An der Spitze der Gemeinde stehen derzeit als Kurator Oswald Driesen, Kaufmann; als Kassierer Fritz Zimmermann, Kaufmann. Der erste eigene Pfarrer der Gemeinde ist Erich Wehrenfennig (aus Oberösterreich).

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Die evangelische Gemeinde in Trautenau (Bezirkskunde 1901)

Nach Simon Hüttels Chronik war Trautenau in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lutherisch gesinnt. Über die Durchführung der Gegenreformation gibt das Trautenauer Archiv keine Andeutung. Erst die empor blühende Industrie hat mehrere evangelische Familien und viele allein stehende Männer, meist aus Deutschland nach Trautenau und in die Orte der Umgebung gezogen, die nach dem Pfarrsprengel Hermannseifen gehörten. Am 01. November 1883 hielt Pfarrer Johann Kupka aus Hermannseifen den ersten evangelischen Gottesdienst nach der Gegenreformation im Turnsaal der Realschule ab. Erst im Jahr 1885, anlässlich eines zweiten evangelischen Gottesdienstes, kam es zur Bildung eines Dreier-Ausschusses, bestehend aus O. Driesen, Ernst Tinzmann und Josef Schöps.

Seit dem Jahre 1885 erbat sich die kleine Gemeinde die seelsorgerische Obhut des damaligen Pfarrers Dr. Erich Johanny in Gablonz a. N. Derselbe hielt am 31. Mai d. J. im großen Schiesshaussaal unter starkem Zulauf (auf Grund von 1. Joh. 5.4.) eine Predigt über "die Siegesmacht des evangelischen Christenglaubens". Nun wurde Fritz Zimmermann in den Dreierausschuss gewählt und regelmäßiger Gottesdienst siebenmal im Jahr festgesetzt.

Die lange angestrebte Einbeziehung der Tochtergemeinde Trautenau zur Pfarrgemeinde Gablonz a. N. wurde endlich am 13. September 1889 von der kirchlichen Behörde genehmigt.

Da Pfarrer Dr. Johanny nach Wien berufen wurde, pastorierte von 1889 bis 1894 lic. theol. Pfarrer Arthur Schmidt die Gemeinde. Der  Gottesdienst wurde zu dieser Zeit im Zeichensaal der Staats- Oberrealschule abgehalten, später im kleinen Schiesshaussaal, bis in der neu gebauten Mädchen-Volksschule (1893) im leeren Turnsaal ein würdiger Raum gefunden war, worin der Altar von Fall zu Fall errichtet werden konnte.

Emsig haben die Evangelischen in Trautenau schon von 1890 an zu einem Kirchenbau gesammelt, aber die Hoffnung auf ein rasches Ziel erfüllte sich lange  nicht.  Doch wurde schon im Jahr 1891 ein Baugrund im Ausmaß von 1.500 qm erstanden.

Als Pfarrer A. Schmidt nach Bielitz berufen wurde, übernahm Pfarrer Joh. Molin aus Gablonz die Versorgung der Evangelischen in Trautenau. Da aber bei der weiten Entfernung von Gablonz dieselbe keine hinreichende sein konnte, andrerseits die Gemeinde durch die Einführung bestimmter kirchlicher Beiträge leistungsfähiger geworden war, berief man am 08. Oktober 1896 einen eigenen Vikar zur Seelsorge in der Person des noch jetzt in der Gemeinde wirkenden Pfarrers.

Durch Heranziehung aller Evangelischen im Bezirk Trautenau steigerten sich die Einkünfte der Gemeinde im Jahr 1899 schon so weit, dass man die Umwandlung der Filiale in eine selbständige Pfarrgemeinde denken konnte. Am 26. März 1899 war unter allgemeiner Zustimmung der Beschluss dazu gefasst worden. Die Genehmigung der Behörden traf, nachdem sie zuerst versagt worden war, am 11. März 1900 ein, an welchem Tage die erste Pfarramts-Matrik angelegt wurde.

Die Sammlungen zum Kirchenbau ergaben infolge mancher Reise zu Gustav Adolf Vereinsfesten in Sachsen in den Jahren 1898 und 1899 erhebliche Summen; namentlich fielen der Gemeinde die Liebesgabe von Berlin (6.200 Mark) und die Hauptliebesgabe von Dresden (7.000 Mark) zu. So konnte die Gemeinde am 08. September die Grundsteinlegung ihrer Kirche feiern. Die Baustätte war festlich geschmückt. Fast alle Behörden der Stadt und viele Glaubensgenossen der Nachbargemeinden, des In- und Auslandes gingen im Festzug durch die Stadt, unter den Klängen des Liedes "Ein feste Burg ist unser Gott". Die Weiherede hielt (unter strömendem Regen) der Ortsseelsorger über Jesaias 58 v. 12: "Es soll durch dich gebauet werden, was lange wüste gelegen hat und wirst Grund  legen, der für und für bleibe". Derselbe tat auch die drei Hammerschläge. Hammerschläge wurden ferner getan von k. k. Statthaltereirat H. v. Herget im Namen der Obrigkeit mit den Worten: "Zur Ehre Gottes, den Gläubigen zu Erbauung, der Stadt Trautenau zur Zierde". Vom Bürgermeister H. Rauch im Namen der Stadt: "Durch Glaubenstreue zur Ehre Gottes errichtet, sei dieses Haus eine  Stätte wahrer Frömmigkeit   und christlicher Nächstenliebe." Von Sr. Excellenz dem Grasen Udo zu Stollenberg – Wernigerode: "Gott ist Geist, und die ihn anbeten müssen ihn im Geiste der Wahrheit anbeten". Zuletzt, an 15. Stelle ergriff der verdiente Kurator der Gemeinde den Hammer  und sprach: "Die Treue an den Herrn hat dieses Hauses Grundstein gelegt, mögen Treue, Liebe, Glauben, die Grundfesten unserer Gemeinde bleiben für und für".

Folgende Urkunde wurde, in einer Zinkkapsel verborgen, dem Grundstein einverleibt:



Urkunde

Im Jahre des Herrn 1899, dem 51. Jahre der Regierung seiner Kaiserlichen und Königlichen Majestät Franz Josef I. aus dem glorreichen Hause Habsburg am 08. September nachmittags 8 Uhr wurde der Grundstein dieser Kirche gelegt und zuvor diese Urkunde in einer Blechbüchse darin geborgen.

In der Blechbüchse befanden sich außerdem:

1. Die Aufrufe des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde A. C. in Trautenau vom August 1885, vom Juni 1890, vom September 1895, die Kirchenkalender vom Jahre 1897, 1898, 1899.
2. Die aktenmässige Darstellung der Gründung der Gemeinde in Dr. theol. Arth. Schmidts Broschüre: "Das Evangelium in Trautenau und Umgebung".
3. Die Installationspredigt des unterzeichneten ersten eigenen Seelsorgers der Gemeinde.
4. Der letzte Aufruf für den Kirchenbau im Oktober 1898.
5. Das Protokoll der Gemeindeversammlung vom 26. März 1899, in welcher die Umwandlung der Zweiggemeinde zur Pfarrgemeinde und der Bau der Kirche angeregt wurde, und der Bericht des Presbyteriums über eine Gemeindeversammlung vom 30. April 1899, in welcher beides beschlossen wurde.
6. Die Kirchenrechnungen von den Jahren 1891, 1896 und 1898.
7. Das Programm der Grundsteinlegungsfeier.
8. Einige Münzen

Die Grundsteinlegung stand unter dem vom Vertrauen der Gemeinde getragenen, seit 1889 gewählten Presbyterium statt, von welchem die Herren O. Driesen, Fritz Zimmermann und Ernst Tinzmann schon dem Ausschuss angehörten, der zuerst seit 1885 die Sorge für die evangelischen Glaubensgenossen in Trautenau in opferwilliger Freudigkeit in die Hand genommen hatte, und bis 1889 allein, von da ab in treuer Gemeinschaft mit den dazu gewählten Presbytern, den Herren Adolf Engelmann, Ernst Henner, Julius Schmekel und Andre Raymond unter Mitwirkung der Gablonzer Seelsorger Dr. E. Johanny, Dr. A. Schmidt und J. Molin.

Um die Herstellung der Pläne zur Kirche hat sich der junge Architekt Karl Steinhofer aus Wien verdient gemacht. Sein schöner und doch billiger, praktischer Entwurf gab der Gemeinde den Mut und die Freudigkeit, den Kirchenbau endgültig zu beschließen.

Die Baumeisterarbeiten wurden dem bewährten Zivilingenieur Karl Rieger von hier, der 1890 auch den Grund zum Kirchenbau zu billigem Preis abgetreten hatte, übertragen. Die Zimmermeisterarbeiten erhielt Herr J. Adam hier, die Tischlerarbeiten Herr Berger hier, die Spenglerarbeiten Herr Klein hier, der in uneigennütziger Weise zu Gunsten des Baus 10 % Nachlass zusagte, die Schlosserarbeiten erhielt Herr F. Schneider, die Dachdeckerarbeiten Herr W. Steffan.

Der erste Spatenstich zum Kirchenbau geschah am Mittwoch, den 28. Juni 1899 um 6 Uhr früh durch Herrn Gustav Adolf Rieger jun., dem Sohn des Baumeisters.

Die Gemeinde zählt gegenwärtig ca. 420 Seelen in 43 rein evangelischen und 68 gemischten Ehen, 220 in Trautenau, 200 in der Umgebung.

Die Gemeinde umfasst den politischen Bezirk Trautenau mit Ausnahme der Orte Freiheit, Johannisbad, Marschendorf 1. – 3. Teil und Schwarzenberg.

Die Zahl der Geborenen betrug im Jahr 1894: 6; 1895: 12; 1896: 12; 1897: 11; 1898: 18, ein ziffernmässiger Beweis vom Wachstum der Gemeinde.

An der Spitze der Behörden steht dermalen Herr Hr. Ritter von Herget, Dr. jur. k. k. Statthaltereirat. An der Spitze der Stadtgemeinde steht, zum zweiten mal gewählt, Herr Hermann Rauch.

Behörden und Bewohnerschaft der Stadt Trautenau stehen mit uns in bestem Einvernehmen. Es haben auch Stadtgemeinde und städtische Sparkassa je 500 fl. Zu unserem Baufonds beigetragen. Die Bevölkerung ist freisinnig, tolerant und gibt ihre freundliche Teilnahme auch an unserem Kirchenbau vielfach zu erkennen. Beweis dafür ist auch die tätige Beteiligung des Musikvereins "Harmonie" an der Grundsteinlegungsfeier.

Die Zeit ist politisch und nicht minder religiös bewegt. Es hat die evangelische Kirche Österreichs in diesem Jahr durch Übertritte um einige tausend Seelen zugenommen. Diese Bewegung vertieft sich immer mehr ins religiöse, denn obwohl ihr Anstoß politischer Natur war, ergreift sie doch immer mehr jene Kreise des Volkes, welche vielleicht schon lange nach dem alten biblischen Glaubens- und Erkenntnisgrund suchten.

Allenthalben, besonders in Nordböhmen, versammeln sich kleine Häuflein Evangelischer und solcher, die es eben geworden, zu Gemeinden. Es zeigt sich in diesen Tagen, dass die evangelische Kirche Österreichs, welche durch die Güte unseres Kaisers Franz Josef I. vor dem Gesetz schon lange als gleichberechtigt gilt, nun auch in den Augen des katholischen Volkes als gleichberechtigtes christliches Bekenntnis geschätzt zu werden beginnt.

Dies sei hier gesagt zur Ehre unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, der ja unseres evangelischen Glaubens Grund und Hoffnung ist, für dessen Reichsgottesbau unter den Manschen wir mit unserem Kirchenbau einen bescheidenen Stein zutragen und aufrichten wollen.

Der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi und damit auch unser Vater gebe in Gnaden, dass durch uns, Gemeinde und Seelsorger, im innigen Verein gebauet werde, was lange wüste gelegen hat, und dass wir Grund legen, der für und für bleibe. Amen.

Trautenau, den 08. September 1899.

Unterzeichnet sind sämtliche Presbyter und der Vikar. Während des Baus liefen die Gaben reichlich ein. Hiesige Fabrikanten gaben zusammen 200 fl. Dergleichen steuerten viele andere Katholiken der Stadt bei. Am 10. Juni 1900 konnte die Gemeinde die Installation ihres ersten eigenen einstimmig gewählten Pfarrers Wehrenfennig feiern.

Am 07. Oktober hatte die Gemeinde ihr größtes Ziel erreicht. Die Kirche harrte der Einweihung. Superintendent Stellvertreter Gummi aus Aussig nahm sie vor. Der Andrang war groß. Den Festzug hatten Herrenhuter Herren als Posaunenzug geführt. Die Festpredigt lautete über Psalm 84. Auch Pfarrer Schmidt war gekommen und hielt eine Ansprache. Pfarrer Molin hatte die Schlussfeier in der Mädchenschule abgehalten. Außer diesen beiden waren 12 Geistliche, namentlich aus Deutschland, erschienen. Über 60 Begrüßungsschreiben und Telegramme bewiesen die allseitige Anteilnahme an dem Aufblühen der Gemeinde.


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Zum 40jährigen Bestand der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Trautenau

(Geschichtlicher Rückblick aus dem Jahr 1929)

Nach Simon Hüttels "Chronik der Stadt Trautenau" war um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Bürgerschaft von Trautenau und Umgebung ganz evangelisch. In der Gegenreformation wurde auch Trautenau durch Jesuiten, Religionskommissionen und Lichtenstein´sche Dragoner mit Zwang wieder katholisch gemacht. Viele wanderten aus, wer zurück blieb musste sich dem Zwang beugen. Zwar war durch das Toleranzedikt Kaiser Josef II. im Jahre 1781 der Protestantismus wieder geduldet, aber erst das Protestantenpatent Kaiser Franz Josefs I. vom 8. April 1861, das den Evangelischen volle Gleichberechtigung brachte, schuf die Grundlage für den Neuaufbau der einst vernichteten evangelischen Gemeinden.

In Hermannseifen war bald nach dem Toleranzpatent, nämlich bereits im Jahr 1783, eine evangelische Toleranzgemeinde gegründet worden, und von Hermannseifen aus wurde 100 Jahre später, nämlich am 01. November 1883, durch Pfarrer Johann Kupka der erste evangelische Gottesdienst nach der Gegenreformation in Trautenau gehalten, und zwar im Turnsaal der Realschule. Es gab damals im Trautenauer Bezirk 160 Protestanten. Erst am 26. April 1885 fand der zweite Gottesdienst in Trautenau statt, und zwar im rückwärtigen Zimmer des Hotels "Zum weißen Roß". Es bildete sich damals ein Ausschuss zur Besorgung der evangelischen Angelegenheiten in Trautenau, dem die Herren Oswald Driesen, Ernst Tinzmann und Josef Schöps angehörten.

Verschiedene Misshelligkeiten, die Zwischen Pfarrer Kupka in Hermannseifen und den Trautenauer Glaubensgenossen ausbrachen, führten dahin, dass seit dem 31. Mai 1885 Trautenau von Gablonz a. N. aus gottesdienstlich betreut wurde, und zwar hielt Pfarrer Dr. Erich Johanny aus Gablonz sechs Gottesdienste im Jahr. Diese Gottesdienste fanden eine zeitlang im großen Schießhaussaal statt, später im Zeichensaal der Realschule und schließlich im Turnsaal der neu erbauten Aupaschule.

Am 10. Oktober 1889 wurde die Filialgemeinde Trautenau als Tochtergemeinde von Gablonz a. N. begründet. Sie zählte damals rund 200 Seelen. Das erste Presbyterium bestand aus den Herren: Oswald Driesen (Kurator), Fritz Zimmermann (Kassierer), Julius Schmekel (Schriftführer), Adolf Engelmann, Ernst Tinzmann und Ernst Henner.

Am 04. Oktober 1897 wurde der Kandidat der Theologie Erich Wehrenfennig aus Eferding in Oberösterreich als Vikar nach Trautenau gerufen. Er begann sofort mit den Vorarbeiten zum Kirchbau, denn bereits im Jahr 1890 war der Bauplatz der heutigen Kirche im Ausmaß von 1500 qm um den Preis von 2085 Gulden vom Herrn Baumeister Ing. Karl Rieger käuflich erworben worden. Am 26. März 1899 wurde beschlossen, den Bau nach den Plänen des Architekten C. Steinhofer in Wien auszuführen. Am 08. Juni 1899 fand der erste Spatenstich statt, am 08. September 1899 die Grundsteinlegungsfeier, und am 07. Oktober 1900 war die Einweihung der neuen Kirche. Ausgeführt wurde der Kirchbau durch Herrn Baumeister Ing. Karl Rieger in Trautenau, die Kosten beliefen sich auf 70.965 Kronen.

Inzwischen war mit Erlass des Oberkirchenrates in Wien vom 10. Februar 1900 die Filialgemeinde Trautenau zur selbständigen Pfarrgemeinde erhoben. Der bisherige Vikar Erich Wehrenfennig wurde einstimmig zum Pfarrer gewählt. Er wirkte mit großem Segen bis zum Jahre 1909 und übernahm dann das Pfarramt in Gablonz a. N. Zu seinem Nachfolger wurde Vikar Albert Tech aus Preußen gewählt, dem aber dann die Regierung als Ausländer die Bestätigung verweigerte. Es wurde damit eine neue Pfarrerwahl notwendig, bei der Vikar Konrad Klaus gewählt wurde. Er trat im  November 1909 das Pfarramt an und verwaltete dasselbe in treuer Arbeit bis Ende Januar 1915. Unter seiner Führung wurde durch Herrn Baumeister Ing. Franz Lohner das Pfarrhaus gebaut. Die Pfarrhausweihe fand am 05. November 1911 statt. Seit 01. Februar 1915 wird das Pfarramt durch den jetzigen (1929) Pfarrer Friedrich Knorek verwaltet.

Die Gemeinde, die vor 40 Jahren nur 200 Seelen zählte, ist inzwischen auf 1200 Seelen angewachsen, darunter 700, die im Laufe der Jahre sich nach Glaubensübertritt (Los-von-Rom Bewegung) der Gemeinde anschlossen. Außer Trautenau wird noch regelmäßig Gottesdienst in Schatzlar, Jungbuch und Qualisch gehalten.

Der Religionsunterricht wird gegenwärtig in Trautenau am Realgymnasium in 3 Abteilungen und den Volks- und Bürgerschulen ebenfalls in 3 Abteilungen erteilt. Außerdem wird wöchentlich Religionsunterricht an den öffentlichen Volksschulen in Niederaltstadt, Oberaltstadt, Jungbuch, Parschnitz, Markausch, Qualisch, Schatzlar und Pilnikau erteilt. Um diese Arbeit bewältigen zu können, erwies es sich als nötig, außer dem Pfarrer noch einen Vikar anzustallen. Als erster Vikar wurde 1920 Hans Rotter berufen, ihm folgte 1921 Erich Reichel, 1922 Werner Drewes, 1925 Alfred Kluge. Den Organistendienst versah bis zum Juni 1929 mit viel Liebe und Treue Herr Oberlehrer Johann Treschnak. An seiner Stelle wurde Herr Ing. Hans Pfanner berufen. Die Küsterarbeiten besorgte bis zum Jahr 1915 Karl Henner, ihm folgte Wenzel Müller.

Dass die Gemeinde sich so kraftvoll entwickelt hat, verdankt sie in erster Linie der mustergültigen und zielbewussten Arbeit des Presbyteriums. Es konnte diese erfolgreiche Arbeit leisten, weil es stets aus tatkräftigen und opferfreudigen Männern bestand und Wert darauf legte, dass unter den Amtsverwaltern nur selten ein Wechsel eintrat. Der erste Kurator der Gemeinde war Herr Oswald Driesen, der dieses Amt durch 20 Jahre bis 1909 bekleidete. Sein Nachfolger wurde Herr Fritz Zimmermann, der nun ebenfalls bereits 20 Jahre die Geschichte der Gemeinde lenkt. Das Schriftführeramt bekleidete Herr Julius Schmeckel bis zu seinem Scheiden von Trautenau im Jahre 1901, ihm folgte Herr Dr. Ernst v. Stein bis zu seinem Tode 1929, gegenwärtig ist Schriftführer Herr Rudolf Blaschka. Kassierer war durch 20 Jahre bis 1909 Herr Fritz Zimmermann, seitdem bekleidet dieses Amt Herr Curt Heinrich. Das Presbyteramt bekleideten außerdem noch die Herren Adolf Engelmann (1889 – 1909), Ernst Tinzmann (1889 bis zu seinem Tode 1920), Ernst Henner (1889 – 1896), Andree Raymond (1896 – 1910), Julius Seeliger (1901 – 1909), Josef Leißner (1910 – 1919), Emmanuel Seifert (1909 – 1920).

Gegenwärtig besteht das Presbyterium aus folgenden Herren: Fritz Zimmermann, Kurator; Ing. Franz Lohner, dessen Stellvertreter; Curt Heinrich, Kassierer; Carl Otto, dessen Stellvertreter; ferner Wilhelm Flögel, Franz Seifert, Ladislaus Rößler, Ing. Heinrich Schotola.

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Die neuen Glocken 1929

Die neuen Glocken, gegossen von der bekannten Glockengießerei Richard Herold in Komotau, sind am 06. September 1929 hier eingetroffen und wurden, schön mit Kränzen und Blumen geschmückt, am 10. September zur Kirche gefahren. Nach einer kurzen Ansprache des Pfarrers läutete die eiserne Kriegsglocke, die 1917 nach der Abnahme der alten Glocken als Notglocke angeschafft worden war, den neuen Glocken den Willkommensgruß. Es war zugleich der Abschiedsgruß der Kriegsnotglocke an die Gemeinde, denn gleich darauf wurde sie aus dem Glockenstuhl gehoben, um den neuen Glocken Platz zu machen. Das Aufziehen und Einhängen der neuen Glocken war nicht so einfach. Da die Turmfenster zu schmal sind, wurde die Uhr abmontiert, das Ziffernblatt herausgenommen, diese Öffnung noch etwas erweitert, und dann konnte der Aufzug beginnen. Er ging unter der umsichtigen Leitung des Herrn Oberingenieurs Otto Baudisch glatt vonstatten. Bereits um 5 Uhr nachmittags konnte das Probeläuten stattfinden. Dieses zeigt, dass Herr Prof. Dr. Josef Morche in Reichenberg, der in unserem Auftrag als Sachverständiger die Glocken geprüft hat, recht hat, wenn er in seinem fachmännischen Gutachten schreibt, "dass die Glocken die Stimmung G, B, C sowohl in den Grundtönen, wie in den Nebentönen, Terzen, Quinten, Ober- und Unteroktaven in einwandfreier Reinheit aufweisen."

Die große Glocke, auf G gestimmt, hat einen Durchmesser von 104 cm, wiegt ohne Armatur 611 kg und trägt die Inschrift "O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort!" Jeremia 22, Vers 29. Am unteren Rand steht folgende Widmung: "Kriegsnot nahm die Glocken, die der evangelische Opfersinn der Frau Franziska Kluge, geb. Pfaff den deutschen Protestanten der Pfarrgemeinde Trautenau gab im Jahr des Heils 1900. – Was genommen, das schuf neu Treue und Hingebung aller Gemeindeglieder im Jahre des Heils 1929."

Die mittlere Glocke, auf B gestimmt, hat einen Durchmesser von 87 cm, wiegt ohne Armatur 384 kg und trägt die Inschrift: "Halt´ im Gedächtnis Jesum Christum!" II. Tim. 2, Vers 8.

Die kleine Glocke, auf C gestimmt, hat einen Durchmesser von 75 cm, wie ohne Armatur 246 kg und trägt die Inschrift: "Ehre sei Gott in der Höhe!" Luk. 2, Vers 14.

Die Inschriften sind in gotischer Schrift eingegossen und haben genau den selben Wortlaut wie die Inschriften der ersten Glocken, nur die Widmung ist geändert und so gehalten, dass aus ihr auch die kurze Geschichte der ersten Glocken ersichtlich ist.

In Verbindung mit den Glocken waren auch verschiedene Bauarbeiten am Turm notwendig, deren Durchführung Herr Baumeister Ing. Franz Lohner  in bewährter Umsicht und Gewissenhaftigkeit leitete. Die Arbeiten an der Uhr besorgte die Firma Josef Kopelt in Trautenau. Auch das Schlagwerk der Uhr wurde wieder in Betrieb gesetzt. An dem Bogen über der Uhr war das Stuckaturkreuz abgeworfen. Frau Marie Botha spendete aus ihrer Bildhauerei ein neues steinernes, das nun wohl den Witterungseinflüssen standhalten wird. Die Firma Bockelmann und Kuhlo in Herford (Westfalen) übernahm die Arbeiten zum Einbau der elektrischen Läuteanlage.

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Glockenweihe und Gemeindejubiläum

Am 13. Oktober 1929 beging die Gemeinde ihr 40jähriges Gemeindejubiläum verbunden mit der Weihe der neuen Glocken. Am Vorabend fand im Hotel "Zippel" zur Begrüßung der Festgäste ein Familienabend statt. Der Saal erwies sich als zu klein, zumal auch zahlreiche Gemeindeglieder aus Braunau erschienen waren. Die einstigen Pfarrer der Gemeinde, nämlich Herr Kirchenpräsident Dr. Erich Wehrenfennig aus Gablonz und Herr Pfarrer  Konrad Claus aus Ostritz in Sachsen, hielten herzliche Begrüßungsansprachen, Herr Pfarrer Knorek brachte einen kurzen Bericht über die Geschichte der Gemeinde, Herr Kirchenrat Hugo Piesch überbrachte die Glückwünsche des Kirchenkreisamtes, Herr Pfarrer Grober aus Braunau sprach über die Beziehung zwischen den Nachbargemeinden Braunau und Trautenau und Herr Presbyter Karl Otto dankte im Namen des Presbyteriums den Pfarrern der Gemeinde für ihre treue Arbeit. Der Abend war auch reich ausgestaltet durch wertvolle musikalische Vorträge, denn bewährte Kunstkräfte der Gemeinde, Fräulein Gerda v. Stein (Klaviervortrag), Fräulein Irma Teply (Sopransolo), Fräulein Grete Blaschka (Sopransolo), Frau Marie Walter und Fräulein Anna Rejzek (Duett), Frau Marie Richter, Herr Franz Baudisch, Herr Vikar Alfred Kluge (Trio) und der Kirchenchor unter Leitung des Herrn Ing. Karl Ulbrich hatten sich bereitwillig in den Dienst der Sache gestellt. So nahm der Abend einen schönen und Eindrucksvollen Verlauf.

Am Sonntag um 3 Uhr nachmittags fand der Festgottesdienst statt. Schon lange vor Beginn desselben war die festlich geschmückte Kirche überfüllt. Zahlreiche Glaubensgenossen der Nachbargemeinden Mittellangenau, Hohenelbe und Hermannseifen hatten sich eingefunden, mit ihnen Pfarrer Zinnecker und Pfarrer Hodel. Auch der Stadtrat von Trautenau war durch Herrn Bürgermeister Alfons Kolbe und Herrn Stadtrat Dr. Ernst Jantsch vertreten. Die Altarliturgie hielt der Ortspfarrer, der zugleich auch der teuren Toten gedachte, der verstorbenen Pfarrer, die einst der Gemeinde das Wort Gottes gepredigt haben, der verstorbenen Presbyter, die der Gemeinde mit Rat du Tat dienten, und der Kriegshelden, die ihr Leben lassen mussten für Volk und Heimat. Nach der Altarliturgie und der Schriftverlesung sang der Kirchenchor die wuchtige Festkantate: "Lobe den Herrn, meine Seele" von Woldemar Voullaire. Gewaltig brauste das Lutherlied durch die Kirche und dann bestieg Herr Kirchenpräsident Dr. Erich Wehrenfennig die Kanzel zur Festpredigt, der er die Inschriften der Glocken zugrunde legte. In innigen, tiefgründigen und geistvollen Gedankengängen verstand er es meisterhaft, Vergangenheit und Gegenwart unter das Licht des göttlichen Wortes zu stellen und die Lebenskräfte des Evangeliums von Christo ihrem unendlichen Werte für die einzelne Menschenseele, für unser Volk und die ganze Menschheit aufzuzeigen. Tief ergriffen lauschte die Festgemeinde den packenden Worten des Predigers. Sodann wurden die Glocken erst einzeln unter Bekanntgabe ihrer Inschriften zum Dienst des Höchsten gerufen, und als diese hierauf gemeinsam erklangen, wurde die Weihe durch Gebet und Segen vollzogen. Nachdem noch Herr Pfarrer Claus als einstiger Pfarrer der Gemeinde diese mit herzlichen Worten zur Glockenweihe und Jubelfeier beglückwünscht hatte, schloss der Festgottesdienst mit dem mächtigen Gesang: "Nun danket alle Gott!".

Die Gesamtkosten für die neuen Glocken incl. elektrischem Läutewerk betrugen 63.271,90 Kronen. Dieser Betrag konnte durch Spenden vollständig beglichen werden. Da mehr Geld als für Glocken benötigt eingegangen ist, wurde beschlossen, die Sammlung fortzuführen, um für zusätzliche 4.000 Kronen noch ein elektrisches Orgelgebläse anzuschaffen. (siehe separaten Absatz)

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Die Ehrentafel für die Opfer des Weltkriegs 1914 – 1918

Am Totensonntag 1932 wurde im Gottesdienst die Ehrentafel für die Opfer des Weltkriegs enthüllt. Die schlichte Feier nahm unter großer Beteiligung der Gemeinde einen erhebenden Verlauf. Nach der Altarliturgie verlas der Pfarrer die Namen der Gefallenen und nach einem Weihespruch löste Herr Kurator Zimmermann die Hülle der Gedenktafel, welche geschmückt mit einem Lorbeerkranz und von frischem Grün umgeben sich würdig in den Altarraum unserer Kirche einfügt. Der Kirchenchor sang unter der Leitung seines bewährten Chormeisters Ing. Karl Ulbrich, die schwierige und wirkungsvolle Kantate von H. D. Engel: "Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben." Der Chor war fein durchgearbeitet und in der ganzen Art der Darbietung eine Glanzleistung. Es folgte nach dem Gemeindegesang die Festpredigt, deren Ewigkeitsgedanken durch das ergreifende Lied des Kirchenchores "Über den Sternen, da wird es einst tagen" von Franz Abt vertieft wurden.

Die Ehrentafel ist rechts vom Altar ein wenig in die Mauer versenkt, mit dem Sockel 180 cm hoch, 90 cm breit und aus schön geschliffenem, grau-braun meliertem Marmor hergestellt. Sie trägt oben ein schlichtes Kriegskreuz und dann in gotischen Buchstaben die Inschrift:

"Unseren Helden 1914 – 1918: Altenberger, Gustav; Botha, Erwin; Engelmann, Erich; Hartel, Franz; Henner, Ernst; Hoffmann, Lambert; Houžvička, Adolf; Kopecky, Anton; Kretschmer, Franz; Plagemann, Hermann; Seeliger, Erhard; Seeliger, Otto; Seifert, Emil; Schön, Josef; Zieris, Julius".

Durch die Ehrentafel haben wir gleichsam unsere Toten Helden heimgeholt, damit ihr Gedächtnis unter uns in Segen bleibt. Der Entwurf der Gedenktafel stammt vom Herrn Baumeister Ing. Franz Lohner und zeugt von feiner künstlicher Einfühlung in die schlichte Gotik unserer Kirche. Die Ausführung erfolgte meisterhaft in der heimischen Bildhauerei M. Botha. Die Ehrentafel gereicht unserer Kirche zur Zierde und fand in Entwurf sowohl wie in Ausführung allgemeine Anerkennung und ungeteiltes Lob.

Da Herr Ing. Lohner den Entwurf und die Maurerarbeiten kostenlos beistellte, Frau Botha nur die Barauslagen berechnete und die Kosten des Anmontierens selbst trug, außerdem Herr Ernst Hetzer die Dekoration schenkte, belaufen sich die Gesamtkosten nur auf 2.152 Kronen.

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Kirchenmusik

Chor: Am 30. November 1930 feierte der Kirchenchor sein 10jähriges Bestandesfest.

Im Herbst 1920 hatte der damalige Vikar Rotter eine kleine Schar von Sangesfreunden um sich gesammelt, um den Familienabend zum Reformationsfest um einige Männerchöre zu bereichern. Es gelang ihm, Staatsbahnrat Ing. Hans Pfanner zur Einübung und Leitung zu gewinnen. Diese Vorträge fanden so großen Anklang, dass noch während des Familienabends zur Gründung eines Kirchenchores aufgerufen und zur ersten Probe eingeladen wurde. Diese fand schon wenige Tage später am 04.11.1920 statt, es hatten sich 11 Damen und 17 Herren eingefunden. Für die nächste Probe wurden noch einige Sängerinnen dazu gewonnen, der erste öffentliche Auftritt des Kirchenchors war am Totensonntag 21.11.1920.

Bereits ein Jahr nach seiner Gründung wurde Ing. Pfanner nach Pilsen versetzt, und der Chor kam in eine kritische Situation, die aber durch Ing. Karl Ulbrich, der die Leitung des Chores übernahm, gemeistert wurde. Durch Fleiß, zähe Ausdauer und mit viel Geduld hat er den Kirchenchor auf eine respektable Leistungshöhe gebracht und dort gehalten. In ähnlicher Weise hat sich auch der Obmann des Kirchenchores, Herr Prof. Quido Nagy um den Erhalt des Chores verdient gemacht.

Eine Fülle an Arbeit hat der Kirchenchor in den 10 Jahren seines Bestehens geleistet. 70 mal hat er der Kirche gesungen, und an 12 Familienabenden einen Teil des Programms bestritten. Insgesamt 400 Proben wurden abgehalten. Zurzeit (1930) zählt der Chor 14 weibliche und 12 männliche Mitglieder.

Der Jubiläums-Festgottesdienst war sehr gut besucht, der Kirchenchor sang unter anderem den 23. Psalm: "Der Herr ist mein Hirte", den 121. Psalm: "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt", und schloss mit dem Choral "Nun danket alle Gott!".


Orgel und Organisten: Die im Krieg requirierten Orgelpfeifen (Prospektpfeifen wahrscheinlich aus Zinn) werden am 31.01.1922 ersetzt. Kosten 1.444 Kronen.

Oberlehrer Johann Treschnak feierte am 18.11.1923 sein 30jähriges Dienstjubiläum als Organist. Am 01.07.1929 legte er sein Organistenamt, welches er 36 Jahre ausgeübt hatte, nieder. Zu seinem Nachfolger berief das Presbyterium Herrn Ing. Hans Pfanner, Staatsbahnrat i. R.

Das elektrische Orgelgebläse wurde im Jahr 1932 eingebaut, und war am Himmelfahrtstag 1932 anlässlich der Konfirmation des Kriegsjahrgangs 1918 zum ersten Mal in Betrieb. Die Gemeinde nimmt diese Neuerung nicht wahr, denn Motor und Ventilator arbeiten so ruhig, dass auch während der Liturgie keinerlei störende Nebengeräusche hörbar sind. Die Durchführung der Sache war gar nicht so einfach wie ursprünglich geplant, da in Trautenau noch ein Gleichstromnetz vorhanden ist, und es sich nach vielerlei Versuchen und Proben herausstellte, dass im Inland keine so geräuschlos arbeitenden Gleichstrommotore hergestellt werden, wie sie für diesen Zweck erforderlich sind. Daher musste ein Motor der Firma G. Meidinger & Co aus Basel bezogen werden. Dadurch waren auch etwas höhere Ausgaben als geplant fällig. Beim Einbau des Gebläses wurde die Orgel auch gründlich gereinigt und neu gestimmt.

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Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit

25.11.1923: (Sprachenstreit) In einer außerordentlichen Sitzung beschließt die Gemeindevertretung, gegen die Verordnung der politischen Bezirksverwaltung  vom 29.10.1923/39.203, durch welche dem Pfarramt aufgetragen wurde, die Matriken in der Staatssprache zu führen, mit Ämtern nur in der Staatssprache zu verkehren, und auch die Matrikenscheine nur in der Staatssprache auszustellen, den Rekurs und zugleich die Aufsichtsbeschwerde bei der politischen Landesverwaltung in Prag einzubringen. Das Presbyterium wird ermächtigt, diese Angelegenheit ggf. bis in die letzte Instanz (Verwaltungsgerichtshof) zu verfolgen.

Auf Erlass der politischen Landesverwaltung in Prag  vom 6.3.1924/1B-4095 teilt die politische Bezirksverwaltung Trautenau mit, dass sie nicht mehr auf der Verwendung der Staatssprache in Matrikenangelegenheiten beharrt, es wird vielmehr §2 des Sprachengesetztes Anwendung finden. Die Gemeindevertretung nimmt diese Mitteilung mit großer Genugtuung zur Kenntnis.


März 1930: (Religionsnotenstreit) Die Gemeindevertretung beschließt, gegen eine Verfügung des Landesschulrates Einspruch zu erheben, nach der der evangelische Religionsunterricht am Staatl. Realgymnasium "nicht mehr sichergestellt" sei, und daher den Status eines Privatunterrichts habe, was bedeutet, dass die Religionsnoten keine öffentliche Gültigkeit haben. Presbyteriumsmitglied Dr. Jelen, Rechtsanwalt, nimmt sich der Angelegenheit an.

Dieser Rechtsstreit mit dem Landesschulrat wegen Gültigkeit der evangelischen Religionsnoten am hiesigen Staatsrealgymnasium wurde am 20.09.1930 durch das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur zu Gunsten der Kirchengemeinde bzw. Religionsschüler entschieden. Die Religionsnoten behalten – Rückwirkend für das Schuljahr 1929/30 – ihre öffentliche Gültigkeit.

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Wahlen zur Gemeindevertretung 1921 und 1927

10.07.1921 Neuwahl der Gemeindevertretung

Wahlberechtigt 216, Teilnehmer 91 (erforderliche Wahlbeteiligung 25%)

Gewählt wurden auf 6 Jahre:

Rudolf Blaschka, Oberbuchhalter in Trautenau
Wilhelm Flögel, Obergärtner in Oberaltstadt
Johann Franz, Portier in Trautenau
Heinrich Hartel, Landwirt in Qualisch
Curt Heinrich, Direktor in Trautenau
Hermann Jaki, Schuldiener in Trautenau
Wilhelm Kuhn, Schlossermeister in Parschnitz
Josef Leißner, Bergbeamter in Schatzlar
Ing. Franz Lohner, Baumeister in Trautenau
Reinhold Mews, Gastwirt in Trautenau
Carl Otto, Kaufmann in Trautenau
Robert Plagemann, Malermeister in Trautenau
Johann Portig, Schneidermeister in Oberaltstadt
Friedrich Reimann, Herrschaftsbesitzer in Wildschütz
Ing. Bruno Richter, Baurat in Trautenau
Ladislaus Rösler, Buchhalter in Trautenau
Julius Seeliger, Direktor in Trautenau
Franz Seifert, Webmeister in Parschnitz
Fritz Simm, Agent in Trautenau
Oskar Schmalisch, Direktor in Trautenau
Richard Schmidt, Landwirt in Qualisch
Richard Schön, Buchhalter in Trautenau
Ing. Heinrich Schotola, Berginspektor in Schatzlar
Dr. Hermann Stanger, Professor in Trautenau
Johann Statnik, Malermeister in Trautenau
Dr. Ernst von Stein, Generalsekretär in Trautenau
Arthur Stübner, Prokurist in Oberaltstadt
Rudulf Tamm, Chauffeur in Trautenau
Josef Umlauf, Krankenkassabeamter in Trautenau
Fritz Zimmermann, Kaufmann in Trautenau.

Ersatzmänner

Ing. Karl Ulbrich, Betriebsbeamter in Trautenau
Max Rusch, Ofenbaumeister in Trautenau
Dr. Fritz Primavesi, Direktor in Trübenwasser

Karl Henner, Korbflechter in Trautenau
Josef Lorenz, Spinnereiaufseher in Trautenau
Wilhelm Goldbach, Schlossverwalter in Schatzlar
Wenzel Steinmetzer, Kondukteur in Trautenau
Augustin Staude, Spenglermeister in Hohenbruck
Josef Fauler, Holzdrechsler in Oberaltstadt
Quido Nagy, Professor in Trautenau.

Urnenwahl des Presbyteriums am 18.09.1921

Gewählt wurden:
Wilhelm Flögel, Obergärtner in Oberaltstadt
Curt Heinrich, Direktor in Trautenau
Ing. Franz Lohner, Baumeister in Trautenau
Carl Otto, Kaufmann in Trautenau
Franz Seifert, Webmeister in Parschnitz
Ing. Heinrich Schotola, Berginspektor in Schatzlar
Dr. Ernst von Stein, Generalsekretär in Trautenau
Fritz Zimmermann, Kaufmann in Trautenau
Am 18. März 1928 fand die Neuwahl der Gemeindevertretung statt. Gewählt wurde sowohl in Trautenau als auch in Schatzlar, Jungbuch und Qualisch.
Wahlberechtigt: 223; abgegebene Stimmen: 125, davon 1 ungültig.
Gewählt wurde für 6 Jahre als Gemeindevertretung:
Mit 124 Stimmen:

Blaschka, Rudolf; Prokurist in Trautenau
Franz, Johann; Bleichereiaufseher in Oberaltstadt
Heinrich, Curt; Direktor in Trautenau
Henner, Karl; Korbflechter in Trautenau
Dr. Jelen, Wilhelm; Rechtsanwalt in Trautenau
Kuhn, Wilhelm; Schlossermeister in Parschnitz
Ing. Lohner, Franz; Baumeister in Trautenau
Meschkat, Hermann; Spinnmeister in Jungbuch
Meuer, Hans, Bankbeamter in Trautenau
Mews, Reinhold; Gastwirt in Trautenau
Otto, Carl; Kaufmann in Trautenau
Plagemann, Robert; Malermeister in Trautenau
Reimann, Friedrich; Herrschaftsbesitzer in Wildschütz
Ing. Richter, Bruno; Oberbaurat in Trautenau
Seifert, Franz, Obermeister in Parschnitz
Simm, Fritz; Agent in Trautenau
Schmidt, Richard; Landwirt in Qualisch
Schön, Richard; Buchhalter in Trautenau
Ing. Schotola, Heinrich; Oberberginspektor in Schatzlar
Statnik, Johann; Malermeister in Trautenau
Dr. Stein, Ernst; Generalsekretär in Trautenau
Stübner, Arthur; Prokurist in Oberaltstadt
Tamm, Rudolf; Werkmeister in Trautenau
Zimmermann, Fritz; Kaufmann in Trautenau

Mit 123 Stimmen:

Flögel, Wilhelm; Obergärtner in Oberaltstadt
Jaki, Hermann; Schuldiener in Trautenau
Nagy, Quido; Professor in Oberaltstadt
Rösler, Ladislaus; Buchhalter in Trautenau
Ing. Ulbrich, Karl; Betriebsbeamter in Trautenau

Mit 97 Stimmen:

Dr. Stanger, Hermann; Professor in Trautenau
Als Ersatzmänner wurden gewählt (Stimmen)
Walter, Adolf; Photograph in Trautenau (124)
Lorenz, Josef; Spinnereiaufseher in Trautenau (123)
Dr. Rücker, Erwin; Zahnarzt in Trautenau (121)
Baudisch, Franz; Sparkassenbeamter in Trautenau (120)
Staude, August; Spenglermeister in Trautenau (120)
Seifert, Alois; Schneidermeister in Trautenau (117)
Rusch, Max; Ofenbaumeister in Trautenau (116)
Hopf, August; Ofenbaumeister in Schatzlar (114)
Ing. Pfanner, Hans; Oberstaatsbahnrat i. R. in Trautenau (112)
Lehmann, Georg; Photograph in Trautenau (107)

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Streiflichter aus dem Leben der Gemeinde

(Sofern nicht unter den besonderen Kapiteln oben erwähnt)

1920: Am 14.10.1920 verstirbt Adolf Engelmann, Fabrikdirektor und Gründungsmitglied der Gemeinde. Er war Presbyter bis 1909.

Am 11. November erste Probe des neu gegründeten Kirchenchores, Leiter: Staatsbahnrat Hans Pfanner, Chor: 17 Herren, 11 Damen.

1921: Das Frauenstimmrecht für die Gemeindevertretung wird eingeführt (älter 21 Jahre aktiv, älter 30 Jahre passiv).

15.03.: Senioratskurator Fritz Zimmermann (seit 1889 Presbyter, seit 1909 Kurator der Gemeinde Trautenau, seit 1911 Senioratskurator des Iserseniorates) feiert seinen 70. Geburtstag. Ehrung für Emanuel Seifert, der die Gemeinde wegen Wohnsitzwechsel verlässt. Er war seit 1903 Mitglied der Gemeindevertretung, seit 1913 Presbyter.

Mai: Festgottesdienst zur 400jahrfeier des Reichstags zu Worms mit erstem Auftritt des Kirchenchores.

Das neue Gesangbuch wird eingeführt.

Das Lutheran Council of America spendet 3500 K für Christbescherung und Konfirmandenbekleidung.

1922: Am verstirbt Johann Portig, er war seit 1910 in der Gemeindevertretung.

Am 12.02. feiert D. Erich Wehrenfennig in Gablonz sein 25jähriges Amtsjubiläum, das Presbyterium nimmt an dieser Feier vollzählig teil und überreicht ein Bild (Aquarell) der Trautenauer Kirche, gemalt vom heimischen Künstler (Fritz?) Hartmann.

Am Palmsonntag um 16:30 veranstaltete der Kirchenchor ein  vielbeachtetes Kirchenkonzert, die 40 Sänger und Sängerinnen standen unter der Leitung von Chormeister Ing. Karl Ulbrich.

Gemeindevertreter Josef Umlauf verstirbt am 21.07. im Alter von 50 Jahre er war bis zu seinem Tod 11 Jahre Gemeindevertreter.

Am 30.8. verstirbt Dr. Arthur Schmidt (57 Jahre), Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Bielitz. Er war vom Jahr 1889 bis 1894 Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Gablonz a. N., zu deren Sprengel damals Trautenau gehörte.

Sechsmal jährlich hielt Pfarrer Dr. Schmidt in Trautenau Gottesdienst, und zwar 1890 im großen Schießhaussaal, und als dieser von der Stadtgemeinde umgebaut wurde, im Zeichensaal der Staatsoberschule. Da sich jedoch derselbe bald als zu klein erwies, stellte die Stadtgemeinde im Jahr 1893 den Turmsaal der neuerbauten Mädchen-Volksschule (Aupaschule) für die evangelischen Gottesdienste zur Verfügung. Inzwischen war bereits am 01. März 1891 der Bauplatz für die Kirche erworben worden, mit dem Bau selbst wurde aber erst 1899 begonnen. Im Jahr 1898 verfasste er die Schrift: "Das Evangelium in Trautenau und Umgebung", eine Darstellung der Reformation und Gegenreformation im Trautenauer Bezirk sowie die Geschichte der neugegründeten evangelischen Gemeinde Trautenau.

Am 25.10. ist die Jahreshauptversammlung des Frauenvereins. Vorsitzende ist Frau Baumeister Lohner. Der Verein umfasst 97 Mitglieder, die sich 14tägig regelmäßig treffen.

1924: Am 07. und 08. September fand das Jahresfest des Gustav Adolf-Hauptvereines in Trautenau statt. Das Fest begann mit einem Festgottesdienst und Festpredigt von Pfarrer Hugo Gerstberger / Eger in der festlich geschmückten Kirche. Die Gastgebende Gemeinde überrecht als Festgabe insgesamt 5.200 Kronen, mit den Festgaben der Nachbargemeinden wurden rund 9.000 Kronen dem Hauptverein überreicht.

Dem Gottesdienst folgte ein Festabend in der Turnhalle an dem auch u. v. a. der Trautenauer Bürgermeister Siegel und der Landeskirchenpräsident D. E. Wehrenfennig teilnahmen.

Am Montag folgte die Jahreshauptversammlung in der Kirche mit Vertretern des Hauptvereins und zahlreichen Gemeindemitgliedern. Mit gemeinsamem Mittagstisch und Spaziergängen zu den historischen Höhen bzw. zum Kaffee im Parkschlösschen klang die Versammlung aus.

1925: Am 17. Mai nahmen 108 Personen bei schönem Wetter am Traditionsausflug zum Kinderheim nach Hermannseifen teil.

Am 11. Oktober feierte die Gemeinde ihr 25 jähriges Kirchweihjubiläum. Die Festpredigt hielt Kirchenpräsident D. E. Wehrenfennig. Der Kirchenchor unter der Leitung des Chormeisters Herrn Ing. Karl Ulbrich sang, begleitet von Oberlehrer Treschnak auf der Orgel, u.a. das große Te Deum von Creutzburg. Vorangegangen war dem Festgottesdienst ein Familienabend im Saal des Hotels "Zippel".

1928: Am 20. Mai war der traditionelle Gemeindeausflug zum Kinderheim nach Hermannseifen, 100 Personen nahmen teil, eine ganze Anzahl war bei schönem Wetter auf einem Lastauto dorthin unterwegs.

Am 23. Juni feierte mit der Gemeinde Dr. Ernst v. Stein seinen 70. Geburtstag Er diente der Gemeinde seit 1901 als Presbyter und Schriftführer des Presbyteriums.

1929: Am 16. Februar verstarb Dr. Ernst v. Stein, Generalsekretär des Flachs- und Leinenverbandes, Presbyter und Schriftführer des Presbyteriums. Das Altarbild, das er selbst gemalt hat und zwei kunstvolle Fenster der Kirche zeugen von seinem Opfersinn und seiner Opferfreudigkeit.

Am 28. April fand die ordentliche Jahresversammlung der Gemeindevertretung statt. Als Ersatzmann für den verstorbenen Dr. von Stein wurde Ladislaus Rösler in das Presbyterium gewählt.

1930: Am 13.4. fand die ordentliche Jahresversammlung der Gemeindevertretung statt. Für die verstorbenen Mitglieder Robert Plagemann und Hermann Meschkat rückten die Ersatzmänner Dr. Erwin Rücker und August Staude nach, für den ausscheidenden Franz Seifert kam Franz Baudisch.

Am 01.06. stirbt Frau Franziska Kluge, geb. Pfaff, im Alter von 67 Jahren Frau Kluge stiftete 1900 das erste Glockengeläute der neuerbauten Kirche, als die ersten Glocken dem Krieg zum Opfer fielen, eine Kriegsnotglocke aus Gussstahl, und auch zu den neuen Glocken hat sie einen großen Teil beigetragen. Aus ihrem Nachlass wurde der Gemeinde ein Vermächtnis von 5.000 Kronen übermittelt. Mit diesem Betrag wird der "Franziska Kluge Fond" gegründet, dessen Zinsen für die Armenkasse bestimmt sind.

Am 22. Juni fand anlässlich der 400 Jahr Feier der Augsburger Konfession ein Festgottesdienst statt.

1931: Am 10. Mai  feierte der Ev. Frauenverein sein 40jähriges Bestandesfest. Mit Rücksicht auf die schwere Wirtschaftskrise war eine bescheidene interne Feier geplant, dennoch nahm der Festtag einen eindrucksvollen feierlichen Verlauf. Die Festpredigt hielt Kirchenpräsident D. Erich Wehrenfennig, die Altarliturgie der Ortspfarrer. Bei der anschließenden Nachfeier im Hotel "Zippel" wurden die Ehrenmitglieder ausgezeichnet, und 15 Frauen für über 25 jährige Vereinstreue zum Ehrenmitglied ernannt.

1937: Am 19. September fand im Gottesdienst eine Trauerfeier für den verstorbenen Altpräsidenten Th. G. Masaryk, die Gemeinde hatte sich während des Nachrufes von den Sitzen erhoben. Am Tage seiner Beisetzung wurden die Kirchenglocken 1 Stunde lang geläutet.

Die evangelische Kirchenleitung in Gablonz / N. hat mit Erlass vom 15.10.1937 in Anerkennung seiner mehr als 10jährigen Tätigkeit Herrn Vikar Alfred Kluge zum Titularpfarrer ernannt, ihm also den Titel Pfarrer verliehen.

1940: Die Pfarrgemeinde Trautenau hat in ihrem 39jährigen Bestand zu verzeichnen:753 Geburten, 459 Trauungen, 480 Sterbefälle, 1032 Eintritte, 241 Austritte und 536 Konfirmanden.

Kurator Ing. Franz Lohner verstirbt im 65. Lebensjahr stehend. Am 02.05.1909 wurde er zum Presbyter gewählt, bald darauf zum Kurator Stellvertreter. Seit 05.03.1935 war er Kurator der Gemeinde.

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Augenzeuge Wehrenfennig: Der Bau der evangelischen Kirche in Trautenau

 

 

D. Erich Wehrenfennig, Kirchenpräsident der "Deutschen Evangelischen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien" an seinem 90. Geburtstag 1963.
Quelle: Heimat und Kirche, Johannes Mathesius Verlag, 1963

Kirchenpräsident D. Erich Wehrenfennig erzählt anlässlich seines 92. Geburtstags (1965) über seine Bemühungen zum Bau der Kirche, und über sich und seine Zeit als Pfarrer in Trautenau.

Aus: Riesengebirgs-Jahrbuch 1965; Seite 123 – 124, Josef Rücker, Der Bau der evangelischen Kirche in Trautenau.

"Nach Absolvierung meiner Theologie-Studien in Wien und Erlangen war mein Bestreben eine Anstellung in Österreich zu erlangen. Da erfuhr ich, dass in Trautenau ein Religionslehrer für das evangelische Bekenntnis gesucht wurde. Auf meine Anfrage hin wurde ich gebeten, mich zu bewerben und erhielt hierauf die Stelle eines Vikars, womit ich dem Pfarrer in Gablonz unterstellt wurde. Man schrieb das Jahr 1896. Mit einem Anfangsgehalt von 50,- altösterreichischen Kronen (12 Kronen = 10 Mark) trat ich den Posten an. Nebenbei sei nur bemerkt, dass hiervon 30 Kronen für das Mittagessen verbraucht wurden. Meine erste Sorge war es, die Angehörigen der evangelischen Konfession im Vorland des Riesengebirges zu sammeln. Auf meine diesbezügliche Umfrage wurde mir bedeutet, ich müsste sie selbst ausfindig machen. So begann mein Dienst mit einem Häuflein von 16 Seelen, im zweiten Jahr waren es dann deren hundert, und als endlich die Zahl auf etwa 300 angewachsen war, konnte ich an den Bau einer Kirche denken.

Der Baugrund war auf der Rognitzer Straße auf einem Schuttabladeplatz vorhanden. Dieser Platz wurde auch gewählt, obwohl er wenig dazu geeignet war, weil die Grube zu tief mit Schutt angefüllt war, was wiederum sehr tiefe Fundamente für den Turmbau erforderte.

Bei der Geldbeschaffung war mir der Gustav-Adolf-Verein behilflich. Von Dresden aus wurden mir unter Leitung des Oberkonsistorialrats Dibelius 7.000,- Mark, vom Berliner Hauptverein 4.000,- Mark und von Leipzig namhafte Unterstützung überwiesen. Ich fuhr zu allen großen Versammlungen dieser Vereine und bekam immer wieder Geld zu Hilfe. Heute ist mir nicht mehr erinnerlich, woher überall das restliche viele Geld kam.

Das Presbyterium der neuen Gemeinde bestand meistens aus Kaufleuten, die aus Sachsen, Berlin und Breslau stammten. Ihre Namen lauteten: Oswald Driesen, Direktor Engelmann von der Dunkan Bleiche in Oberaltstadt, Kohlen- und Flachshändler Zimmermann. Im Jahre 1900 konnte nun endlich der Beschluss, an die Ausführung des Baues zu schreiten, gefasst werden.

Den Plan hat ein Architekt aus Wien entworfen, die Bauausführung lag in den Händen des Baumeisters Rieger aus Trautenau. Bei den Plänen wurde beanstandet, dass die Stützpfeiler auseinander brechen könnten. Deshalb wurde verlangt, im oberen Kirchenschiff Eisenbänder einzuziehen. Mein Einwand, dass damit die Würde des Raumes beeinträchtigt werden könnte, und mein Vorschlag, diese Bänder ins Dachgebälk einzuziehen, fanden höheren Ortes Gehör, sodass dem Baubeginn nichts mehr im Wege stand. Der Voranschlag bezifferte sich auf 70.000 Kronen, die Endkosten waren bedeutend höher.

Die Grundsteinlegung stand unter einem unglücklichen Stern. Viele Gäste aus Landshut und Liebau waren mit ihren Frauen erschienen. Da setzte während meiner Ansprache ein fürchterlicher Platzregen ein. Doch die Anwesenden blieben tapfer stehen, und die Feier konnte beendet werden. Durchnässt mussten sie sich trockene Kleider leihweise oder durch Kauf beschaffen, um an dem Festessen teilnehmen zu können.

Nun schritt der Bau rüstig voran. Er ist ein Ziegelbau, der außen mit Keramikplatten belegt ist. Diese Platten sind einerseits rau, andrerseits glasiert. Mit der rauen Seite wurden sie mittels Mörtel aufgelegt, haben dauernd gehalten, und halten auch heute noch. Nach nur einjähriger Bauzeit wurde der Bau beendet.

Bei der Einweihungsfeierlichkeit war unter anderen Ehrengästen auch der Prinz zu Schaumburg-Lippe aus Nachod erschienen. Die Gemeinde war sehr stolz auf ihr Werk, zumal ich es doch nur deshalb durchführen konnte, weil mir andere Mitglieder so treu und hilfreich zur Seite gestanden haben. Besonders rühmend möchte ich jene Mitglieder hervorheben, die aus Hermannseifen stammten und nach Oberaltstadt übergesiedelt sind, weil sie dort Arbeit fanden, und somit mir unterstanden.

Gehegt und gepflegt stand nun das Kirchlein da, und wenn der eherne Mund seiner Glocken die Gläubigen zum Gottesdienste rief, dann waren die Bänke bis auf den letzten Platz gefüllt. Besonders erhebend war der Karfreitagsgottesdienst. Bei den Katholiken war es üblich, an diesem Tage drei Kirchen aufzusuchen. Diese Gewohnheit sollte Glück und Segen verheißen. So besuchte man die Trautenauer Erzdekanalkirche, die Kapelle am Kapellenberg, und weil für viele die 3. Kirche in den umliegenden Dörfern zu weit war, beendeten sie hier in unserer Kirche in Frömmigkeit ihre Karfreitagswanderung.>

In Liebe und Inbrunst denke ich an mein Wirken in Trautenau zurück."

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Einige statistische Daten aus dem Gemeindeblatt

Entwicklung der "Seelenzahl", korrigiert nach der Volkszählung von 1935:


Die ev. Pfarrgemeinde Trautenau hatte bis 1940 (im 39. Jahr ihres Bestehens) zu verzeichnen:

753 Geburten, 459 Trauungen, 480 Sterbefälle, 1032 Eintritte, 241 Austritte und 536 Konfirmanden.

Die Kirchensteuereinnahmen beliefen sich auf ca. 30.000 K in den Jahren 1920 und 1933 bis auf ca. 46.000 K in den Jahren 1925 – 1930.

Die Gesamteinnahmen, d.h. incl. Staatsunterstützung, Spenden vom Gustav-Adolf-Verein und Kollekten für Kirchenzwecke, schwankten zwischen 60.000 K (1920) und maximal 100.000 K im Jahr 1927.

Dem gegenüber standen Ausgaben für Pfarrer, Vikar, Küster, Organist etc. von 60.000 K (1920) bis 100.000 K (1927, 1932, 1933).

Der Unterhalt der Kirche incl. Heizung kostete jährlich rund 10.000 K.

Nicht in den Einnahmen aufgeführt sind Spenden und Kollekten für sonstige Zwecke, wie Glocken, Orgel, Gedenktafel etc.

Jährlich wurden ca. 55 Hauptgottesdienste und mindestens 3 Schulgottesdienste abgehalten, der durchschnittliche Gottesdienstbesuch lag bei ca. 120 Personen, 5 bis 8 mal im Jahr bei über 200.

Das Reinvermögen der Gemeinde incl. Kirche, Pfarrhaus, Inventar – ab 1929 incl. Glocken –, abzüglich der darauf lastenden Schulden wurde mit ca. 80.000 K, ab 1929 mit ca. 120.000 K angegeben.


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Fotos aus dem Jahre 2005


Fotos aus dem Jahre 2005. Links das Eingangsportal.

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