von Magistrats-Baurat Meffert, Hannover
Trautenau, mit seinen 17 000 Einwohnern
die größte Stadt Nordböhmens, gehört zu den vielen deutschen
Gemeinden in der Tschechoslowakei, die sich zur Zeit zur Führung eines
scharfen Abwehrkampfes zum Zwecke der Erhaltung ihres völlig urdeutschen
Charakters gezwungen sehen.
Vor dem Weltkrieg war die Stadt von mehr als 90 v. H. Deutschen bewohnt; nach
dem Umsturz hat die tschechoslowakische Regierung nichts unversucht gelassen,
diesen Prozentsatz durch Zuführung von Militär, Beamten und Angestellten
herabzudrücken; er ist auf etwa 82 v. H. gesunken.
Diesen Maßnahmen gegenüber hat die Stadtverwaltung einen schweren
Stand, den sie jedoch unter der tatkräftigen Leitung ihres temperamentvollen
Bürgermeisters H. Siegel erfolgreich verteidigt. Von ihrer starken
und sicheren Haltung gibt u. a. auch die Vorbereitung und Durchführung
des Verfahrens zur Erlangung eines Bebauungsplanes ein deutliches Bild:
Der vorbereitende Wettbewerb war nur deutschen, in der Tschechoslowakei,
Österreich oder Deutschland ansässigen Fachleuten zugänglich,
die endgültige Planbearbeitung wurde dem reichsdeutschen Verfasser des
mit dem I. Preis ausgezeichneten Entwurfes übertragen.
Die vorliegende Veröffentlichung darf daher wohl auf das allgemeine Interesse
aller deutschen Fachkreise rechnen, die an dem Schicksal der jenseits des Riesengebirges
lebenden Volksgenossen Anteil nehmen. Bemerkenswert ist außerdem die vorbildliche
Durchführung des ganzen Verfahrens und auch die Art der Beschaffung der
Planunterlagen auf neuem Wege.
Trautenau liegt am Fuße des Riesen- und Faltengebirges, etwa 430 m über
N. N., in dem industriereichen Aupatale. Es ist bekannt als Hauptsitz der Leinenindustrie,
ferner durch seine allwöchentlich stattfindenden Leinenmärkte (Garnbörse),
außerdem als vielbesuchte Fremden- und Ausflugsstadt. Auch als Schulstadt
genießt es in Ostböhmen einen guten Ruf.
Es ist gegründet um etwa 1100, wurde zur Stadt erhoben 1340 und hatte im
Lauf der Jahrhunderte sehr stark unter Kriegen (30jährigen Krieg, 7jährigen
Krieg, 1866) und anderen Schicksalsschlägen zu leiden; bekannt ist der
zweitägige Kampf um die die Stadt umgebenden Höhen im Jahre 1866.
Durch Feuersbrünste wurde die Stadt mehrere Male ganz oder teilweise heimgesucht;
der letzte größere Brand im Jahre 1861 zerstörte fast die ganze
innere Stadt.
Von allen Schicksalsschlägen hat sich Trautenau aber schnell wieder erholt
und, namentlich infolge seiner blühenden Industrie, es zu einem kräftigen
Aufschwung gebracht, der der eigentlichen alten Stadt verschiedene Vorstadtteile
angliederte und allmählich den weiteren Aufschluss des ausgedehnten Stadtgebiets
nötig machte.
Über die Vorgeschichte und die Durchführung der Maßnahmen zur
Erlangung eines einwandfreien Bebauungsplans gibt ein Bericht Aufschluss, den
der um das Zustandekommen des Planes besonders verdiente Obmann der Bausektion,
Stadtrat Ing. Franz Lohner, der Stadtvertretung im Februar 1924 nach
Fertigstellung des Planes erstattete. Ein gekürzter Auszug aus dem Bericht
folgt hierunter:
"Schon vor dem Kriege machte sich der Mangel eines neuzeitlichen Verbauungsplanes
empfindlich geltend. Der alte aus dem Jahre 1877 stammende Plan entsprach längst
nicht mehr den Anforderungen des modernen Städtebaues. Die Lösung
auftretender Baufragen im Weichbild der Stadt stieß daher oftmals auf
Schwierigkeiten und zeitigte manche Entscheidungen, die sich nachher als nicht
glücklich erwiesen; auch die noch unverbauten Außengebiete erforderten
eine Neubearbeitung, da sich herausstellte, dass die Straßenführung
in diesen Stadtteilen vielfach ohne genügende Rücksicht auf das stark
bewegte Gelände erfolgt war. Nach mehreren vergeblichen Versuchen in den
Jahren 1914 und 1919 hatte ein Antrag der Bausektion im Jahre 1920 den Erfolg,
dass zunächst eine Neuaufnahme des gesamten Stadtgebietes beschlossen wurde,
um so die Grundlage für die Aufstellung eines großzügigen Verbauungsplans
zu schaffen. Die Aufnahme wurde 1921/22 durch die "Stereographik-Gesellschaft"
in Wien ausgeführt.
Auf Grund der so geschaffenen Unterlagen erfolgte im Januar 1923 die Wettbewerbsausschreibung
mit dem Erfolg, dass 52 Arbeiten eingingen, unter deren Verfassern sich eine
Reihe hervorragender Städtebauer befanden. Den 1. Preis erkannte das Preisgericht
einstimmig dem Entwurf des Mag.-Baurats 0. Meffert, Mitarbeiter Architekt
A. Venske in Hannover, zu. Die Stadtverwaltung beschloss, den Verfasser
des mit dem I. Preis ausgezeichneten Entwurfs mit der Durcharbeitung des endgültigen
Planes zu betrauen, unter Zugrundelegung des Wettbewerbsentwurfs und der in
den übrigen preisgekrönten und angekauften Entwürfen enthaltenen
guten Ideen.
Gemeinsam mit Stadtrat und Bausektion wurde der Plan durch beraten, jeder Stadtteil
eingehend besichtigt und durchgesprochen, örtliche Verhältnisse berücksichtigt
und in allen Teilen eine vollständige Übereinstimmung erzielt, so
dass der nach einiger Zeit vorgelegte endgültige Plan glatt von der Stadtgemeinde
genehmigt werden konnte.
Nach den Bestimmungen der Bauordnung für Böhmen wurde der gesamte
Plan durch Kundmachung vom 22. Dezember 1923 öffentlich 4 Wochen lang für
alle Interessenten ausgelegt.
Der Erfolg der gründlichen und sachgemäßen Bearbeitung zeigte
sich darin, dass im ganzen nur 6 Einwendungen eingingen, deren ordnungsmäßige
Erledigung keine besonderen Schwierigkeiten bot."
Soweit der hier interessierende Auszug aus dem Bericht der Bausektion. Zu dem
Plane selbst und den beigegebenen Abbildungen seien noch folgende Erläuterungen
über die besonderen Verhältnisse gegeben:
Bei dem stark bewegten Gelände und den erheblichen Höhenunterschieden
(90 m innerhalb des Plangebiets) war für die Planung die genaue Kenntnis
der Bodenformen unerlässlich. Es standen Karten im Maßstabe 1:1000,
1:4000 und 1:10 000 zur Verfügung, erstere mit Einzeichnung der Höhenkurven
in Abständen von 1 m. Diese Pläne waren aufgenommen durch die Filiale
Wien der "Stereographik G.m.b.H." in München, und zwar nach dem
Verfahren der terrestrischen Stereophotogrammetrie. Zur Aufnahme der etwa 590
ha großen Fläche waren 49 Stereostandpunkte nötig, die durch
ein Trianguliernetz festgelegt wurden. (Arbeitsdauer 50 Tage einschließlich
der Regentage.) Die nicht einsehbaren Räume, sowie verschiedene Einzelheiten
wurden mittels Tachymetrie ergänzt. (Arbeitsdauer 70 Tage.) Der Stadtkern
ist nicht neu vermessen, sondern nach einem vorhandenen guten Plan nur umkartiert
werden.
Die Ausarbeitung der alten Stereoaufnahme, insbesondere der Höhenkurven,
erfolgte in einem Orel-Zeiss´schen Stereoautographen, und zwar in dem
Maßstab 1:1000; (Arbeitsdauer einschl. der tachym. Ergänzungsarbeiten:
219 + 53 Arbeitstage). Die Übersichtspläne wurden durch photographische
Verkleinerung der Aufnahmepläne beschafft.
Verschiedene ausgeführte Vergleichs- und Kontrollaufnahmen von Höhenpunkten
hatten gute Ergebnisse; das eingeschlagene Verfahren hat sich bewährt und
kann für ähnliche Verhältnisse mit bewegtem Gelände empfohlen
werden.
Die Lage der Stadt und die Geländegestaltung ist aus der Bild 2 (Übersichtsplan
mit Darstellung der Geländeformen) ersichtlich, sowie aus den photographischen
Aufnahmen Bild 4 und 5. Die Bild 1, zeigt den Ringplatz mit den ihn umgebenden
Laubengängen, während in den Bild 6 - 9, Ansichten aus verschiedenen
Stadtteilen wiedergegeben sind.
Bild 6: Blick vom öffentlichen Platz oberhalb Augarten auf Altstadt, Dekanalkirche und Stadtpark. |
Bild 7: Aupa mit Uferstraßen. |
Bild 8: Siedlung am Widmuth-Hang. |
Bild 9: Straßenbild der Siedlung am Widmuth-Hang. |
Mitten durch das Plangebiet erstreckt sich das von der Eisenbahn durchzogene
Aupatal; Bahnverbindung besteht in östlicher Richtung mit Parschnitz (Schlesien),
westlich mit Prag, nördlich mit Freiheit-Johannisbad. Aupa und Bahn trennen
das Stadtgebiet in zwei Teile. Im südlichen Teil liegt auf einer etwas
vorgeschobenen Nase des Kapellenbergs die Altstadt, südlich davon der bewaldete
Gablenzberg, Kapellenberg mit Stadtpark, Knebelsberg, östlich der Vorort
Krieblitz, westlich die sogen. Ober-Vorstadt.
Im Aupatal selbst, etwa im Zentrum des Plangebiets ist der Bahnhof angeordnet,
östlich davon liegt die Nieder-, westlich die Mittel-Vorstadt, weiter talaufwärts
der Vorort Niederaltstadt.
Den nördlichen Teil des Plangebiets nimmt der Stadtteil Widmuth
ein, hinter dem freies Feld sich bis zur Höhe des Roten Berges erstreckt.
Der bewaldete West-, Nord- und Nordosthang des Roten Berges fällt stark
gegen das Aupa- bzw. Neuhofer Tal ab.
Bei der Aufstellung des Bebauungsplanes waren hauptsächlich folgende Programmpunkte
zu beachten:
Regulierung der Altstadt und der anschließenden bebauten Stadtteile unter
möglichster Rücksichtnahme auf die bestehenden Straßenzüge,
besonders auf die Laubenanlagen am Ringplatz und dessen Umgebung;
Aufschluss des Stadtteils Widmuth zu einem vorbildlichen Wohnviertel
in vorwiegend offener Bebauung, Aufschluss des bisher unverbauten Teils der
Obervorstadt für Wohn- und gewerbliche Zwecke verschiedene Art unter
Anordnung eines Vorortbahnhofes, Vergrößerung des bestehenden Friedhofes,
Ausbau der bestehenden und Schaffung neuer zweckmäßiger Verkehrsbedingungen
zwischen den einzelnen Stadtteilen und mit der Umgebung,
Einordnung einer Reihe von öffentlichen Gebäuden und sonstigen
Anlagen (Spielplätze, Badeanstalt, Grünanlagen usw.),
Aufstellung von Parzellierungsvorschlägen für bestimmte Gebiete,
besonders das städtische Gelände oberhalb des Augartens, Planung einer
Straßenbahn in den Richtungen Parschnitz, Freiheit und Weigelsdorf, Beachtung
der zweckmäßigen Entwässerungsmöglichkeit.
Die Gesamtlösung ist aus Bild 3, (Genereller Bebaungsplan, Übersichtsplan
entworfen in 1:4000) ersichtlich. Trotz der fehlenden Farbwirkung und der erheblichen
Verkleinerung lässt die Wiedergabe doch die Wirkling des Verkehrsstraßennetzes,
die Führung der einzelnen Straßenzüge unter Berücksichtigung
der Geländekurven, die zusammenhängende Gestaltung der Grünanlagen,
die Betonung hervorragender Geländepunkte durch entsprechende Baugruppen
usw. gut erkennen. Bei der Planung der Verkehrsstraßen ist besonderer
Wert gelegt auf Erzielung erträglicher Steigungen (im allgemeinen nicht
über 1:20 oder 5 v. H.) auf möglichste Ausnutzung der Geländegestaltung
und Vermeidung verlorener Steigungen.
Maßgebend für die Behandlung des Altstadtplanes, von dem Bild 15,
a. f. S., einen Ausschnitt gibt, war der Wunsch, das alte Stadtbild in seiner
Eigenart, seiner vorbildlichen Geschlossenheit und Klarheit zu erhalten und
es als dominierenden Mittelpunkt des neuen größeren Gemeinwesens
zu noch stärkerer Geltung zu bringen. Der dahin zielende wichtigste Vorschlag
ist die Bebauung des hochgelegenen ehemaligen Burgbergs durch eine in Verbindung
mit Kirche und Dechanei einheitlich entworfene, breit gelagerte Gebäudegruppe
- Verwaltungsgebäude, Bibliothek. Museum -, die zusammen mit dem prachtvoll
dominierenden Turm der Erzdekanalkirche eine Stadtkrone von imposanter Wirkung
darstellt. Der mit Lauben umrahmte Innenhof dieser Gruppe ist mit dem einheitlich
angelegten Laubensystem der Altstadt in Verbindung gebracht, das hier in der
Stadtkrone seinen Höhepunkt und Ausklang findet (siehe auch Bild. 1 und
Bild 12). Besonderer Beachtung bedurfte die Bebauung der Umgebung des Brückenplatzes.
Den jetzigen Zustand zeigt Bild 10, die gedachte Bebauung mit der hoch gelegenen
Stadtkrone ist skizzenhaft auf Bild 11 dargestellt.
Auf die einwandfreie Bebauung des am sogenannten Scharfen Eck gelegenen städtischen
Geländes wurde von der Stadtverwaltung ebenfalls großer Wert gelegt.
Es ist hier unter Ausnutzung der bestehenden Geländeverhältnisse und
der Eigentumsgrenzen eine z-förmig gruppierte Mädchen-Doppelschule
geplant mit gemeinsamer Turnhalle, getrennten Schulhöfen und terrassiertem
Aufgang. Dem Vorschlag des Planes folgend, ist inzwischen durch den Architekt
Prof. Max Kühn, Reichenberg (nach vorangegangenem engeren Wettbewerb
unter heimischen Architekten), der zur Ausführung bestimmte Bauentwurf
dieser Schulgruppe aufgestellt. Bild 16, gibt eine Photographie des von Prof.
Kühn angefertigten Modell-Entwurfs.
Zu erwähnen ist noch die Anlage einer Badeanstalt, die an Stelle einer
alten Fabrik im Aupatal entstehen soll mit anschließendem Freilicht- und
Luftbad. Zur Erhaltung des prachtvollen Blicks von dem Vorplatz der geplanten
Badeanstalt zur Erzdekanalkirche ist der zwischen Aupa und Werkgraben gelegenen
Wiesenstreifen - einschl. des den Blick einrahmenden bewaldeten Steilhangs als
dauernde Freifläche festgelegt. (Hierzu, sowie zu den Bildern 10/11 siehe
auch den Planausschnitt Bild 15, a. f. S.). Auch der Bau eines Theaters, ein
Neubau der Lehrerbildungsanstalt usw. sind vorgesehen, außerdem der Neu-
bzw. Umbau einiger Brücken. Die weiter in der Umgebung der Altstadt getroffenen
Maßnahmen interessieren in diesem Zusammenhang weniger.
Bild 13, zeigt einen Aufteilungsvorschlag für den zwischen Prager Straße
und Prager Eisenbahn gelegenen Teil der Obervorstadt mit geplanten Vorortbahnhof,
Marktplatz, Ausnutzung einer charakteristischen Geländenase als Kirchbauplatz
usw. Das umfangreiche Kasernengelände ist vom tschechischen Staat beschlagnahmt;
dass die Stadt auf die Bebauung desselben leider keinerlei Einfluss hat, ist
um so mehr zu bedauern, als die Gestaltung der auf einem Hochplateau liegenden
Gebäudegruppen von wesentlicher Bedeutung im Stadtbild ist. Die bis jetzt
ausgeführte Teilbebauung lässt städtebauliche Rücksichten
gänzlich vermissen.
In Bild 14, ist die gedachte Bebauung des Widmuth-Hanges dargestellt. Sie erfolgt
nach folgenden Grundsätzen: Aufschluss durch eine mit 4 bzw. 5 v. H. Steigung
aufwärts führende Verkehrsstraße, die Anschluss an den Neuhofer
Weg nimmt und von der alle (möglichst flach verlaufenden) Wohnstraßen
zugänglich sind; abkürzende Wege für Fußgänger; lange,
gut ausnutzbare Baublöcke; terrassenförmig über einander gelagerte
Bebauung mit kräftigem Abschluss durch einen geschlossenen Block mit Kirche
und Schule auf der Höhe; möglichste Erhaltung der prachtvollen Aussichtsstellen;
Anordnung eines öffentlichen Platzes oberhalb des Hummelhofes und Augartens,
über den ein die Hauptstraße abwärts kommender Beschauer einen
prachtvollen Blick auf Altstadt, Kirche und Stadtpark hat.
Bild 6 gibt diesen Blick wieder; das öffentliche Gebäude links --
ein Bergrevieramt - ist bereits nach dem Vorschlag des Bebauungsplanes im Bau
und ergibt einen erwünschten Rahmen für den erwähnten Blick.
Bild 8 zeigt eine am Widmuth-Hang entstehende Siedlung, Bild 9 eine Straße
aus derselben.
Die Entwicklung der Einzelbebauung oberhalb des Augartens zeigt allerdings die
Notwendigkeit einer, einsichtsvollen und energischen Bauberatung; allzu nachgiebiges
Eingehen auf mancherlei Einzelwünsche muss sonst zu einer Schädigung
der Absichten des Bebauungsplans und des angestrebten einheitlichen Eindrucks
führen.
Über die Wirkung des Bebauungsplanes im allgemeinen
gibt die Fortsetzung des früher schon erwähnten Berichts der Bausektion
Aufschluss, der auszugsweise hier folgen soll.
"Die Anlegung des Verbauungsplanes macht sich schon jetzt in außerordentlich
günstiger Weise bemerkbar. Die Aufschließung des städtischen
Besitzes oberhalb des Augartens hat den Beifall weiter Kreise gefunden, es sind
eine Reihe von Bauparzellen verkauft, weitere Gesuche liegen vor, und es hat
sich bereits eine rege Bautätigkeit entwickelt. Die Lösung der dringend
notwendigen Schulbaufrage ist durch die geplante Platzgestaltung am Scharfen
Eck der Verwirklichung näher gerückt; das auf Grund des Planvorschlags
von heimischen Architekten aufgestellte Projekt wird demnächst vorgelegt
werden und eine wesentliche Verschönerung des Stadtbildes bedeuten.
Die projektierte Anlage einer Parallelstraße zur Hohenbrücker Straße
hat nach anfänglichen Widerständen nunmehr die einmütige Zustimmung
aller Beteiligten gefunden, so dass heuer bereits die teilweise Bebauung dieser
Straße erfolgen wird. (Anmerkung: Die Straße war als flacher Entlastungszug
zu einem steilen, tief eingeschnittenen und deshalb im Winter wegen Schneeverwehung
oft unbenutzbaren Teil der Hohenbrücker Bezirksstraße gedacht; die
Anlegung begegnete anfänglich Schwierigkeiten, weil die Aufteilung in Bauplätze
nach dem alten, wenig günstigen Bebauungsplan bereits erfolgt war. Umso
erfreulicher ist die gelungene Durchführung.) An die wenigstens teilweise
Eröffnung der verlängerten Kudlichstraße wird ebenfalls in absehbarer
Zeit geschritten werden. Auch in anderer Hinsicht erweist sich der nunmehrige
Lageplan als richtungsgebend, so insbesondere beim Ankauf von Grundstücken;
er erleichtert in vielen Belangen die Beschlussfassung des Stadtrates und Gemeindeausschusses
und ermöglicht erst eine vollständig objektive Beurteilung vieler
Anträge". (Inzwischen sind noch weitere Bauabsichten nach den Vorschlägen
des Plans verwirklicht worden, z. B. der Neubau des schon erwähnten Bergrevieramts.)
Der Bericht schließt mit der Feststellung, dass der fertiggestellte Plan
allen gestellten Anforderungen entspricht und mit dem Ausdruck der Überzeugung,
dass er noch in ferner Zukunft, wenn die Bebauung weit fortgeschritten sein
wird, Anerkennung findet.
Erwünscht scheint nun noch, einige Worte über das Ergebnis
des, der Planbearbeitung vorausgegangenen Wettbewerbes und über
dessen Durchführung zu sagen, die sich vorbildlich von manchen deutschen
Wettbewerben der letzten Jahre unterscheidet. Seine Durchführung lag in
der Hauptsache in der Hand des Leiters des Städtischen Bauamts, des Herrn
Baudirektors W. Hochberger, dem das Preisgericht besondere Anerkennung
für die geleistete eifrige Vorarbeit aussprechen konnte. (Lobenswert zu
erwähnen ist zunächst noch, dass die Stadtverwaltung ernsthaften Bewerbern
die Unterlagen auf Wunsch kostenlos überlassen hatte gegen die Verpflichtung
zur Ablieferung eines Entwurfs.) Bei Beginn der Beratung wurde festgestellt,
dass sich das Preisgericht streng an die vom Österreichischen Ingenieur-
und Architektenverein aufgestellten Grundsätze halten werde. Nach dreitägiger
eingehender Prüfung beschloss das Preisgericht, an der Verteilung der ausgelobten
drei Preise und 4 Ankäufe festzuhalten. Als Verfasser der entsprechenden
Arbeiten ergaben sich:
1 Preis | Preis "Klarer Aufbau", Stadtbaumstraße Otto Meffert, Hannover, Mitarbeiter Architekt Alf. Venske, Hannover; |
2. Preis | "Neues Leben", Architekt B. D. A. Wilhelm Kamper und Theodor Willkens, Köln; |
3. Preis | "Neue Stadt", Prof. Fritz Becker, Düsseldorf, Mitarbeiter Architekt Pape, Architekt von Tilnig, Düsseldorf; |
1. Ankauf | "Rübezahl hilf", Akad. Architekt Viktor Reiter und Ob.-Baurat Viktor Varowsky, Wien; |
2. Ankauf | "Traute", Ing. Emil Leo, Architekt G. D. A.. und W. B., Hochschulassistent, Brünn; |
3. Ankauf | "Bauen und wohnen", Arch. Dr. Ing. Frdr. Zotter, Hochschulassistent, Wien; |
4. Ankauf | "Der alten Leineweberstadt", Dr.-Ing. Ernst Vetterlein, ord. Prof. für Städtebau a. d. Technischen Hochschule Hannover; Mitarbeiter: Baumeister Franz Müller, Eichwald und Dr. Ing. Otto Blum, Prof. für Eisenbahnwesen an der Technischen Hochschule Hannover. |
Nach Fällung dieses Schiedsgerichtsspruchs
wurde einstimmig beschlossen, dem Stadtrat den Ankauf von drei weiteren Entwürfen
in Vorschlag zu bringen in Berücksichtigung der darin enthaltenen vereinzelten
guten Ideen.
Es sind dies:
"Altes ehret, Neues prüfet", Architekt Effenberg und Noppes,
Reichenberg.
"Gigantea", Landeskonservator Kühn in Prag;
"Freiland" Stadtbaumeister Prochaska, Bodenbach.
Die Stadtverwaltung kam diesem Vorschlag nach, ging sogar noch darüber
hinaus, indem sie noch zwei weitere Arbeiten ankaufte, und zwar:
"Zukunftsmusik", Architekt Prof. Bruno Möhring, Berlin;
"Urbin", Architekt Ratloff , Ratibor.
Das Preisgericht konnte am Schluss seiner Beratungen mit großer Befriedigung
feststellen, dass die Ausschreibung zu einem vollen Erfolg geführt hat.
Dass die Stadtverwaltung in folgerichtiger Verwertung des Wettbewerbsergebnisses
dem 1. Preisträger die Aufstellung des Ausführungsplans übertrug,
ist bereits erwähnt. Um einen Vergleich der verschiedenen Auffassungen
zu ermöglichen, werden in den Bild 17 -19, noch die drei preisgekrönten
Wettbewerbsentwürfe zur Darstellung gebracht.